Kommentar zur SPD Das Rentenversprechen hält nur bis 2030

SPD-Kanzlerkandidat Schulz und Arbeitsministerin Nahles versuchen in der Rentenpolitik nicht weniger als die Quadratur des Kreises. Doch im Gegensatz zur Union tritt die SPD mit klaren Vorstellungen vor die Wähler.

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Martin Schulz (r), Kanzlerkandidat und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles treten mit klaren Vorstellungen vor die Wähler. Quelle: dpa

Berlin In der Rentenpolitik versuchen Parteichef Martin Schulz und Arbeitsministerin Andrea Nahles derzeit so etwas wie die Quadratur des Kreises, in der Hoffnung auf diese Weise die SPD doch noch aus dem Umfragetief zu bringen, in das die Partei nach drei verlorenen Landtagswahlen gerutscht ist. Sie verspricht den Wählern das Rentenniveau bei den heute erreichten 48 Prozent zu stabilisieren.

Während beim Koalitionspartner Union offen mit einer weiteren Anhebung des Rentenalters über 67 Jahre hinaus geliebäugelt wird, um die Rente finanzierbar zu halten, wenn ab 2025 die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, schließt die SPD dies kategorisch aus. „Ein höheres Rentenalter ist vielleicht realistisch für uns Politiker. Für viele Menschen wie den Fliesenleger oder die Altenpflegerin ist es aber schlicht nicht zu schaffen, also völlig lebensfremd“, so Nahles. Und das Ganze soll auch noch bezahlt werden können, ohne dass der Beitragssatz stärker steigt, als es heute schon im Gesetz steht. Dort sind als Haltelinie bis 2030 22 Prozent fixiert bei einem Rentenniveau von aber nur noch 43 Prozent.

Warum kann das funktionieren? Nahles und Schulz weisen darauf hin, dass sich die Wirtschaftslage in den vergangenen 15 Jahren deutlich verbessert hat. Nie hatte die Rentenversicherung mehr Beitragszahler als heute. Aus diesem Grund finanziert sich das Rentenversprechen der SPD bis 2024 nahezu von selbst. Weder muss der Rentenbeitrag steigen noch der Steuerzuschuss an die Rentenkassen. Kosten verursacht bis dahin nur die Solidarrente, mit der die SPD in Zukunft langjährig Versicherten, denen eine Rente unterhalb der Grundsicherung droht, aufstocken will. Hier steigen die Ausgaben bis 2030 auf 3,6 Milliarden Euro im Jahr.

Genau so wichtig ist der Plan, die rund drei Millionen Selbstständigen, die derzeit keinerlei Alterssicherung haben, in die Rentenversicherung einzubeziehen. Denn das wird der Rentenversicherung in den kommenden 20 Jahren erst einmal Mehreinnahmen bringen. Das Geld ist bitter nötig, damit die Rechnung der SPD überhaupt aufgehen kann. Denn in dieser Zeit kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter, was die Rentenausgaben sprunghaft in die Höhe schnellen lassen wird. Trotzdem wird es spätestens ab 2030 richtig teuer: 30 Milliarden Euro sollen dann pro Jahr zusätzlich für die Rente ausgegeben werden. Etwas mehr als die Hälfte davon über einen neuen Demografiezuschuss aus dem Bundeshaushalt.

Schulz wies darauf hin, dass Mehrausgaben in dieser Dimension bei einem Rentenetat von 277 Milliarden Euro im Jahr durchaus mobilisierbar seien. Dies gelte auch für einen zusätzlichen Bundeszuschuss von 15,6 Milliarden Euro. Schließlich werde gerade diskutiert, den Wehretat mal eben um 20 Milliarden Euro im Jahr anzuheben, ohne dass jemand zuckt. Auch dieses Argument sticht. Immerhin muss man der SPD zu Gute halten, dass sie beim sensiblen Thema Rente mit klaren Vorstellungen vor die Wähler tritt.

Die Union sieht dazu wohl auch wegen der hohen Zustimmungswerte, die ihre Vorsitzende Angela Merkel auch so genießt, keinen Anlass. Sie duckt sich weg und vertröstet die Wähler mit der Ankündigung einer Rentenkommission nach der Bundestagswahl. Ein Armutszeugnis für eine Partei, die mehr als zehn Jahre lang ohne Unterbrechung die Bundesregierung geführt hat. Die größte Schwachstelle des Rentenkonzepts der SPD ist allerdings, dass sie nur bis 2030 gerechnet hat. Denn richtig teuer wird das Rentenversprechen der SPD nämlich erst danach. Das aber verschweigen Nahles und Schulz den Wählern.

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