




Um bei den Jungen zu landen, muss die Geschichte bei den Alten beginnen. Bei Heinz Riesenhuber zum Beispiel. Als Alterspräsident eröffnete der 77-jährige CDU-Senior jüngst die Sitzungszeit des 18. Bundestags. Im Plenum sprach er auch zur Abgeordneten Dorothee Bär, 35, die grade noch zur CSU-Jugendtruppe Junge Union gehört. Bärs Oma, gleicher Jahrgang wie Riesenhuber, kümmert sich an Sitzungstagen öfter um die drei Kinder der Enkelin in Franken.
Die Alten helfen den Jungen. In der Politik sind die Junioren aber auch oft von Senioren umzingelt. „Die Älteren sind halt häufiger politisch aktiv“, sagt Bär. „Jüngere gehen auch seltener zur Wahl.“
Im Bundestag liegt das Durchschnittsalter der Abgeordneten bei etwa 50 Jahren. Bei den Wählern dominieren die Alten: Ein Drittel ist älter als 60, nur gut ein Viertel jünger als 40 Jahre alt. In den Parteien sieht es ähnlich aus: Das durchschnittliche SPD-Mitglied bringt es auf 59 Jahre, bei CDU und CSU sind es 57 und 60 Jahre.

Das macht die jüngeren Ehrgeizigen wie Bär zwar sichtbar – zumal die CSU-Frau gerne in Pink oder Lila daherkommt. Doch die Älteren haben mehr Gewicht. Die Aufstrebenden legen es zudem nicht auf Konflikte an. Sie nennen es Vorsicht, andere würden es womöglich Feigheit nennen.
Die Unterhändler der Möchtegernkoalition aus Schwarzen und Roten wünschen sich zudem verwertbare Erfolge bis zur Wahl in vier Jahren. Doch Mütterrente oder Rente mit 63, ungedeckte Versprechen bei der Pflege und das Eingeständnis, die bereits angehäuften mehr als zwei Billionen Euro deutscher Staatsschuld doch nicht abzubauen, sprechen für wenig Weitblick. Die Folgelasten fallen erst in zehn Jahren an – oder eine Generation später.
Jüngere wie Bär, der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann, 36, oder die SPD-Abgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler, 38, müssten „Hier“ und „Stopp“ schreien in den Koalitionsrunden, in denen es viel ums Verteilen und wenig ums Aufsparen geht.
Wer viel verteilt, lässt weniger Geld und Chancen für Jüngere. Doch Generationengerechtigkeit ist kein Thema. Zu bequem scheint die wirtschaftliche Lage, zu angepasst wirken die nicht mehr ganz Jungen, die es schon fast an die Macht geschafft haben. Die Dreißiger aus Union und SPD geben sich pragmatisch und wirken oft beliebig.
Der Tübinger Juniorprofessor Jörg Tremmel hält die Durchschlagskraft der Jüngeren für zu gering. Der Befund des Politologen: „Deutschland ist schon eine Gerontokratie. Die Jüngeren können sich nicht durchsetzen, und die Interessen kommender Generationen werden nicht berücksichtigt.“ Tremmel definiert: „Generationengerecht wäre, Schulden abzubauen und Investitionen festzuschreiben.“ Stattdessen sei der Abbau der Staatsschulden verschoben. In der Sozial- wie in der Umweltpolitik hinterließen die Älteren mehr Lasten als Chancen.