Kapitalismusdebatte Macht das Volk zu Kapitalisten!

Juso-Chef Kevin Kühnert sorgt mit seinem Vorstoß zur Kollektivierung von Konzernen für Aufsehen. Quelle: dpa

Juso-Chef Kevin Kühnert hat recht: Produktionsmittel gehören in Arbeiterhand. Dazu muss man aber nicht Unternehmen verstaatlichen, sondern das Volk kapitalisieren. Zum Beispiel durch mehr Mitarbeiteraktien.

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Kevin Kühnerts Idee, BMW zu vergesellschaften, wäre einfach zu realisieren. Und zwar so: BMW hat 660 Millionen Aktien, die Stämme notieren bei 75 Euro, die Vorzüge bei 65. In Deutschland leben 83 Millionen Menschen. Wenn jeder acht Aktien kauft, für 600 Euro, das sind drei Monate Kindergeld oder eine ordentliche Mallorca-Reise, gehört BMW zu gleichen Teilen der ganzen Gesellschaft. Und die Deutschen wären endlich ein Volk von Aktionären.

Das Gedankenspiel hat natürlich zwei Haken: Zum einen wollen die BMW-Großaktionäre, die Quandts, nicht verkaufen. Zum anderen würde die Aktie, wenn auf einmal so viel Nachfrage an die Börse käme, kräftig steigen. Es würde also teurer.

Die Grundidee dieses zugegebenermaßen schrägen Vergesellschaftungsplans aber ist richtig. Kapitalismus für alle – sprich: Aktien von privat gemanagten Unternehmen für alle, ist sicher effizienter als Vergesellschaftung, die – weil die Gebilde ja weiter irgendwie gesteuert werden müssen – in Staatskonzerne münden würde, die von Planbürokraten organisiert werden. Der Beweis, dass dies nicht funktioniert, ist auch in Deutschland hinreichend lange erbracht worden.

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von Martin Seiwert

Wir brauchen deshalb Instrumente, über die möglichst breite Teile der Bevölkerung am Wachstum des Produktivkapitals der Volkswirtschaft teilhaben. Ein Staatsfonds ist da nicht die dümmste Idee. Und die Beteiligung der Mitarbeiter. „Warum sollen die Zehntausenden, die den Wert schaffen, mit einer aus Abhängigkeit heraus verhandelten Lohnsumme abgespeist werden? Warum gehört ihnen nicht zu gleichen Anteilen dieses Unternehmen?“ fragt Kühnert.

Wer – anders als der Juso-Chef – der Meinung ist, dass auch der Einsatz von Kapital entlohnt werden muss, muss sich dennoch nicht der Beteiligung von Arbeitern am Produktivkapital widersetzen. Macht BMW ja auch nicht. 2018 haben Mitarbeiter rund eine halbe Million neue Vorzugsaktien bekommen, zwar nicht gratis, aber zum Freundschaftspreis von 42 Euro.

Das ist natürlich noch zu wenig, aber das Interesse an derartigen Programmen ist bei vielen Unternehmen mäßig. Mitarbeiteraktien fördern, Aktienbesitz begünstigen – von mir aus: nicht zur Spekulation, sondern zur langfristigen Vorsorge – da täte sich ein weites Betätigungsfeld für Sozialdemokraten auf.

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