Kurze erste Runde Union und SPD starten Koalitionsverhandlungen

Die Stimmung ist gut, Kompromisse müssen aber hart erarbeitet werden. Die ersten Beratungen in großer Runde zwischen Union und SPD sind im Schnelldurchgang zu Ende. Jetzt geht es in die Details.

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Angela Merkel (CDU) und Peer Steinbrück (SPD). Union und SPD wollen sich in ihrer großen Runde mit 75 Vertretern im ovember acht Mal treffen. Quelle: AFP

Berlin Union und SPD sind mit festem Willen zur Einigung in ihre Verhandlungen über eine große Koalition gestartet. Allerdings pochten alle Seiten auf ihre inhaltlichen Positionen. Der Auftakt der Verhandlungen am Mittwoch war nach nur 90 Minuten zu Ende.

Die SPD besteht auf einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro - auch ihre Forderung nach Steuererhöhungen will sie nicht vom Tisch nehmen. CDU und CSU betonten vor Beginn der Verhandlungen am Mittwoch in Berlin dagegen, die Bürger dürften nicht weiter belastet werden. Es werde keine höheren Steuern geben.

Vertreter beider Verhandlungsseiten äußerten sich ähnlich wie CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt über die Gespräche: „Ich bin sehr zuversichtlich.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte, in vier Wochen könne es zu schaffen sein, die Beratungen abzuschließen.

Union und SPD wollen sich in ihrer großen Runde mit 75 Vertretern im November acht Mal treffen. Dafür wurden nach Informationen aus Verhandlungskreisen der 5., 7., 11., 13., 19., 21., 26. und 27. November freigehalten. Die Delegationen legten die Besetzung der Arbeitsgruppen fest.

Zum Streitthema Pkw-Maut für ausländische Wagen sagte Dobrindt: „Wenn wir uns im Grundsatz darüber einig sind, dass zur Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland auch die ausländischen Autofahrer herangezogen werden sollen, dann ist schon mal sehr viel erreicht. Diesen Grundsatz könnte man wahrscheinlich relativ bald jetzt gemeinsam mit der SPD festlegen.“

Der SPD-Verhandlungsführer für Verkehr, Florian Pronold, sagte zur Pkw-Maut: „Es gibt da keine Einigung.“ Und ergänzte: „Mit der SPD wird es keine Belastung deutscher Autofahrer geben.“ Eine Pkw-Maut nur für Ausländer sei mit EU-Recht nicht vereinbar. „Focus Online“ hatte berichtet, Union und SPD hätten sich in den Sondierungen auf ein Maut-Modell verständigt, bei dem deutsche Fahrer nach Überweisung der Kfz-Steuer eine Vignette bekommen, Ausländer dafür aber zahlen sollten.

Zum Auftakt der Verhandlungen sollte die 75 Personen starke große Runde die Organisation der Verhandlungen und mögliche Knackpunkte klären. Daneben gibt es zwölf Arbeitsgruppen mit jeweils 17 Personen und vier Untergruppen. Die Koordination übernimmt eine Steuerungsgruppe um die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU), Dobrindt und Andrea Nahles (SPD). Gibt es größere Probleme, dürften die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) sich um eine Lösung bemühen. An diesem Donnerstag sollen bereits erste Arbeitsgruppen zusammenkommen.


Vereidigung der neuen Bundesregierung vor Weihnachten

Ziel ist eine Vereidigung der neuen Bundesregierung vor Weihnachten. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte mit Blick auf Zeitplan und Einigungschancen: „Beide Seiten haben ernsthaft ein Interesse daran.“ Dies werde aber mit Sicherheit ein „anstrengender Prozess“. Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sagte: „Das wird nicht ganz fix gehen. Aber über allem steht, dass es eine Einigung gibt.“

Wichtigste SPD-Bedingung ist ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro deutschlandweit. Die Union hält diese Untergrenze vor allem für den Osten für zu hoch und befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte aber den „Stuttgarter Nachrichten“ (Mittwoch): „Im Koalitionsvertrag wird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro stehen.“

Nahles wollte Steuererhöhungen nicht ausschließen. Die SPD wisse immer noch nicht, „wie man ohne Steuererhöhungen all das finanzieren soll“, sagte sie in der ARD. Die SPD wolle eine abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren und die Union eine Mütterrente. CDU-Bundesvize Thomas Strobl sagte, er erwarte, dass Union und SPD nicht nur verteilten. „Vor dem Verteilen kommt das Erwirtschaften.“

Der nordrhein-westfälische CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann sagte zur anstehenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, alle wollten, dass Deutschland ein starker Industriestandort bleibe.

Über die außergewöhnlich große Runde - bei den Gesprächen über die große Koalition von 2005 bis 2009 waren es nur 32 Unterhändler - sagte Nahles: „Das ist jetzt zwar groß, aber dafür umso stabiler und tragfähiger hinterher.“ Der neue Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sagte, die Idee sei, möglichst viele Politiker aus unterschiedlichen Sachbereichen jetzt schon zusammenzubringen, um alle strittigen Fragen klären zu können.

Bei der SPD sollen am Ende die 470 000 Mitglieder abstimmen, ob ihnen die Ergebnisse für die Bildung einer großen Koalition ausreichen. Deswegen ist es für die SPD-Spitze wichtig, die Partei in den kommenden Wochen breit einzubinden.

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