Kommentar zum Glyphosat-Streit Mit Schmidt ist eine neue Regierung nicht zu machen

Der Vertrauensbruch des Landwirtschaftsministers bedeutet einen schweren Schaden für mögliche Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD. Er ließe sich nur beheben, wenn die CSU Schmidt aus Berlin abzieht. Ein Kommentar.

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„So isser der Schmidt“, kommentierte der Landwirtschaftsminister seine Entscheidung in Brüssel. Quelle: dpa

Quasi im Alleingang hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in Brüssel für eine Verlängerung der Zulassung des Unkrautkillers Glyphosat in der Europäischen Union gestimmt – und damit gegen Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die explizit gegen eine weitere Zulassung des umstrittenen Mittels war. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der CSU-Politiker offenbar nicht in seine Entscheidung einbezogen und das am Dienstagmorgen stur verteidigt.

Wenn Schmidt, wie die gesamte Bundesregierung derzeit nur geschäftsführend im Amt, öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten wollte, dann ist ihm das gelungen. Während der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition hatte sich Schmidt, der in vier langen Regierungsjahren eher stumm geblieben war, noch in Brüssel zurückgehalten. Diese Hemmschwelle ist jetzt gefallen: Deutschland hat sich nicht länger der Stimme enthalten, sondern einer Verlängerung zugestimmt.

Einer möglichen Regierungsbildung zwischen Union und SPD hat Schmidt mit seiner Aktion schweren Schaden zugefügt – noch bevor die Gespräche überhaupt begonnen haben. Die SPD spricht von einem schweren Vertrauensbruch, und das zu Recht. Hendricks wurde von ihrem Kabinettskollegen hintergangen – ein Affront, der nichts Gutes für die möglichen Verhandlungen über eine Großen Koalition befürchten lässt.

Es ist im Übrigen auch ein Affront gegen die Mehrheit der Bevölkerung, die sich in Umfragen für einen baldigen Glyphosat-Ausstieg ausgesprochen hatte. Zu einer Verweigerung der SPD wird es wohl trotz allen Unwohlseins der Sozialdemokraten nicht kommen: Angesichts des letzten Wahlergebnisses können sich die Genossen Neuwahlen kaum leisten. Die Suche nach einem Konsens geht also weiter.

Doch Landwirtschaftsminister Schmidt gibt in dieser Auseinandersetzung erneut kein gutes Bild ab. Damit rückt das zur Verfügung stehende Personaltableau unweigerlich schon jetzt in den Fokus: Mit Schmidt, das muss der Kanzlerin klar sein, dürfte in der nächsten Legislaturperiode keine Regierungsmannschaft zu bilden sein.

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