Das könnte man auch für den Umgang der Regierung mit den Finanzmärkten behaupten.
Ja, da wird seit der Finanzkrise 2009 munter reformiert. Aber die Regierung verabreicht dem Volk nur Valium, es wird ruhiggestellt. Die wahren Baustellen hingegen werden nicht angegangen. Die Eigenkapitalquote bei Banken ist nach wie vor extrem niedrig. Es gibt kaum Puffer für eine neue Krise. Hinzu kommt: Immer mehr Geschäfte laufen über Schattenbanken ab. Und: Die ganzen neuen Regeln durchblickt selbst kein Finanzexperte. Wir brauchen mehr Transparenz. Das gelingt nur durch ganz einfache Regeln.
Was wäre so eine einfache Regel?
Dass Steuerzahler Banken retten mussten, war extrem ungerecht und verstärkte Fehlanreize. Damit wir uns nicht falsch verstehen: In der letzten Finanzkrise war die eine oder andere Bankenrettung alternativlos. Aber: Die Politik hätte danach dafür sorgen müssen, dass das nichtwieder passiert. Eine neue Bankenrettung kann kaum ein Staat mehr schultern, so hoch wie die Schulden der Länder sind. Das ist aber nicht passiert. Wir müssen zurück zum Verursacherprinzip. Nur die Eigentümer und Gläubiger sollten für Bankenpleiten haften, nicht die Steuerzahler. Eine zweite einfache Regel: Die Banken müssen gezwungen werden, deutlich höhere Eigenkapitalquoten vorzuweisen. Dann braucht es auch keine weiteren Rettungen durch die Regierungen mehr. So lange es aber eine Art Garantie gibt, dass Staaten Banken im Zweifelsfall rausboxen, werden die Geldinstitute auch weiterhin riskante Geschäfte machen.
Ein letztes wichtiges Thema, dass wir noch ansprechen sollten, sind Ihre Vorschläge im Buch für eine bessere Ernährung. Wenn ich das zuspitzen darf: Sie fordern, die Leute sollten mehr Hülsenfrüchte, Brot oder Reis essen – statt Fleisch und Käse. Das hört sich nach dem Veggie Day der Grünen an.
Noch einmal: Es geht mir nicht darum, den Leuten vorzuschreiben, was sie essen. Vielmehr möchte ich aufzeigen, was die Alternative ist. Ich unterstütze etwa ein Projekt, in dem Kinder aus bildungsfernen Haushalten an gesundes Essen herangeführt werden. Da gehen Ehrenamtler in Schulen und bereiten mit den Kindern aus bildungsfernen Schichten ein gesundes Frühstück zu. So lernen sie, wie man sich gesund und lecker ernähren kann und dass ein Quarkaufstrich nicht schlechter schmeckt als Nutella. Das ist keine Bevormundung. Wir schreiben den Kindern ja nicht vor, was sie essen sollen. Sie werden nur an etwas herangeführt, was sie zu Hause nicht lernen. Erst durch dieses Wissen um Optionen haben sie ja wirklich eine Wahl und können selbst entscheiden.
Die Deutschen stehen auf Wurst und Fleisch
Für viele Deutsche ist ein Frühstück ohne Wurst kaum vorstellbar. Eine repräsentative Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat ergeben, dass 85 Prozent aller Deutschen den Verzehr von Fleisch und Wurst als „selbstverständlich und naturbewusst“ ansehen. 83 Prozent der Befragten wollen unter keinen Umständen auf den Verzehr von Fleisch und Wurstwaren verzichten.
Die Studie zeigt, dass jeder zweite Deutsche zumindest einmal am Tag Wurst oder Fleisch verzehrt. Ein Viertel der Befragten hat ein schlechtes Gewissen, wenn er an die geschlachteten Tiere denkt. Knapp 42 Prozent achten beim Fleischeinkauf jedoch insbesondere auf einen möglichst günstigen Preis.
Über 80 Prozent der Befragten essen gerne gegrilltes Fleisch und gegrillte Würstchen. Das Grillen ist eines der beliebtesten Hobbys der Deutschen und ganz klar eine Männerdomäne. Sechs von zehn Befragten sind der Meinung, dass „Männer einfach mehr Fleisch zum Essen brauchen als Frauen.“ Frauen sind hingegen weniger häufig bedingungslose Fleischesser. Sie haben nicht nur häufiger gesundheitliche Bedenken beim Fleischkonsum, sie achten auch eher auf die Herkunft des Fleisches.
Nur etwas mehr als jeder Dritte (36 Prozent der Befragten) gab an, beim Fleischkonsum vorsichtiger geworden zu sein. Die Fleischskandale der vergangenen Jahre haben zu einem Umdenken bei vielen Fleischkonsumenten geführt: Ein Drittel der Studienteilnehmer sagt, dass eine vegetarische Ernährung gesünder sei. Außerdem könne der Verzicht auf Fleisch Gesundheitsrisiken vorbeugen.
Während sich ein Großteil der Befragten beim Fleischkonsum mit gesundheitlichen Risiken konfrontiert sieht, verzichten nur 15 Prozent generell auf Fleisch. Lediglich drei Prozent gaben an, sich ausschließlich vegetarisch zu ernähren. Zwölf Prozent der Befragten kaufen ausschließlich Bio-Fleisch. Allerdings legen 65 Prozent der Befragten laut der Studie keinen besonderen Wert auf die artgerechte Haltung der Tiere.
Doch nach Meinung vieler Befragter ist Fleisch nicht gleich Fleisch: 58 Prozent der Befragten gaben an, Geflügel – sogenanntes „weißes Fleisch“– sei gesünder als „rotes Fleisch“ von Rind oder Schwein. Doch die Geflügelskandale der vergangenen Jahre beunruhigen die deutschen Fleischkonsumenten. 29 Prozent kaufen ihr Fleisch deshalb direkt bei Bauern oder Erzeugern.
Fleischkonsum als Gruppenzwang? Knapp 19 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, weniger Fleisch und Wurst einkaufen zu wollen, Familie oder Partner wollten aber nicht auf Fleisch verzichten. Insbesondere Frauen haben ein ambivalentes Verhältnis zum Fleischkonsum. Ein Viertel der weiblichen Studienteilnehmer gab an, zumindest zeitweise auf den Verzehr von Fleisch oder Wurstwaren zu verzichten.
Alter, Bildung und Herkunft der Befragten spielten eine Rolle: So achten 54 Prozente der 20- bis 29-Jährigen beim Fleischeinkauf auf einen günstigen Preis. Dagegen haben 34 Prozent der Jüngsten (14- bis 19-Jährige) ein schlechtes Gewissen, wenn sie beim Fleischkonsum an die geschlachteten Tiere denken. Menschen mit höherer Schuldbildung essen weniger Fleisch, als Menschen mit niedriger Bildung. In den neuen Bundesländern waren 90 Prozent aller Befragten der Meinung, dass Fleischessen beim Menschen naturbedingt ist.
Die durch den „Wort & Bild Verlag“ veröffentlichte Studie wurde von der GfK-Marktforschung vom 9. bis zum 27. August 2013 als telefonische Befragung durchgeführt. In diesem Rahmen wurden 2094 Befragte im Alter ab 14 Jahren befragt. Die nach Quoten gezogene Stichprobe gilt als repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland.
Können sich alle Menschen gesundes Essen leisten? Bioprodukte oder Obst sind doch viel teurer als Tiefkühlpizzen?
Hier müssen wir unterscheiden: Die Biosiegel sind leider bisher völlig intransparent und schwer vergleichbar. Da wird viel Geld mit geschunden. Ich glaube nicht, dass sich die breite Masse nur „Bio-Produkte“ leisten kann. Aber darum geht es uns auch gar nicht. Wir wollen für gesundes Essen werben. Und da können Sie zum Beispiel Mohrrüben kaufen. Die sind nicht teuer. Oder sie kaufen Früchte der Saison, anstatt immer antizyklisch einzukaufen und im Winter Sommerfrüchte zu verlangen. Nudeln und Reis als Basisprodukte etwa sind auch nicht teuer. Wenn Sie ein paar Grundregeln beachten, können sie sich günstig ernähren.