Kanzlerwahl Bundestag wählt Merkel zum vierten Mal zur Kanzlerin – aber nur knapp

Angela Merkel bleibt Kanzlerin. Aber erneut hat sie bei weitem nicht die volle Stimmenzahl der Koalition erreicht. Die SPD deutet in Richtung Union.

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Berlin Es war schon ein schlechtes Zeichen für Angela Merkel: Als Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sie zur Bundeskanzlerin vorschlug, applaudierte nur die Unionsfraktion. Bei der SPD rührte sich keine Hand. Entsprechend fiel die anschließende Wahl aus: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin – aber nur knapp.

Fast sechs Monate nach der Bundestagswahl ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Die 63-Jährige erhielt am Mittwoch im Bundestag in geheimer Wahl 364 von 688 abgegebenen gültigen Stimmen – nur neun Stimmen mehr als die für die Kanzlermehrheit nötigen 355 Stimmen.

Zahlreiche Abgeordnete der Koalitionsfraktionen stimmten demnach nicht für Merkel. Die Fraktionen von Union und SPD verfügen im Bundestag über 399 Sitze, insgesamt hat der Bundestag 709 Abgeordnete. Da die Abstimmung im Bundestag geheim ist, lässt sich nicht exakt sagen, wie viele Abweichler es in den eigenen Reihen gab und wie viele Stimmen Merkel aus anderen Fraktionen bekommen hat. 35 Abweichler waren es aber mindestens.

Auch 2005, 2009 und 2013 hatten nicht alle Parlamentarier der Koalitionsfraktionen für sie gestimmt. Bei ihrer ersten Wahl waren es noch 51 Abweichler gewesen, vor vier Jahren dann 42.

„Gewählt ist gewählt“, sagte der künftige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nach der Abstimmung und verwies auf die langwierige Regierungsbildung. Die SPD verwies bei der Suche nach den Abweichlern aber auf die Union. „Bei uns war die Lage sehr geschlossen, darum kann ich mich nur wundern“, sagte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles.

Die Bilder gaben diese Geschlossenheit jedoch nicht wieder: Die SPD-Fraktion erhob sich nach der Wahl nicht und applaudierte nicht geschlossen. In der SPD hatte es erheblichen Widerstand gegen eine erneute GroKo gegeben. In einem Mitgliederentscheid hatte sich aber eine deutliche Mehrheit der Sozialdemokraten dafür ausgesprochen. SPD-Vize Manuela Schwesig schrieb auf Twitter: „Herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes!“

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte, es sei „müßig zu spekulieren“, wer bei Union oder SPD Merkel nicht gewählt habe. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte angesichts der Abweichler in den Reihen der Koalition, das sei „kein gutes Zeichen, ein Menetekel“.

Merkel nahm die Wahl an. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wünschte ihr „Kraft und Erfolg und Gottes Segen bei Ihrer großen Aufgabe“. Mit dem Erreichen der Kanzlermehrheit im Bundestag stand fest, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Merkel erneut zur Kanzlerin ernennen würde.

Weil das Grundgesetz einen bestimmten Verlauf vorschreibt, werden einige Regierungslimousinen die rund zwei Kilometer zwischen dem Reichstag und dem Schloss Bellevue am Mittwoch mehrfach hin und her pendeln. Nach der Wahl holte sich die Kanzlerin im Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, ihre Ernennungsurkunde ab. Am Mittag wird sie im Bundestag von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vereidigt.

Mit ihren neuen Ministern geht es für Merkel gegen 12.30 Uhr zurück ins Schloss Bellevue, wo auch die 15 Bundesminister offiziell ernannt werden sollen. Bundespräsident Steinmeier will dabei eine Rede halten. Anschließend sollen die Ressortchefs im Bundestag vereidigt werden. Nach dem Protokoll kommt das Kabinett am Nachmittag um 17.00 Uhr zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen.

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