Konsumentenrechte Verbraucherschützer fordern Corona-Schutzschirm bei längerer Krise

Durch die Verwerfungen in der Wirtschaft leiden viele unter Einbußen. Sollte die Krise länger dauern, fordern Verbraucherschützer direkte finanzielle Unterstützung.

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Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass viele Maßnahmen der Bundesregierung Schulden nur in die Zukunft verschieben. Quelle: dpa

Auswirkungen der Coronakrise treffen die Wirtschaft gerade hart. Doch wie lange können auch Kunden, Mieter und Reisende die Ausnahmelage durchstehen? Die Verbraucherzentralen pochen auf den Schutz von Käuferrechten und bringen schon weitere Hilfen für den Fall länger andauernder Beschränkungen ins Spiel. „Dann brauchen wir auch einen finanziellen Schutzschirm für Verbraucher“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur.

Schon heute seien viele knapper bei Kasse. Wenn Betriebsschließungen, Verdienstausfälle für Selbstständige, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit bis Sommer oder Herbst anhielten, würde sich das finanzielle Budget für viele erschöpft haben.

„Hier müssten wir sehen, wie kann der Staat mit finanziellen Zuschüssen Menschen unterstützen“, sagte Müller. Sonst würden viele in Sozialleistungen wie Hartz IV fallen, die für eine solche Krise aber nicht gemacht seien. „Es ist nicht verantwortbar, die Menschen unter all die Regularien zu zwingen, die ansonsten gelten.“ Zu prüfen wären auch Möglichkeiten, klassische Insolvenzverfahren deutlich zu verkürzen. Denn wenn man überschuldet sei, müsse man heute sehr lange durchhalten, um finanziell wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

„Die Bundesregierung hat dankenswerterweise eine Reihe von Erste-Hilfe-Maßnahmen auf den Weg gebracht“, sagte der vzbv-Chef. So darf Mietern nicht gekündigt werden, wenn sie wegen der Coronakrise die Miete nicht zahlen können. Das gilt vorerst für drei Monate von 1. April bis 30. Juni. „Wichtig ist: Die Schulden bauen sich auf, das Geld ist nicht geschenkt, sondern nur gestundet“, sagte Müller.

Verbraucherrechte müssen auch in der Krise gelten

Auch mit anderen Maßnahmen will der Staat Bürgern beispringen. Man soll nicht von Strom oder Gas abgeschnitten werden können, wenn man krisenbedingt vorerst nicht zahlen kann. Wenn Firmen Personal in Kurzarbeit schicken, übernimmt die Arbeitsagentur 60 Prozent des Lohns, bei Kindern 67 Prozent. Der Zugang zur Grundsicherung ist vorerst leichter möglich, denn Jobcenter verzichten bei Hartz-IV-Anträgen ein halbes Jahr auf Prüfungen von Vermögen und Wohnungsmiete.

Müller betonte, Verbraucherrechte müssten in der Krise gelten wie bisher. Notfalls müssten Einschränkungen zumindest befristet werden. Da sei es ein Angriff auf diese Rechte, dass jetzt in der Reisebranche Vorauszahlungen nicht zurückgegeben, sondern in „Zwangsgutscheine“ umgewandelt werden sollen. „Bisher ist unklar, welche Härtefallregelungen es gibt.“

Ungewiss sei auch, ob eine Insolvenzsicherung für die Gutscheine nur für Pauschalreisen gelten solle oder möglicherweise auch noch für Flüge und Veranstaltungen. Hintergrund der Pläne der Bundesregierung ist, dass auch Veranstalter in Finanzprobleme gekommen sind. Die EU muss noch zustimmen.

Dass wegen geschlossener Geschäfte gerade viele Kunden im Internet bestellen, laufe im klassischen Online-Handel praktisch problemlos, sagte Müller. „Hier sind Verbraucherrechte mit Rückgabemöglichkeiten freundlich und gut ausgestaltet.“ Oft seien Anbieter auch kulant.

„Erhebliche Problemanzeigen“ bekämen die Verbraucherzentralen aber bei derzeit knappen Gütern. Verbraucher beschwerten sich wegen maßlos überhöhter Preise für Desinfektionsmittel, Toilettenpapier und teils auch für Hefe oder Mehl. „Davor muss man deutlich warnen, dass diese Form von Ausnutzen der Krise indiskutabel ist.“

Wegen der Corona-Krise machen sich viele Bürger schon Gedanken wegen finanzieller Nachteile, wenn auch vorerst nicht die Mehrzahl, wie eine kürzlich vorgestellte Umfrage im Auftrag des vzbv ergab. Wucherpreise für vielleicht knappe Waren wie Hygieneartikel machen demnach 38 Prozent sehr starke oder eher starke Sorgen. Ein Drittel (33 Prozent) befürchtet stark, dass die private Altersvorsorge an Wert verliert. Rechnungen, Miete oder Kreditraten nicht mehr bezahlen zu können, treibt 23 Prozent stark um. Befragt wurden vom Institut Kantar Emnid am 31. März und 1. April 1006 Menschen ab 14 Jahren.

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