Kohleverstromung Bundestag und Bundesrat wollen schrittweisen Kohleausstieg beschließen

Der Fahrplan sieht Kohleausstieg bis 2039 vor. Mit insgesamt 40 Milliarden Euro will der Bund beim Umbau der Wirtschaft und Infrastrukturausbau helfen.

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Bei den zentralen Gesetzen geht es zum einen um die Reduzierung der klimaschädlichen Kohleverstromung ab 2020. Quelle: dpa

Bundestag und Bundesrat wollen am Freitag einen schrittweisen Kohleausstieg in Deutschland bis spätestens 2038 beschließen. Am Vormittag stimmt zunächst der Bundestag über zwei zentrale Gesetze ab, danach folgt die Länderkammer.

Der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sprach von einer „historische Wegmarke“ - mahnte aber, die Arbeit fange nun erst richtig an. Dagegen bezeichnete Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser das Kohlegesetz der schwarz-roten Koalition als einen „historischer Fehler“: Es verfehle den eigentlichen Zweck: den Schutz der Menschen vor den dramatischen Auswirkungen der Klimakrise.

Bei den zentralen Gesetzen geht es zum einen um ein Gesetz mit einem Fahrplan zur schrittweisen Reduzierung der klimaschädlichen Kohleverstromung ab 2020, zum anderen um ein Gesetz zur Strukturstärkung.

Vorgesehen sind Hilfen des Bundes von insgesamt 40 Milliarden Euro, die den Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg beim Umbau ihrer Wirtschaft sowie beim Ausbau der Infrastruktur helfen sollen. Betreiber von Kohlekraftwerken sollen Milliardenentschädigungen für die vorzeitige Stilllegung ihrer Anlagen bekommen.

Vor anderthalb Jahren hatte eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission einen Kohleausstieg bis spätestens 2038 vorgeschlagen. Kohlekraftwerke werden zwar ohnehin nach und nach vom Netz genommen, aber Klimaziele machen einen schnelleren Ausstieg notwendig. Eigentlich wäre erst in den späten 40er Jahren Schluss gewesen für die Kohleverstromung.

Kampf für das Ende der Kohleverbrennung

Umweltverbände bemängeln, aus Klimaschutzgründen sei ein schnellerer Kohleausstieg nötig. Sie kritisieren außerdem die Milliarden-Entschädigungen für die Kraftwerksbetreiber. Auch am Freitag sind Proteste von Klimaschützern in Berlin geplant.

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Bundesregierung hat die Vereinbarungen der Kohlekommission missachtet, die Wissenschaft nicht gehört. Einen Pseudo-Kohleausstieg bis 2038 lehnt Greenpeace ab.“

Greenpeace werde weiter gemeinsam mit der gesamten Klimabewegung bei dieser und der nächsten Regierung für das Ende der Kohleverbrennung bis spätestens 2030 kämpfen. Die „Kohle-Kanzlerin“ Angela Merkel verspiele mit diesem „schädlichen Gesetz“ gleich zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die sie vor allem auch dem Klimaschutz gewidmet habe, ihre Glaubwürdigkeit.

Klimaaktivistin Luisa Neubauer bezeichnete das Gesetz zum Kohleausstieg als den „größten politischen Klimaskandal des Jahres“. „Diese Kohlepolitik offenbart die Prioritäten der Regierung: Lieber Kohlekonzerne glücklich machen, als zukünftige Generationen schützen, die Klimakrise bewältigen, Vorreiter sein und Steuergelder verantwortungsvoll im Interesse des Wohls der Gesellschaft in eine gerechte Zukunft investieren“, sagte die Fridays-for-Future-Aktivistin dem Nachrichtenportal „Watson“.

IG BCE-Chef Vassiliadis sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Das Land hat zu lange Ausstiegsdebatten geführt. Wir müssen endlich einen Einstiegsplan formulieren: für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze, für die überfällige Offensive beim Energieträger der kommenden Jahrzehnte: Wasserstoff.“ An der Zukunft der Energieversorgung hängt die Zukunft des Industriestandorts. Beim Kohleausstieg sei ein eng geknüpftes Sicherheitsnetz durchgesetzt worden, so dass niemand ins „Bergfreie“ falle. Vassiliadis und Kaiser waren Mitglieder der Kohlekommission.

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte: „Mit ihrem Gesetzentwurf für den Kohleausstieg trägt die Große Koalition nicht zu effizienteren CO2-Einsparungen bei, sondern verstetigt ihren verhängnisvollen Weg in der Klimapolitik.“ Der Gesetzentwurf enthalte erhebliche Rechtsrisiken und Ungleichbehandlungen. „Im Ergebnis ist er maximal teuer und maximal planwirtschaftlich.“

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