Kaufprämie für E-Autos Aufstand der Unionsfraktion

Die Bundesregierung und die Auto-Bosse haben eine Kaufprämie von 4000 Euro für Elektroautos vereinbart. Doch Kanzlerin Angela Merkel droht nun heftiger Gegenwind im Bundestag – vor allem die eigenen Leute sind alarmiert.

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Die Regierung will den E-Autos mit einer Kaufprämie zum Erfolg verhelfen. Das wurde auf einem Autogipfel im Kanzleramt beschlossen. Quelle: dpa

Berlin Die Bundesregierung hat sich mit den Spitzen der Autoindustrie auf eine Kaufprämie und andere Fördermaßnahmen für Elektro-Autos verständigt. Doch es droht Widerstand. Im Bundestag ist vor allem in Angela Merkels Unionsfraktion die Ablehnung einer Kaufprämie groß. Der mächtige Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) redete schon mal Klartext: „Es gibt erhebliche Vorbehalte in unserer Bundestagsfraktion gegen eine Kaufprämie. Darüber werden wir sicher noch zu sprechen haben“. Und er betonte: „Am Ende entscheidet der Deutsche Bundestag – vor allem, wenn es um Haushaltsmittel geht“, drohte er der Kanzlerin mit einer Abstimmungsniederlage.

Am Dienstagabend hatte es sich die Regierung mit den Auto-Bossen im Bundeskanzleramt verständigt. Soll soll es für reine E-Autos Zuschüsse von 4000 Euro geben, für Hybride mit ergänzendem Verbrennungsmotor 3000 Euro. Die Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro sollen sich der Bund und die Hersteller jeweils zur Hälfte teilen. Prämien sollen nur für Modelle mit einem Listenpreis von maximal 60.000 Euro für ein Basismodell möglich sein. Ein Elektro-Golf zum Beispiel hat in der Basisfassung einen Listenpreis von knapp 35.000 Euro. Außerdem soll der Ausbau von Ladestationen mit 300 Millionen Euro gefördert werden.

Neben Kauder machten auch weitere Abgeordnete während der Fraktionssitzung ihrem Unmut Luft. „Direkte Kaufprämien sind kein Modell für die Zukunft, das wissen wir spätestens seit der Solarförderung, die vor allem chinesischen Herstellern genutzt hat“, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann dem Handelsblatt. Unionsvize Gitta Connemann hält ebenfalls nichts von der Prämie: „Eine Abwrackprämie für Elektroautos wäre nichts anderes als eine Abwrackprämie 2.0: Ökologischer und ökonomischer Unsinn“.

In der SPD-Fraktion gibt es dagegen bisher eine Mehrheit für die Kaufprämie: „Wir wissen natürlich um die Bedeutung der Automobilindustrie für die Beschäftigung in Deutschland“, hatte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil vor dem Autogipfel dem Handelsblatt gesagt. Umso wichtiger sei es, dass die Industrie bei den Zukunftsthemen Digitalisierung und neue Anriebe voran komme. „Wir erwarten ein klares Bekenntnis der Industrie, Technologieentwicklung und Produktion der Batterien wieder nach Deutschland zu holen und sich an einer Kaufprämie zu beteiligen.“


Will die Politik der Industrie den schwarzen Peter zuschieben?

Die SPD-Haushaltspolitiker nehmen zwar das Arbeitsplatz- und das Technologieförderinstrument zur Kenntnis. „Beim Ausbau der Infrastruktur, also dem Aufbau eines Stromtankstellennetzes, kann und soll der Staat helfen. Aber eine Kaufprämie halte ich nicht für sinnvoll“, sagte Johannes Kahrs, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, dem Handelsblatt: Die Autoindustrie verdiene so gut wie nie zuvor und brauche daher keine zusätzliche Subvention. „Wenn ihre Elektroautos am Markt zu teuer sind, müssen sie sie eben billiger machen“, verlangte Kahrs.

In der SPD-Fraktion insgesamt wuchs im Laufe des Mittwochs die Sorge, dass eine Zustimmung zur Prämie sich womöglich im Dialog mit Wählern doch noch als Problem erweisen könnte: In den Medien findet das Arbeitsplatzsicherungsargument kaum Resonanz – weil die Industrie aktuell im Geld schwimmt. Die Ablehnung der Branchensubvention war dagegen in der Presse am Mittwochmorgen einhellig. Die „Bild“-Zeitung etwa titelte: „Vater Staat schiebt den Reichen Geld in die Steckdose“.

Der Ökonom Michael Hüther vom Industrie-nahen Institut der deutschen Wirtschaft wiederum sieht die Bundesregierung als Opfer ihrer eigenen Versprechungen. „Wer eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen sehen will, der muss das angesichts der Kosten auch bezahlen“, sagte er. Ordnungspolitisch sei das nicht zu begründen.

Hüther glaubt, die Befürworter Merkel, SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer hegten mit der Prämie einen Hintergedanken: Er erwartet nicht, dass die Prämie das Problem für die Autohersteller lösen wird, Entwicklungsaktivitäten hochfahren zu müssen, ohne dass diesen Investitionen absehbar ein entsprechender Markt gegenüberstehe. „Ein Kaufprämie, die das Problem nicht löst, wird immerhin aus Sicht der Politik der Industrie den schwarzen Peter zuschieben, wenn die Ziele nicht erreicht werden“, sagte Hüther.

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