Landtagswahl in Bayern Staatsausgaben erhöht - Wiederwahl gesichert?

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Quelle: imago images

Der diesjährige Nobelpreisträger William Nordhaus hat gezeigt, wie Politiker mit teuren Wahlgeschenken ihre Wiederwahl sichern wollen. Die Landtagswahl in Bayern ist da keine Ausnahme.  

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Regierende Politiker versuchen oft, Wähler mit Wahlgeschenken hinter dem Ofen hervor zu locken, um im Amt bleiben zu können. Die vor über 40 Jahren etablierte Theorie der politischen Konjunkturzyklen beschreibt, dass dies vornehmlich über Fiskalpolitik geschieht. Vor den Wahlen werden beispielsweise die Staatsausgaben erhöht und unbeliebte Steuererhöhungen besser auf die Zeit nach der Wahl verschoben.

Expansive Fiskalpolitik nach Lehrbuch ist vor der anstehenden Landtagswahl in Bayern am kommenden Sonntag ausgeblieben. Das liegt zum einen daran, dass den deutschen Ministerpräsidenten finanzpolitisch deutlich die Hände gebunden sind. Die Schuldenbremse macht hohe Neuverschuldung nicht mehr möglich und große Teile der Länderausgaben sind durch Bundesgesetzgebung vorbestimmt. Auch steuerpolitisch können die deutschen Ministerpräsidenten nur wenig selbst entscheiden. Die einzige nennenswerte Ländersteuer, über die die Landesregierungen selbst verfügen können, ist die Grunderwerbsteuer. In Bayern liegt der Satz gegenwärtig bei immer noch 3,5 Prozent. Wie in Sachsen wurde er nur in Bayern noch nie erhöht, alle anderen Bundesländer haben die Grunderwerbsteuersätze seit dem Jahr 2007 schon deutlich bis teilweise auf 6,5 Prozent erhöht. Die Bayerische Landesregierung könnte die Grunderwerbsteuer insofern noch als wahltaktisches Instrument einsetzen, wenn sie schon lange eine Steuererhöhung geplant, diese aber erst nach der Landtagswahl umsetzen würde.

Einige politische Maßnahmen hat die Bayerische Landesregierung mit Blick auf die Landtagswahl dennoch ausgerichtet. Das Bayerische Familiengeld beschert allen Familien mit Kindern im Alter zwischen ein und drei Jahren monatlich 250 Euro, ab dem dritten Kind sind es 300 Euro pro Monat. In Kraft getreten ist das Bayerische Familiengeld zum 1. September dieses Jahres. Ebenso das Landespflegegeld, welches Familien für die Pflege ihrer Angehörigen 1000 Euro pro Jahr gewährt, unabhängig davon, ob die zu pflegende Person zu Hause oder in einer Einrichtung gepflegt wird. Sicher hatte die CSU beide Maßnahmen schon lange auf ihrer Agenda, doch hat sie den September 2018, gut sechs Wochen vor der Landtagswahl, nicht zufällig als Starttermin gewählt.

Die Bayern sind mit dem Verteilen von Wahlgeschenken in den deutschen Bundesländern keineswegs allein und auch die Parteizugehörigkeit spielt bei Versuchen, die eigene Wiederwahl zu sichern, keine Rolle. Empirische Studien zeigen beispielsweise, dass in den deutschen Bundesländern vor Wahlen mehr Lehrer und Polizisten eingestellt wurden als in anderen Jahren der Legislaturperiode. Auch wurde mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor Wahlen versucht, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Bemerkenswert ist, wie beharrlich Politiker durch gezielte Maßnahmen vor Wahlen ihre Wiederwahl zu sichern suchen.

Etabliert hat die Theorie der politischen Konjunkturzyklen William D. Nordhaus mit seiner Arbeit „The political business cycle“, die im Jahr 1975 in der Zeitschrift Review of Economic Studies erschienen ist. Vor einigen Tagen erhielt Nordhaus zusammen mit Paul M. Romer den Wirtschaftsnobelpreis. Nordhaus wurde ausgezeichnet für „integrating climate change into long-run macroeconomic analysis“. Mit seiner Arbeit zu politischen Konjunkturzyklen hat das nichts zu tun. Doch ausgerechnet seine Arbeit zu politischen Konjunkturzyklen ist die mit den meisten Zitaten. Das zeigt, wie vielfältig und einflussreich Nordhaus‘ Werk ist.

Niklas Potrafke lehrt an der LMU München und leitet das ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie.

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