Klimadebatte Wie sich der CO2-Ausstoß im Gebäudesektor senken lässt

Altbauwohnungen in Köln Quelle: dpa

Eine Studie empfiehlt, den Kohlendioxidausstoß zu bepreisen. Das allein, sagen die Autoren, reicht allerdings nicht. Der Staat muss auch mehr fördern – zum Beispiel Rentner, die in alten Häusern leben.

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Wird der Ausstoß von Kohlendioxid künftig bepreist, rechnet es sich stärker, Gebäude energetisch zu sanieren. Allerdings reicht ein CO2-Preis allein nicht aus, um alle Sanierungen wirtschaftlich zu machen – und so die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Das zeigt eine Studie, die Forscher des energiewirtschaftlichen Instituts und des finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts der Universität Köln im Auftrag des Immobilienwirtschaftsverbands ZIA erstellt haben.

Am 20. September wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Fachminister Maßnahmen beschließen, wie Deutschland seine Klimaziele für 2030 noch erreichen kann. Die Ziele für 2020 werden verfehlt, jetzt muss es schnell gehen. In der Bundesregierung und den Fraktionen gibt es bislang aber verschiedene Ansichten, was zu tun sei. Klar ist nur, dass jede Tonne CO2 künftig bepreist werden soll, ob über eine Steuer oder einen Zertifikatehandel – und dass dann auch für die klimaschädlichen Gase gelten soll, die aus einem Auspuff oder einem Schornstein stammen.

Denn dann würde es sich lohnen, Kohlendioxid einzusparen oder nach Alternativen zu suchen, um es ganz zu vermeiden. Bislang gibt es einen Emissionshandel nur für den Energie- und den Industriesektor. Dabei war allein der Gebäudesektor in Deutschland 2017 für fast 35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs verantwortlich. Dadurch, dass mit Öl und Erdgas in Gebäuden geheizt und Wasser erwärmt wird, entstehen etwa 15 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen.

Bevor die Bundesregierung am Freitag ihre Pläne verkündet, wie der CO2-Ausstoß in allen Sektoren künftig wirkungsvoller gesenkt werden soll, melden nun also Umwelt- und Wirtschaftsverbände ihre Vorstellungen an. „Energieeinsparung im Gebäudesektor ist kein Neubau-, sondern ein Bestandsproblem“, sagt Thomas Zinnöcker, der Vizepräsident des ZIA. Er plädiert für einen deutschlandweiten eigenen Emissionszertifikatehandel für Gebäude, also getrennt vom Verkehr, und dafür, die energetische Sanierung steuerlich zu fördern.

Dass es im Gebäudesektor auf bestehende Immobilien ankommt, zeigt auch die von dem Verband beauftragte Studie. Fast zwei Drittel der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1979 gebaut – und verbrauchen erheblich mehr Energie als neuere Gebäude, bei denen bereits eine Wärmeschutzverordnung galt. Es gibt fünfmal so viele Ein- und Zweifamilien- wie Mehrfamilienhäuser – die im Vergleich wiederum das Eineinhalbfache an Energie verbrauchen. Außerdem stammt fast ein Drittel der Heizungsanlagen von vor 1995. Nur fünf Prozent der Wohnungen werden mit erneuerbaren Energien beheizt.

Für ihre Studie nehmen die Autoren nun einen CO2-Preis für 2020 von zunächst 45 Euro je Tonne an, der jedes Jahr um zehn Euro pro Tonne steigt – entweder, indem man einen Steuersatz einführt und diesen anhebt, oder einen Emissionshandel etabliert und die Zertifikate reduziert. Einen Teil der so entstehenden Einnahmen verwenden die Autoren in ihrem Modell, um die Stromsteuer von 2,05 Cent pro Kilowattstunde auf den europaweit vorgeschriebenen Mindestsatz von 0,1 Cent pro Kilowattstunde und damit den Strompreis zu senken.

Um einkommensschwache Haushalte zu entlasten, rechnen sie außerdem mit einer Prämie von 100 Euro pro Kopf, die jährlich an die 40 Prozent einkommensschwächsten Haushalte ausgezahlt wird. Erfahrungen aus Frankreich zeigten, dass ohne sozialpolitischen Ausgleich keine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen sei, schreiben sie. Die Folgen sind bekannt: die Proteste der Gelbwesten in Paris und vielen anderen französischen Städten.

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