



![Der Landesvorsitzende der Bayern-SPD, Florian Pronold, kommt ebenfalls in das Kompetenzteam. Er ist für Infrastruktur und Wohnen zuständig. Seine Ziele: "Wir werden [...] den Neubau von Wohnungen ankurbeln und Mieter vor Kostenexplosionen schützen." Quelle: dpa](/images/florian-pronold/8259018/2-format10620.jpg)
Und jetzt auch noch das: ein Freudscher Versprecher. Die verbleibenden hundert Jahre, ach Quatsch, hundert Tage bis zur Bundestagswahl wolle er in bestmöglicher Aufstellung angehen, sagt Peer Steinbrück. Da muss er selbst kurz lachen. Die Kanzlerin mag ja bisher unangreifbar erscheinen, aber also so aussichtslos empfindet er sich dann doch nicht. Der Versprecher des Kanzlerkandidaten ist nur so ein kleiner Hinweis darauf, was wohl vorgehen mag in einem, der Bundeskanzler werden will, dessen Werbezug in eigener Sache jedoch bisher so wenig positiven Widerhall gefunden hat.
Der Lapsus passiert, als Steinbrück sein so genanntes Kompetenzteam komplettiert: zwölf Mitglieder umfasst es, sechs Frauen und sechs Männer, über mehrere Wochen häppchenweise lanciert und vorgestellt. Mit jeder neuen Pressekonferenz, jedem frischen Gerücht blieb die Frage, ob er denn jetzt noch kommen möge, der große Name, der Kracher. Bei allem gebotenen Respekt vor den Aufgestellten: er kam nicht mehr.
Ein Kompetenzteam, das nur in erklärten Einzelfällen auch ein Schattenkabinett mit Ministeranwärtern sein soll, hat eigentlich nur eine Kernfunktion: Es soll die Attraktivität des Kandidaten unterstreichen und mit beeindruckenden Persönlichkeiten als Glanzlieferant fungieren. Es soll ausleuchten, nicht verdunkeln. Gemessen daran, ist diese Wahlkampf-Truppe kaum mehr als ein flackerndes Lichtlein.
Themen des SPD-Wahlprogramms
Die SPD will einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Bei gleicher Arbeit sollen Leiharbeiter den gleichen Lohn bekommen wie fest angestellte Kollegen. In Vorständen soll eine Frauenquote von 40 Prozent die Gleichberechtigung stärken.
Mit einer Neustrukturierung des Kindergelds sollen Familien mit geringen und mittleren Einkommen davor bewahrt werden, auf Hartz-IV-Niveau abzurutschen: Familien mit einem Einkommen bis 3000 Euro können mit dem bisherigen Kindergeld von 184 Euro und einem Kinderzuschlag von 140 Euro auf bis zu 324 Euro pro Monat kommen.
Die SPD will eine Solidarrente von 850 Euro für Geringverdiener, die mindestens 30 Beitragsjahre aufweisen können. Die Frage des künftigen Rentenniveaus ist noch offen. Die SPD-Linke will verhindern, dass es von rund 50 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns bis 2030 auf bis zu 43 Prozent absinken kann. Ost-Renten sollen bis 2020 stufenweise auf West-Niveau angeglichen werden.
Die SPD fordert die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent für hohe Einkommen und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Steuerbetrug soll stärker bekämpft werden.
Bei Neuvermietungen soll die Miete nur maximal zehn Prozent über ortsüblichen Vergleichspreisen liegen. Bei bestehenden Verträgen soll es nur noch eine Erhöhung um maximal 15 Prozent binnen vier Jahren geben. Die SPD will mit einem Milliardenprogramm den sozialen Wohnungsbau stärken, um Druck von den Mieten zu nehmen.
Die SPD setzt sich für eine Finanztransaktionssteuer ein und pocht auf ein Trennbankensystem. Geschäfts- und Investmentbereich sollen stärker getrennt werden, damit Risiken für den Steuerzahler gemindert werden. Die Institute sollen europaweit aus eigenen Mitteln einen Rettungsschirm aufbauen, damit der Staat bei Schieflagen nicht haften muss. Zudem soll es ein Verbot von Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulationen geben.
Steinbrück hat einige Politiker berufen, die allseits erwartet worden waren und die ihre sozialdemokratische Fachkompetenz durchaus unter Beweis gestellt haben: Thomas Oppermann, der Parlamentarische Geschäftsführer und Innenexperte gehört dazu, ebenso Karl Lauterbach für Gesundheit, die Sozialpolitikerin Manuela Schwesig oder das Wahlkampf-Mastermind Matthias Machnig, heute Wirtschaftsminister in Thüringen und zuständig für das Thema Energie. Mit ihnen hat Steinbrück nichts falsch gemacht.
Ein paar Überraschungen sind dem ehemaligen Finanzminister überdies geglückt: Gesche Joost zum Beispiel, Professorin aus Berlin, soll sich um Netzpolitik kümmern. Oder der Kulturmanager Oliver Scheytt: Der machte den Ruhrpott zur „Kulturhauptstadt Europas 2010“, seinen Enthusiasmus und Kampfesmut kann Steinbrück mehr als gut gebrauchen. Und doch: Ob der Öffentlichkeit vorher weitgehend unbekannte Persönlichkeiten wie Joost und Scheytt den nötigen Schub bringen können, ist zu bezweifeln.