Kleine Parteien in Nordrhein-Westfalen Wer die AfD wählt, hilft Kraft

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So wählt man taktisch

Ein Beispiel: Wer dafür sorgen möchte, dass die große Koalition Realität wird, der kann fast alles wählen – außer CDU oder SPD. Denn je schwächer die beiden werden, desto geringer wird auch ihre Chance, mit einer kleinen Partei die Mehrheit zu schaffen. Doch damit nicht genug der kontraintuitiven Taktik. Denn wer sein Kreuz bei den Grünen oder FDP macht, der gibt sein Kreuz ja einem der beiden potenziellen Koalitionspartner. Für die Linken zu stimmen wäre daher noch ein bisschen sicherer, da mit deren Parlamentseinzug alle nicht schwarz-roten Koalitionen unwahrscheinlicher werden.

Den größten Dienst leistet der großen Koalition, wer die AfD wählt. Denn erst wenn sie draußen bliebe, würde sich ein ganz neues Feld für Koalitionen öffnen, sowohl Schwarz-Gelb als auch Rot-Rot-Grün wären dann in greifbarer Nähe.

Andere Koalitionen bewusst anzusteuern, ist währenddessen deutlich komplizierter. Grundsätzlich gilt bei dieser Wahl: Wer sich ein linkes oder ein konservatives Bündnis wünscht, der sollte am besten die jeweils größte Partei, also die CDU oder die SPD wählen. Denn die Grundvoraussetzung für die eine wie die andere klassische Koalition ist erstmal die Frage, wer die stärkste Kraft wird und damit höchstwahrscheinlich den Ministerpräsidenten stellen kann. Da SPD und CDU in den Umfragen zuletzt eng beieinander lagen, kann man weder das eine noch das andere als gegeben annehmen.

Eine verhältnismäßig klare Wahltaktik steht zudem solchen Wählern zur Verfügung, die Rot-Rot-Grün möglich machen möchten. Da der heikelste Punkt an diesem Plan der Einzug der Linken ins Parlament zu sein scheint, müsste man dort sein Kreuzchen machen. Da man damit aber zugleich die Stimmanteile der Grünen und der SPD verwässert, hilft auch das nicht wirklich weiter.

Die FDP oder die Grünen sollten vor allem diejenigen wählen, die doch noch auf eine Ampel oder ein Jamaika-Bündnis hoffen. Denn sollte eine der großen Parteien an der Urne sehr deutlich abgestraft werden, so könnte es für sie nach der Wahl unverantwortlich werden, sich als gebeutelter Juniorpartner in eine große Koalition zu begeben. Unter dem Druck der Alternativlosigkeit könnten die bisher ausgeschlossenen Dreierbündnisse dadurch doch wieder ins Spiel kommen. Tendenziell dürfte aber auch hier widersprüchliches Handeln angesagt sein: Wird die FDP richtig stark, könnte das eher für eine Ampel sprechen, werden die Grünen sehr stark, würde ein Jamaika-Bündnis realistischer. Schließlich brechen sich aus der Perspektive des Siegers die Wahlversprechen deutlich leichter. Denn in dieser Rolle sind zum einen Neuwahlen deutlich unattraktiver, zum anderen kann man aus der Position der Stärke deutlich mehr Positionen durchsetzen.

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