Kampfstoff Nowitschok Warum Politiker an Russlands Schuld bei Skripal-Anschlag zweifeln

Bisher kam nur Russland für den Angriff mit dem sowjetischen Kampfstoff Nowitschok in Frage. Doch auch der BND hatte in den 90ern Zugang zu dem Gift.

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Skripal-Anschlag: Politiker zweifeln an Schuld von Russland Quelle: dpa

Berlin/München Nach Berichten, dass sich Deutschland Mitte der 90er Jahren eine Probe des Nervengifts Nowitschok verschafft habe, sehen deutsche Politiker den Fall Skripal im neuen Licht. Nun sei „ein Stück weit“ die Argumentationskette erschüttert, nur die Russen hätten einen derartigen Anschlag mit Nowitschok verüben können, sagte etwa der innenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitag).

Seit zwei Monaten rätseln Ermittler, wer den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter in England mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet hat. Weil die Substanz einst in der Sowjetunion entwickelt wurde, richten sich die Vorwürfe des Westens gegen Russland. Gemeinsame Recherchen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR und der „Zeit“ (Mittwoch) ergaben nun, dass der Auslandsgeheimdienst BND Mitte der 90er Jahre durch einen Überläufer aus Russland an den gefährlichen chemischen Kampfstoff gekommen sein soll. Die Probe sei in einem schwedischen Labor analysiert worden.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, André Hahn, sagte laut „Mitteldeutscher Zeitung“ mit Blick auf die Vorwürfe gegen Russland: „Die Aussage der Bundesregierung, es gebe keine andere nachvollziehbare Erklärung, ist vom Tisch. Jetzt gibt es zumindest eine andere ebenfalls plausible Option. Das ist schon ziemlich krass.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Konstantin von Notz, erklärte: „Es wäre gut gewesen, wenn vorher kommuniziert worden wäre, dass westliche Nachrichtendienste über eine Probe und die entsprechende Formel verfügen.“ Er fügte allerdings hinzu: „Der Tatverdacht, der im Raum steht, ist weitgehend schlüssig.“

Skripal und seine Tochter Julia waren Anfang März im südenglischen Salisbury vergiftet worden. Großbritannien geht davon aus, dass dabei ein Stoff aus der Nowitschok-Klasse verwendet wurde, und macht Russland für den Anschlag verantwortlich. Die Kampfstoffe der Nowitschok-Gruppe waren in der Sowjetunion entwickelt worden. Der Kreml weist die Vorwürfe von sich und verweist darauf, dass das Gift, mit dem die Skripals angegriffen wurden, in mehreren Ländern hätte produziert werden können.

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