Kehrtwende bei KfW-Förderung Das KfW-Hickhack ist nur ein Vorgeschmack

Auf die Ampel-Selfie-Selbstbegeisterung der vergangenen Monate folgt Ernüchterung. Auch Robert Habeck weiß jetzt: Die Finanzierung des „Aufbruchs“ wird eine Herausforderung. Quelle: Imago

Nach der Kehrtwende bei der Förderung für umweltfreundliches Bauen bleiben ein geknickter Minister und verlorenes Vertrauen. Die Ampel muss sich allerdings auf mehr solcher Verteilungsprobleme einstellen. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Robert Habeck hat bei seiner Kehrtwende gestern einen guten Eindruck gemacht. Das mag seltsam klingen, stimmt aber. Nein, der neue Wirtschaftsminister hat keine perfekte Lösung präsentiert, um die Milliarden-Kosten nach dem plötzlichen Förderstopp für umweltfreundliches Bauen aufzufangen. Dennoch war Habeck überzeugend, weil er zerknirscht auftrat, sichtlich angefasst ob der gemachten Fehler seines Ministeriums. Kurz: Habeck überzeugte, weil er eben nur die „bestmögliche Lösung“ überbrachte und nicht die beste.

Nach der allgegenwärtigen Ampel-Selfie-Selbstbegeisterung der vergangenen Monate wirkt das geradezu befreiend. Habeck muss spätestens nach dieser nervigen Bau-Angelegenheit verstanden haben, dass der Regierungsalltag begonnen hat – und Finanzmittel endlich sind. Dass auch eine ambitionierte neue Regierung Verteilungskämpfe nicht einfach wegreden oder ignorieren kann. Wer das in der Ampel noch nicht begriffen hat, wird es bald.

Denn klar ist: Mit dem neuen Antragskompromiss beim ökologischen Bauen hat die Regierung drei Monate nach ihrer Vereidigung mal eben zwischen fünf und sieben Milliarden Euro aus ihrem Energie- und Klimafonds aufgebraucht, die dafür nicht vorgesehen waren. In diesem Topf steckt insgesamt zwar ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag. Allerdings ist das nicht viel Geld angesichts der üppigen Wünsche und Ausgabenposten, die die Ampel daraus begleichen will.

Hinter den Kulissen von Baubranche und Ministerien klingen bereits erhebliche Zweifel an, ob der Betrag für alle anfallenden Aufgaben reichen kann: Ob er die gewünschten sozialen und ökologischen Ergebnisse wirklich liefert? Beispiel eins: Gibt es für den ambitionierten Sozialwohnungsbau ab 2023 schärfere ökologische Ziele, wird er teurer. Beispiel zwei: Eine vorgezogene Finanzierung der EEG-Umlage aus dem Bundesetat bedeutet riesige Kosten und damit zwangsläufig Kürzungen in anderen Töpfen. Letztes Beispiel: Richtig rot wird die Rechnung, sobald das Wirtschafts- und Klimaministerium an Ostern sein neues Gesetzespaket zur Energiewende und das Instrument der Klimaschutzverträge vorstellt. Diese Verträge mögen durchaus sinnvoll sein, sie werden aber allein für die Transformation der Stahlbranche Milliarden kosten.

Die Streitigkeiten um diese Kosten werden zwangsläufig folgen. Anstatt auszuweichen, sollte die Ampel diese Debatte als sinnvoll und normal begreifen. Wer nicht genug hat, muss priorisieren. Robert Habeck weiß das jetzt. Sinnvolle Politik liefert die „bestmögliche“ und nicht die beste Lösung für alle Beteiligten.

Dieser Beitrag entstammt dem neuen WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%