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Kritik an Südwest-Grünen Berlin stützt Bahn im Kostenstreit um Stuttgart-21

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann will Mehrkosten für Stuttgart 21 nicht mittragen. Die Bahn sieht das anders und verweist auf geltende Projektverträge. CDU und FDP sehen das genauso.

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Ein Stuttgart-21-Gegner. Quelle: Reuters

Düsseldorf/Berlin Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU), schließt nicht aus, dass sich der Bund an etwaigen Mehrkosten für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 beteiligen wird. „Sollte die Obergrenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten werden, müssen die Vertragspartner parallel oder im Anschluss neue Gespräche über die Verteilung der Kosten aufnehmen“, sagte Pfeiffer Handelsblatt Online.

Der CDU-Politiker äußerte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der erklärt hatte, mit 4,5 Milliarden Euro sei das Ende der Fahnenstange erreicht. Weder Bund, Stadt noch Region wollten ihren Anteil aufstocken, hatte Kretschmann gesagt.

Pfeiffer sagte dazu: „Ich erwarte jetzt, dass auch der grüne Teil der Landesregierung das zentrale Infrastruktur- und Jahrhundertprojekt S21 nicht erneut mit Taschenspielertricks über den Kostenrahmen torpediert.“ Die Entscheidung der Bürger sei ja mehr als deutlich, ebenso sei die Vertragslage „glasklar“. Auch die Bahn hatte bereits darauf hingewiesen, dass alle Projektpartner laut den Verträgen für Mehrkosten geradestehen müssten.

Die Bundes-FDP warnte die baden-württembergische Landesregierung davor, den Bau von Stuttgart 21 weiter zu verzögern und damit die Kosten in die Höhe zu treiben. Die Bahn habe bei diesem Projekt „extrem solide geplant“, von daher teile er Kretschmanns striktes Nein zu einer möglichen Beteiligung an Mehrkosten nicht, sagte der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagfraktion, Patrick Döring, Handelsblatt Online.

Döring betonte, ob der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro eingehalten werde, habe das Land Baden-Württemberg zum Teil selbst in der Hand. Zeit sei immer noch der größte Kostentreiber, sagte der FDP-Verkehrsexperte und kritisierte, dass die grün-rote Landesregierung durch ihre bisherige Verzögerungspolitik das Vorhaben nicht billiger gemacht habe. „Bereits vor einigen Wochen hat die Deutsche Bahn ja ihre Kostenkalkulation fortgeschrieben und dabei auf die Mehrkosten hingewiesen, die durch die ständige Verzögerung des Vorhabens entstanden sind“, sagte Döring.

Kretschmann und sein Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hätten es also selbst in der Hand, ob der Kostendeckel am Ende halte. „Wenn die Landesregierung endlich ihrer gesetzlichen Projektförderungspflicht nachkäme und jetzt nicht schon wieder angefangen würde, Häcksel in die Wurst zu schneiden, wäre allen Beteiligten geholfen.“


Bahn will auch bei Kostenexplosion weiterbauen

Pfeiffer wies auf derzeitige Schätzungen der Bahn hin, wonach die Kosten für Stuttgart 21 rund 4,1 Milliarden Euro betragen. Dabei seien voraussichtlich bis Ende des Jahres bereits 50 Prozent der Aufträge fest vergeben - darunter auch 90 Prozent der kostenkritischen Tunnelbauwerke. „Zudem“, so der CDU-Politiker,  „bleibt noch ein Puffer von 390 Millionen Euro zur Abdeckung weiterer Risiken.“

Die Deutsche Bahn machte am Montag deutlich, dass der unterirdische Bahnhof auch dann fertiggestellt werde, sollte der Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro nicht gehalten werden können. „Wir als Bahn sind verpflichtet, diesen Bau zügig zu realisieren“, erklärte Bahnchef Rüdiger Grube. Kretschmann versicherte seinerseits, seine Regierung werde den Bau konstruktiv-kritisch begleiten. Die radikalen „Parkschützer“ dagegen kündigten weiteren Widerstand an.

In der Volksabstimmung hatten sich knapp 59 Prozent der Wahlberechtigten für das Projekt ausgesprochen, gut 41 Prozent dagegen. Die Bahn will im Januar ihre Bauarbeiten und den Abriss des alten Bahnhofs fortsetzen. Derzeit werden die Kosten von ihr als Bauherrin auf rund 4,2 Milliarden Euro geschätzt. Der Kostenrahmen war von den Vertragspartnern auf gut 4,5 Milliarden Euro festgelegt worden. Die Grünen sind gegen den Tiefbahnhof, der Koalitionspartner SPD dafür.

Grube sagte, die Verträge untersagten der Bahn selbst bei kräftigen Mehrkosten einen Baustopp. „Wir dürfen nicht unterwegs aufhören“, sagte er. „Der Prozess ist klar geklärt. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung. Das wissen auch alle.“ Er forderte besonders das Land auf, nun mit der Bahn daran zu arbeiten, den Kostenrahmen zu halten. „Eine konstruktiv-kritische Begleitung reicht nicht“, sagte er mit Blick auf Äußerungen der Landesregierung.

Der Manager räumte aber ein, es sei schwierig, die Kosten bei einem über viele Jahre laufenden Projekt einzuschätzen. Rohstoffe etwa würden sicher teurer. So sei bei Stahl eine genaue Vorhersage der Kosten unmöglich. Nach dem jahrelangen Ringen werde es auch schwierig, den unterirdischen Durchgangsbahnhof wie geplant bis 2019 fertig zu bauen.

In Kreisen der Projektpartner hieß es, die Kostenschätzungen würden vermutlich erst dann auf über 4,5 Milliarden Euro korrigiert, wenn der Bau bereits weit fortgeschritten sei. Dann stünden auch Land und Stadt unter Druck, das Projekt zu Ende zu bringen. Ein Baustopp könne dann bei niemandem gewünscht sein.

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