Kuka Roboter Die paradoxe China-Angst der Deutschen

Wir investieren munter in aller Welt. Aber kommen die Investitionen zu uns, ist die Angst groß. Höchste Zeit, dass Deutschland ein Rendezvous mit der Globalisierung hat.

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Kuka Robotics in Shanghai Quelle: REUTERS

Bei Besuchen in China staunen deutsche Politiker häufig, wie sehr ihre Gesprächspartner deutsche Kultur und Literatur schätzen. Goethes Faust etwa haben viele von denen häufig besser parat als die Besucher aus Goethes Heimat.

Geht es um Geschäfte mit China, halten Bundespolitiker es aber auch mit den Regeln aus dem Faust: Zwei Herzen schlagen in ihrer Brust.

Gewiss, die Chancen des gigantischen Absatzmarktes sind ihnen nicht entgangen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) reist regelmäßig mit großer Delegation ins Reich der Mitte, auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält im Juni wieder deutsch-chinesische Regierungskonsultationen mit ihrem gesamten Kabinett in Peking ab. Eine Ehre, die Deutschland nur wenigen Partnern weltweit vorbehält.

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Aber geht es um chinesische Investitionen hierzulande, ist derlei Begeisterung rasch verfolgen. Das zeigt sich gerade in Gabriels Versuch, eine Übernahme des Roboterbauers Kuka aus Augsburg durch den chinesischen Konzern Midea zu verhindern. Er wirbt eher für eine Allianz deutscher oder europäischer Unternehmen, die bei dem Roboterbauer zum Zug kommen soll – zu wichtig sei dessen Know-how für die Zukunft der deutschen Wirtschaft.

Gabriels Vorstoß ist mit dem Kanzleramt abgestimmt, das zuvor bereits EU-Kommissar Oettinger gegen die Übernahme öffentlich in Stellung gebracht hatte. Dort lautet die Wortregelung, man habe generell natürlich nichts gegen ausländische Investitionen. Kuka sei aber problematisch, weil der Roboterbauer so eine zentrale Rolle bei der Digitalisierung der deutschen Industrie spiele. Als US-Präsident Barack Obama gerade mit Kanzlerin Merkel die Hannover Messe besuchte, ließen die beiden sich Kuka-Roboter vorführen.

Aber diese Aussage stimmt so nicht: auch ganz allgemein ist von Vertretern des Kanzleramtes derzeit häufig zu hören, dass ihnen die Fülle des „chinesischen Geldes“, mit dem Unternehmen aus dem Land derzeit weltweit auf Einkaufstour gehen, Sorgen bereite. Auch als die Krise der Deutschen Bank zuletzt hochkochte, wurden in Merkels Machtzentrum Ängste vor einem möglichen Einstieg der Chinesen laut.

Deutsche sehen ausländische Investitionen skeptisch

Diese diffuse Sorge bedient durchaus deutsche Ängste: Wir gehören zwar zu den Exportweltmeistern und investieren gerne in aller Welt. Aber zugleich gehören die Deutschen, haben Forscher der renommierten US-Denkfabrik Pew herausgefunden, zu den großen Skeptikern gegenüber ausländischen Investitionen in Deutschland.

Beinahe 90 Prozent der Deutschen gaben an, der ausländische Aufkauf deutscher Unternehmer habe schlechte Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Das kontrastiert scharf etwa mit der Haltung in China, wo viel Offenheit für ausländische Investitionen herrscht.

Michael Fuchs, einflussreicher CDU-Fraktionsvize und als Unternehmer früher selbst im China-Geschäft tätig, hält so eine Haltung für Heuchelei: „Wechselseitige Unternehmensbeteiligungen mit ausländischen Firmen auch aus dem asiatischen Raum sind im globalen Wettbewerb zunehmend „business as usual“. Genauso wie unsere Unternehmen Anteile an ausländischen Unternehmen kaufen, genauso erwerben Chinesen eben Anteile an innovativen, deutschen Unternehmen.“

Auch NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin kann diese Skepsis nicht verstehen: „In Nordrhein-Westfalen haben sich inzwischen über 900 chinesische Unternehmen angesiedelt, damit sind wir auf dem Weg, Standort Nummer eins für chinesische Investoren in Europa zu werden“, sagt er. „Sie bereichern unsere Unternehmenslandschaft und stärken die technologische Zusammenarbeit." Auch die Beschäftigten von Traditionsunternehmen, die von chinesischen Investoren übernommen wurden, sind mit ihren neuen Arbeitgebern meist sehr zufrieden, wie die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie herausgefunden hat.

Der Maschinenbauer Kuka will seine Roboter intelligent machen. Das angekündigte Übernahmeangebot aus China könnte bei dieser Strategie helfen. Die Aktionärsvertreter sind allerdings skeptisch.
von Mark Fehr

Dennoch will das Kanzleramt nun etwa prüfen lassen, ob ein Kauf nach den Regeln des Außenwirtschaftsgesetzes verhindert werden kann. Das ist zwar eigentlich nur für sicherheitsrelevante Firmen vorgesehen, diese Definition greift wohl eher nicht für einen Roboterhersteller. Außerdem sind die Hürden hoch, bisher hat die Bundesregierung noch nie einen Verkauf unter diesen Voraussetzungen untersagt.

Jedoch heißt es beinahe trotzig, man könne „sehr lange“ prüfen lassen und so einen Einstieg der Chinesen zumindest verzögern. Trotz ist aber kein guter Ratgeber im Geschäftsleben.

Im Kanzleramt wird gerne gesagt, die Flüchtlingskrise sei Deutschlands Rendezvous mit der Globalisierung. Vielleicht bräuchte auch die deutsche Industriepolitik ein solches Rendezvous.

Mehr zum Thema lesen Sie in der Titelgeschichte der neuen Ausgabe der WirtschaftsWoche, die am Freitag, 3. Juni, erscheint.

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