Kretschmann lässt Tür offen Womöglich doch kein Diesel-Fahrverbot in Stuttgart

Ab 2018 sollen keine Dieselautos mehr durch Stuttgart fahren – die Feinstaubwerte wurden zuletzt um ein Vielfaches überschritten. Ministerpräsident Kretschmann sieht aber Möglichkeiten, ein solches Verbot zu vermeiden.

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Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen). Quelle: dpa

Frankfurt Baden-Württemberg Ministerpräsident Winfried Kretschmann zufolge können die schon angekündigten Fahrverbote für Diesel-Autos in Stuttgart ab 2018 womöglich vermieden werden. „Unter der Maßgabe, dass die Nachrüstung klappt und wir so die Ziele, die mit dem Luftreinhalteplan erreicht werden sollen, erreichen, sind die Fahrverbote noch nicht in Stein gemeißelt“, sagte der Grünen-Politiker nach einem Vorabbericht vom Freitag der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstagausgabe). Die Ankündigung von Fahrverboten ausgerechnet in der Automobilstadt Stuttgart hatte in der Branche für erhebliche Unruhe gesorgt.

Die Signale der Wirtschaft seien nun positiver, ältere Dieselautos nachzurüsten, sagte Kretschmann der Zeitung. Wenn Feinstaub dann noch durch bessere Straßenreinigung reduziert werden könne, sei das Problem erfolgreich in Angriff genommen. „Außerdem haben wir Fahrverbote ja noch gar nicht ausgesprochen, und vielleicht kommen sie auch überhaupt nicht“, ergänzte Kretschmann.

Die Landesregierung hatte wegen häufig überhöhter Feinstaubwerte in Stuttgart im Februar zeitweise Fahrverbote ab 2018 beschlossen. An Tagen mit Feinstaubalarm dürften dann Dieselwagen, die nicht die neueste Norm Euro-6 erfüllen - und damit der ganz überwiegende Teil der heutigen Fahrzeuge - nicht mehr alle Straßen im Stuttgarter Talkessel, in Feuerbach und Zuffenhausen befahren. Die Autoindustrie läuft gegen den Plan Sturm. Sie fürchtet, dass darunter die Nachfrage nach neuen, saubereren Dieselautos leidet. Dieselmotoren verbrauchen weniger Kraftstoff und stoßen damit weniger Kohlendioxid (CO2) aus. Die Autobauer brauchen dringend einen gewissen Anteil an Dieselwagen, um die schärferen CO2-Vorschriften in der EU nach 2020 zu erfüllen.

„Beim Treibhausgas Kohlendioxid schneidet der Diesel ja besser ab als Benzinmotoren“, räumte Kretschmann ein. Auch sei ihm die Verunsicherung, die durch die Fahrverbotsdiskussion bei Dieselbesitzern entstanden sei, eine Lehre. „Ich hätte mir deutlicher vor Augen führen müssen: Für normale Verbraucher ist ein Kraftfahrzeug eine riesige Anschaffung, bei der auch der Wiederverkaufswert eine relevante Größe ist.“ Die Menschen sorgten sich, dass ihre Autos an Wert verlören. Doch müsse niemand wegen weniger Tage Fahrverbot sein Auto verkaufen.

Dieselruß ist einer der Verursacher von Feinstaub. Ölheizungen, Kamine oder auch der Reifenabrieb tragen ebenfalls dazu bei. Die Belastung ist bei bestimmten Wetterlagen besonders hoch, deshalb kann es zwischen Oktober und April vor allem zu Grenzwertüberschreitungen kommen. Feinstaub gilt als Auslöser von verschiedenen Atemwegs-Erkrankungen wie etwa Asthma und auch von Krebs. Stuttgart ist mit seinem dichten Autoverkehr und seiner Kessellage besonders betroffen. In den ersten drei Monaten war fast an der Hälfte aller Tage Feinstaubalarm. Bisher ist der Autoverkehr trotz der Appelle zu freiwilligem Verzicht aufs Auto und günstigen Angeboten für den öffentlichen Nahverkehr kaum zurückgegangen. Die Stadt Stuttgart bekämpft die hohe Partikelkonzentration auch mit Mooswänden und verstärkter Straßenreinigung.

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