Karnevalsauftakt in Köln Feiern unter Beobachtung

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat um 11.11 Uhr der Straßenkarneval begonnen. Die Kölner Polizei hat ihr Aufgebot an Sicherheitskräften massiv aufgestockt. Doch die Stimmung ist angespannt. Eindrücke aus Köln.

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Feiern in Köln: Der Straßenkarneval hat unter hohen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Quelle: dpa

Köln Die Bundespolizei ist im Kölner Hauptbahnhof schon am Morgen allgegenwärtig. Fürs erste aber nur auf Pappe. Große Schilder an der Decke weisen den Weg in die Dienststelle unter den Gleisen. Die Schnitzeljagd endet in einem kargen Raum mit Glastür. Die beiden Beamten hinterm Tresen grüßen freundlich. Am späten Vormittag von Altweiber (Wieverfastelovend) ist noch alles ruhig.

Die Sicherheitskräfte in Köln hoffen, dass das so bleibt. 2500 Polizisten bewachen die Stadt, mehr als doppelt so viele als im vergangenen Jahr. Ihre Schichten dauern zwölf Stunden. Sie patrouillieren durch die Altstadt vom Dom bis zum Heumarkt, im Studentenviertel rund um den Zülpicher Platz und über die Ausgehmeile entlang der Kölner Ringe. Vor allem aber sichern sie den Platz vor dem Hauptbahnhof, an dem seit acht Uhr morgens ununterbrochen Tausende Party-Touristen ankommen.

Der ICE aus Hamburg, der Regionalexpress aus Düren oder die Rhein-Wupper-Bahn: Aus allen Waggons strömen verkleidete Frauen und Männer. Einige singen, manche tanzen, viele trinken Alkohol. Eine Gruppe Mädels in schwarz-weißen Kuh-Outfits bildet mit den Schwänzen der Kostüme eine Kette.

„Bitte eine Schwanzlänge Abstand“, rufen sie und lachen. Es ist eine Anspielung auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die hatte nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht auf Frauen empfohlen, von Männergruppen „eine Armlänge Abstand“ zu halten.

Selten war die Stimmung in der Stadt vor Karneval so angespannt wie in diesem Jahr. Noch am Montag hatte Reker mit ernster Miene bei einer Pressekonferenz gesessen. Zu ihrer Linken hatte der neue Polizeipräsident Jürgen Mathies Platz genommen, rechts von ihr der Leiter des Rosenmontagszugs, Christoph Kuckelkorn.

Vor der Bühne warteten gut 50 Journalisten aus aller Welt, darunter Reporter der britischen BBC und des US-Nachrichtensenders CNN. Sie alle wollten wissen, wie Köln verhindern will, dass sich die schrecklichen Ereignisse der Silvesternacht an Karneval wiederholen.


Halbe Million Euro für die Sicherheit

Damals hatten Gruppen von Männern massenweise Frauen bedrängt, begrabscht, beschimpft und mutmaßlich etliche Diebstähle begangen. Die Polizei hatte am Neujahrstag zunächst von „weitgehend friedlichen Feiern“ und einer „entspannten Einsatzlage“ berichtet.

In den folgenden Wochen gingen mehr als 1000 Strafanzeigen ein, davon mehr als 430 wegen Sexualstraftaten wie Nötigung sowie zahlreiche Anzeigen wegen Raubs, Diebstahls, Körperverletzung und Hehlerei. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt inzwischen gegen 43 Beschuldigte. Die weit überwiegende Mehrheit von ihnen stammt aus Nordafrika.

Damit so etwas nicht wieder vorkommt, gibt allein die Stadt Köln knapp eine halbe Million Euro für die Sicherheit aus. Die Landespolizei plant über Karneval mit rund 240.000 Arbeitsstunden. „Nach Silvester ist nichts mehr wie vorher“, sagt Einsatzleiter Michael Temme.

Dabei hätten seine Leute während der tollen Tage auch in gewöhnlichen Jahren allerhand zu tun. „Da kommen Menschen nach Köln, die eins wollen: die Sau rauslassen. Ab 8 Uhr morgens spuckt der Hauptbahnhof Leute aus ganz Europa aus, die nur deswegen anreisen.“

Erstmals öffnete um 11.11 Uhr auf der Domplatte auch ein „Security Point für Frauen“ mit professionellen Beraterinnen. Während der tollen Tage wurden in Köln zuletzt durchschnittlich etwa 50 sexuelle Übergriffe pro Jahr angezeigt, von der Nötigung bis zur Vergewaltigung.

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