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Koalition Die CDU kann nicht ohne die AfD

Die Union reagiert hysterisch auf den Erfolg der AfD. Jetzt rächt sich, dass sie das konservative Feld zu lange ignoriert hat. Schon bald wird sie auf die neue Partei zugehen müssen - denn die AfD ist keine NPD light.

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In der CDU geht geht die Angst um. Nach dem Erfolg der „Alternative für Deutschland“ bei den Europa-Wahlen könnte ihr das drohen, was die SPD zunächst mit den Grünen und dann mit der Linken erlebte: Das Zerbröckeln des eigenen Lagers.

Das knappe Scheitern der AfD bei den Bundestagswahlen schien der von Angela Merkel praktizierten und ihren Parteifreunden oktroyierten Strategie rechtzugeben: Nicht über sie reden - und schon gar nicht mit ihnen.

Schweigegelübde gebrochen

Doch nach dem AfD-Erfolg bei den Europa-Wahlen haben einige CDU-Politiker dieses Schweigegelübde gebrochen. Die hessischen Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach und Klaus-Peter Willsch haben sich für politische Kontakte mit der jungen Konkurrenz offen gezeigt.  

Da gab es umgehend Ärger. Wie üblich nicht von der Kanzlerin, die sich in solche Niederungen niemals hinabbegibt, sondern von ihren treuen Vasallen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber stellte die AfD verbal an den Pranger. Sie sei keine „normale bürgerliche Kraft“, sondern bediene den „rechtsextremen Rand“. Fraktionschef Volker Kauder kündigte an, sich mit AfD-Leuten in keine Talkshow zu setzen. Die Spitzen der CDU-Landesverbände in Sachsen, Thüringen und Brandenburg schlossen eilfertig jegliche Koalitionen mit der AfD nach den bevorstehenden Landtagswahlen aus. Der nordrhein-westfälische CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen erklärte die AfD nach den Kommunalwahlen zu einer „Splitterpartei“.  

Angst ist für gewöhnlich kein guter Ratgeber. Sie verleitet zu Panikreaktionen - wie denen von Kauder und Tauber.

Die zurechtgewiesenen CDU-Parlamentarier ließen die Schelte auf sich sitzen. Aus dem Verhältnis zur AfD wollen sie keinen offenen innerparteilichen Konflikt machen. Aber hinter vorgehaltener Hand sind viele denkende Köpfe in der CDU verstört angesichts der AfD-Hysterie.

Unmut in der Fraktion

In der Bundestagsfraktion herrscht Unmut darüber, dass man an der Parteispitze offenbar glaube, den Menschen verordnen zu können, wie sie die AfD zu sehen haben. „Unreflektiert“ sei die Haltung der Parteiführung, heißt es. Die AfD sei keine verfassungsfeindliche Partei, sondern bestehe zu einem großen Teil aus früheren Mitgliedern der CDU.

Sowohl AfD-Aushängeschild Bernd Lucke, ein Ökonomie-Professor, als auch seine beiden Sprecherkollegen, der ehemalige FAZ-Feuilletonist Konrad Adam und der langjährige Chef der hessischen Staatskanzlei Alexander Gauland, waren früher CDU-Mitglieder. Satisfaktionsfähig als Gesprächspartner sind sie zweifellos ebenso wie der ehemalige BDI-Präsident und Talkshow-Liebling Hans-Olaf Henkel, der für die AfD ins europäische Parlament einziehen wird.

Die AfD ist keine NPD light, auch wenn sich manche Politiker und Politologen noch so sehr anstrengen, es ihr nachzuweisen. Bernd Lucke lässt sich nicht mit Franz Schönhuber gleichsetzen. Wer das weiter versucht, obwohl sich das Volk inzwischen durch zahlreiche Talkshows und Wahlkampfauftritte ein anderes Bild machen konnte, dürfte eher seine eigene Glaubwürdigkeit beschädigen als die der attackierten AfD.

Nicht nur bei AfD-Sympathisanten, sondern auch bei treuen CDU-Anhängern kann die Strategie der Tabuisierung daher auf die Dauer wohl kaum glaubwürdig bleiben. „Albern“ sei das, kommentiert Alexander Gauland das Geschehen unter seinen früheren Parteifreunden. 

Zu erklären ist es nur vor dem Hintergrund des historischen Dogmas, das die Unionsparteien seit ihrer Gründung und der der Bundesrepublik pflegen: Auf der rechten Seite des politischen Spektrums darf es keine andere Kraft als die Union geben - und wer rechts von der CSU steht, muss ein Radikaler sein.

Im Großen und Ganzen hat die Union es bisher geschafft, das durchzuhalten und sich damit als strukturell stärkste politische Kraft in Deutschland zu halten. Und jetzt kommt die AfD und stellt das Dogma in Frage. Ein wunder Punkt für die Union.

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