6,4 Prozent der Menschen im arbeitsfähigen Alter sind derzeit in Niedersachsen ohne Job. Das sind 0,6 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der elf westdeutschen Bundesländer. In Wilhelmshaven liegt die Arbeitslosenquote bei 12,0 Prozent. Gerade bei den Jüngeren gilt: Wer kann, zieht weg. Mehr als drei Viertel der Wilhelmshavener, die um die Jahrtausendwende herum ihr Abitur in der Jadestadt gemacht haben, sind längt in einer Stadt, oft in einem anderen Bundesland, wohnhaft geworden.
„Niedersachsen hatte es in den letzten Jahren nicht immer leicht. Der Strukturwandel dauert an, aber es gibt positive Signale“, sagt Landeschef McAllister. So sei das Land ein Gewinner der Bundeswehrreform. Auch von der Energiewende könne der Flächenstaat profitieren. „Wir sind das führende Land der Erneuerbaren Energien. Niedersachsen handelt, während die anderen Länder zaudern.“
In der Tat findet zwischen Emden und Cuxhaven eine zweite Industrialisierungswelle statt – an Land und auf Wasser. Seit 2009 ist mit dem Offshore-Windpark Borkum West vor der Nordseeküste der erste Komplex dieser Art in Deutschland in Betrieb, weitere sechs Windparks in der Nordsee sind aktuell in Bau. In Aurich, Ostfriesland, beschäftigt Enercon – der größte deutsche Hersteller von Windkraftanlagen – mehr als 3000 Menschen. Dank dieser Entwicklung und der in Niedersachsen sehr präsenten Autoindustrie wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2011 um 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nur Berlin wuchs im gleichen Zeitraum noch kräftiger (4,5 Prozent).
Niedersachsen hinkt hinterher
Wahr ist aber auch, dass Niedersachsen in punkto Wirtschaftskraft den anderen Bundesländern noch immer hinterhinkt. Das BIP je Einwohner beläuft sich auf 28.306 Euro. Im Bundesschnitt sind es 31.440 Euro. Niedersachsen liegt hier nur auf Rang 10 - obwohl das Land für die Stärkung seiner Infrastruktur und Wirtschaftskraft seit 1990 aus dem Länderfinanzausgleich rund zehn Milliarden Euro bekommen hat.
Streitthema Bildung - das wollen Niedersachsens Parteien
500 Euro zahlen Studierende pro Semester an Niedersachsens Hochschulen. Die CDU will, dass das so bleibt. Ginge es nach den Liberalen, dürften die Unis bis zu einer Obergrenze je nach Studienfach selbst festlegen, wie viel das Studium kosten soll. SPD und Grüne dagegen wollen die Gebühren spätestens Ende 2014 abschaffen. Die Linke will das Gratis-Studium ab sofort und für alle. Auch die Piraten sind gegen Gebühren.
SPD, Grüne, Linke und Piraten wollen das Abi nach 13 Jahren zurück. Wer die Reifeprüfung schon nach 12 Jahren ablegen will, soll die Möglichkeit dazu auf dem Gymnasium bekommen. CDU und FDP bleiben dabei, dass 12 Schuljahre ausreichen.
Seit 2008 dürfen in Niedersachsen wieder integrierte Gesamtschulen gegründet werden - aber nur, wenn sie andere Schulformen nicht ersetzen und es in jeder Stufe mindestens fünf Parallelklassen gibt. SPD, Grüne, Linke und Piraten wollen auch kleinere Gesamtschulen erlauben.
Der neue Schultyp ist aus CDU- und FDP-Sicht ein großer Erfolg. Oberschulen können mit oder ohne Gymnasialangebot geführt werden. Auch SPD, Grüne und Piraten wollen die Oberschule erhalten, wo Eltern und kommunale Schulträger das wünschen. Die Grünen fordern aber, dass jede Schule einen Weg zum Abitur offenhalten muss.
Alle Parteien sind für den Ausbau. Die CDU setzt vor allem auf den teilgebundenen Ganztag mit verpflichtenden Angeboten an zwei Nachmittagen. Die SPD will nach und nach alle Schulen zu gebundenen Ganztagsschulen ausbauen und ist sich dabei mit den Grünen und den Linken einig. Die FDP will den gebundenen Ganztag vom Willen der Eltern, Schüler und Lehrer abhängig machen.
Ab August 2013 gibt es den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. SPD, Grüne und Linke werfen den CDU und FDP vor, nicht genug Tempo beim Krippenausbau zu machen. Sie befürchten in einigen Regionen eine Klagewelle gegen die Kommunen. Derzeit ist das dritte Kindergartenjahr kostenlos. Piraten und Linke fordern beitragsfreie Kitas.
Auch bei der Ausbildung hapert es. Zwar erklärt die Landesregierung, dass es heute „30 mal mehr Ganztagsschulen gibt“ als zu der Zeit, an der die SPD noch an der Macht war. Dennoch sind die Klassen überdurchschnittlich groß – und der Anteil der Schüler, die Abitur machen, liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Das zeigen die Daten des Bundesländerankings von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der WirtschaftsWoche.
Größte Herausforderung des Landes bleibt aber die Bekämpfung des hohen Schuldenberges.