Kritik am Flug-Gipfel „Absichtserklärungen reichen nicht aus“

Bernd Reuther Quelle: imago images

Was kann die Politik tun, um Verspätungschaos an Flughäfen zu verhindern? Der FDP-Verkehrsexperte Bernd Reuther fordert mehr Fluglotsen und modernste Technik für die Sicherheitskontrollen.

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Für das Flugchaos im Sommer waren ja vor allem die Airlines verantwortlich. Welche Schuld trägt die Bundesregierung?
Union und SPD waren nicht ganz unbeteiligt an den Personalengpässen, die zu den vielen Verspätungen geführt haben. Zum einen hätte man nach der Insolvenz von Air Berlin darauf drängen müssen, dass andere Airlines nicht nur die Flugzeuge und Startplätze, sondern auch Personal übernehmen. Das hätte verhindert, dass viele ehemalige Air-Berlin-Piloten jetzt in China fliegen und wir hier über Personalengpässe in den Cockpits diskutieren müssen. Zum anderen gab es massive Einsparungen beim Personal bei der Flugsicherung. Auch das hat in erheblichem Maße zu den Verspätungen beigetragen.

Wie kann die Politik gegensteuern? Beim Fluggipfel gab es ja jetzt einige Vorschläge.
Die Absichtserklärungen vom Fluggipfel reichen nicht aus, um ein erneutes Flugchaos zu verhindern. Die Bundesregierung muss handeln, vor allem da, wo sie zuständig ist: bei der Flugsicherung. Wir müssen jetzt schnell neue Fluglotsen ausbilden, am besten über Bedarf. Dafür sollte der Bund zusätzliches Geld zur Verfügung stellen. Aber auch bei den Flughäfen ist die Politik gefragt, vor allem die Bundesländer. Der Senat in Berlin beispielsweise muss ja nicht nur den BER endlich fertig bauen, sondern auch die katastrophalen Zustände am Flughafen Tegel beseitigen. Mal fehlt dort eine Treppe zum Aussteigen, mal ein Fahrzeug, um das Flugzeug auszuparken. Das ist zwar ein hausgemachtes Berliner Problem, aber ein eklatantes Beispiel für einen Flughafen, der Defizite beseitigen muss, damit das Chaos künftig ausbleibt.

Viele Fluggäste klagen auch über lange Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle.
Das Thema Sicherheitskontrollen ist sträflich vernachlässigt worden. Als erstes muss das Luftsicherheitsgesetz novelliert werden, damit die Flughäfen ein Mitspracherecht bekommen. Bislang haben die Flughafenbetreiber keinerlei Einfluss auf die Abläufe bei der Sicherheitskontrolle. Die sehen, dass da das Chaos ausbricht und können nichts machen. Das muss sich dringend ändern. Außerdem muss der Bund in neue Geräte investieren. In Amsterdam etwa werden in einer Stunde mehr als doppelt so viele Passagiere durch die Sicherheitskontrolle geschleust wie in Frankfurt – nur mithilfe modernster Technik.

Wie ließen sich die Rechte der Fluggäste weiter stärken?
Ich bin dafür, die Bußgelder für die Airlines zu erhöhen, wenn sie es versäumen, Passagiere über ihre Rechte aufzuklären. Außerdem müssen Fluggäste eventuelle Rückerstattungen einfacher beantragen können, am besten digital und mehrsprachig.

Der Flugverkehr wird in den kommenden Jahren weiter stark zunehmen. Was muss jetzt getan werden, damit die Luftfahrt nicht bald vor noch viel größeren Problemen steht?
Wir müssen heute die Kapazitäten der Flughäfen erweitern. Dabei darf die Politik beim notwendigen Ausbau der Infrastruktur nicht auf der Bremse stehen. Das beste Beispiel dafür ist der Flughafen München. Eigentlich weiß jeder, dass dort eine dritte Startbahn benötigt wird, aber statt Fortschritt beobachten wir politische Strategiespielchen der CSU, die das Thema vor der Landtagswahl in Bayern nicht diskutieren möchte.

Man könnte auch dafür sorgen, dass mehr Passagiere vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen.
Das finde ich grundsätzlich gut, auch mit Blick auf die Umwelt. Aber angesichts der aktuellen Situation der Deutschen Bahn kann das keine Lösung sein. Ob ich mit der Bahn oder mit dem Flieger zu spät komme, ist ja letztlich egal. Wir müssen es schaffen, dass die Menschen sich wieder darauf verlassen können, dass sie pünktlich an ihr Ziel kommen.

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