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Korruption Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Wulff

Neben der BaFin schaut sich auch die Staatsanwaltschaft die Geschenke an Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff genauer an. Eine Hausdurchsuchung soll es nicht geben.

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Eine Karriere mit Patzern
Bundespräsident unter DruckAls Bundespräsident stand Christian Wulff am Höhepunkt seiner Karriere. Doch sein jäher Aufstieg - von der Schüler-Union bis an die Spitze der deutschen Politik - endete jäh. Denn je höher er kam, desto unachtsamer wurde er und desto mehr Patzer erlaubte er sich. Ein Rückblick auf die Karriere des 2012 zurückgetretenen Bundespräsidenten. Quelle: dpa
Früh übt sich das Politiker-DaseinChristian Wulff 1997 auf einem CDU-Parteitag: Schon früh belegte er zahlreiche wichtige Ämter in den CDU-Jugendgruppen – obwohl dem gebürtigen Osnabrücker privat einige Probleme plagten. 1975 trat der damals 16-Jährige in die Schüler-Union ein, im gleichen Jahr hatte sein Stiefvater die Familie verlassen und der jugendliche Christian Wulff musste seine an Multipler Sklerose erkrankte Mutter pflegen und die Erziehung seiner jüngeren Schwester übernehmen. Trotz der Belastungen trieb er seine Karriere voran: Von 1978 bis 1979 war er niedersächsischer Landesvorsitzender der Schüler-Union,  gleichzeitig wurde er auch Bundesvorsitzender für drei Jahre. 1979 ging er außerdem in den Bundesvorstand der Jungen Union. Quelle: AP
Landes- und KommunalpolitikVon den CDU-Jugendgruppen schwang sich Wulff weiter in die Spitzenpositionen der Landespolitik. Ein Jahr nachdem er niedersächsischer Landesvorsitzender der Jungen Union wurde, ging er 1984 in den CDU-Landesvorstand Niedersachsens. Von 1994 bis 2008 war er Landesvorsitzender der Partei. Auch kommunal engagierte sich Wulff: Von 1986 bis 2001 war er Ratsherr von Osnabrück. Quelle: AP
LandtagsmitgliedschaftVon 1994 bis 2010 war Wulff direkt gewählter Abgeordneter des Landtags in Hannover. Karrierist Wulff ging jedoch nicht als gewöhnlicher Volksvertreter ins Parlament. Von Beginn an war er zugleich Fraktionsvorsitzender der CDU - und im zunächst noch SPD regierten Niedersachsen - der Ministerpräsident hieß damals Gerhard Schröder - damit auch Oppositionsführer. Quelle: dapd
Zwei gescheiterte WahlkämpfeWulffs zunächst reibungsloser politischer Aufstieg wurde durch zwei verlorenen Wahlkämpfe um den niedersächsischen Ministerpräsidentenposten vorerst gestoppt. Seinem charismatischen SPD-Kontrahenten Gerhard Schröder unterlag Wulff 1994 mit 36,4 Prozent und 1998 mit 35,9 Prozent. Die beiden Wahlplakate stammen vom zweiten Wahlkampf. Quelle: AP
OppositionspolitikHier fordert Wulff auf einer Pressekonferenz 1999 den Rücktritt von Ministerpräsident Gerhard Glogowski. Als Oppositionsführer warf Wulff dem Nachfolger von Gerhard Schröder, der in das Amt des Bundeskanzlers gewechselt war, vor, wegen einer Sponsoring-Affäre seine Unabhängigkeit und politische Handlungsfähigkeit verloren zu haben. Ein Jahr später zeigte sich Wulff außerdem als schärfster Kritiker des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau während der Düsseldorfer Flugaffäre. Die WestLB setzte Flugkosten, die sie damals führenden Politikern bezahlt hatte von der Steuer ab. Der „Berliner Zeitung“ sagte Wulff in dem Zusammenhang im Jahr 2000: „Es ist tragisch, dass Deutschland in dieser schwierigen Zeit keinen unbefangenen Bundespräsidenten hat, der seine Stimme mit Autorität erheben kann. Es handelt sich in NRW offensichtlich um eine Verfilzung mit schwarzen Reise-Kassen jenseits der parlamentarischen Kontrolle. Dies stellt eine Belastung des Amtes und für Johannes Rau dar.“ Quelle: AP
BundespolitikWulff 1998 an der Seite von Helmut Kohl. Seit diesem Jahr war Wulff einer von vier stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU. Quelle: AP

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt mit Nachdruck gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Eine Hausdurchsuchung wird es aber vermutlich zunächst nicht geben. Es bestehe keine Verdunkelungsgefahr, sagte Sprecher Hans-Jürgen Lendeckel am Montag auf dapd-Anfrage. „Wir arbeiten mit dem nötigen Nachdruck, aber natürlich auch mit der gebotenen Gründlichkeit“, sagte er. Unterdessen wird weiter über den Auslöser der Ermittlungen spekuliert. Die Staatsanwaltschaft dementierte am Montag Medienberichte, wonach ein von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Hintze in der ARD-Talkshow „Günther Jauch“ zitierter Vermerk alleiniger Auslöser für Ermittlungen war. „So war es nicht. Der Aktenvermerk ist interessant. Aber er war nur ein Punkt unter vielen“, sagte Lendeckel. Hintze war einer der letzten Politiker, die Wulff noch öffentlich verteidigten.

Die Vorwürfe gegen Wulff

In dem Dokument aus dem Jahr 2009, in dem es um Bürgschaftsvergaben des Landes Niedersachsen an Filmunternehmen ging, bittet der damalige Ministerpräsident Wulff um Zurückhaltung im Bezug auf den Filmunternehmer David Groenewold, um den Anschein von Nähe zu vermeiden. Die Bürgschaftszusage des Landes war allerdings bereits 2006 erfolgt. Zudem soll Wulff in einem weiteren Vermerk die Tatsache, keine Bürgschaften an Filmfirmen mehr zu gewähren, als „überzogen“ und „fundamental“ bezeichnet haben. Diesen Vermerk erwähnte Hintze allerdings nicht.

Die Akte mit dem entsprechenden Vermerk war am vergangenen Mittwoch zusammen mit weiteren Dokumenten von der Staatskanzlei an die Staatsanwaltschaft Hannover übergeben worden. Wie ein Sprecher der Staatskanzlei sagte, geschah sei dies auf Bitten der Ermittlungsbehörde. Es habe sich um ein „freiwilliges Überlassen“ gehandelt. Da Wulff zu der Zeit noch durch seine Immunität vor Ermittlungen geschützt war, konnte die Staatsanwaltschaft das Aushändigen der Akten nicht einfordern. Niedersächsische Medien hatten deshalb auch bereits gemutmaßt, dass die Staatskanzlei die Ermittlungen gegen ihren einstigen Chef beschleunigt hat.

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