Landtagswahlen CDU will Entwicklung in Ostdeutschland stärker fördern als bisher

Im Spätsommer und Herbst stehen schwierige Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen bevor. Die CDU will Erfolge von Populisten verhindern.

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Die CDU will nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland ohne die Linke oder die AfD eine Regierung bilden. Quelle: dpa

Berlin Die CDU will die Lebensverhältnisse in Ostdeutschland 30 Jahre nach dem Mauerfall stärker als bisher dem Westen angleichen und so gegen das weitere Erstarken von Protestparteien angehen. Der Angleichungsprozess stagniere seit über zwölf Jahren, heißt es im der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorliegenden Entwurf für ein entsprechendes Papier, das die CDU-Spitze an diesem Montag in Berlin verabschieden soll. Unter anderem verlangen die Christdemokraten, dass von den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Modellregionen für den 5G-Mobilfunkstandard mindestens zwei in Ostdeutschland liegen sollen.

Mit den Vorhaben will die CDU vor der Europawahl im Mai und den drei schwierigen Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im September und Oktober ein Signal gegen die Rechtspopulisten von der AfD und gegen die Linkspartei setzen. Bei den Wahlen will die CDU verhindern, dass die AfD stärkste Kraft wird und erreichen, dass eine Regierungsbildung ohne Linkspartei und AfD möglich ist. Eine Zusammenarbeit mit der AfD hat die Bundes-CDU formell ausgeschlossen.

Das Papier für die Sitzungen von CDU-Präsidium und -Vorstand am Montag mit seiner Bestandsaufnahme der schwierigen Lage in den Ost-Ländern kann in Teilen auch als Kritik an Kanzlerin Angela Merkel verstanden werden. Seit gut 13 Jahren führt sie die Regierung, Merkel ist somit für die Entwicklung im Land verantwortlich. Bis zum Wechsel zur neuen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember war Merkel zudem 18 Jahre lang CDU-Chefin.

Viele Ost-Regionen hätten mit Abwanderung und Überalterung zu kämpfen, im Lohngefüge und bei den Renten bestünden Unterschiede fort, heißt es in dem unter Federführung des Thüringer CDU-Chefs Mike Mohring und des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer erarbeiteten Papier. Die Bürger der neuen Länder seien überwiegend Gewinner der Einheit. Hinter ihnen liege „ein schwieriger, oft mit persönlichen Opfern verbundener, aber vor allem bewundernswerter Veränderungs- und Aufbauprozess“. Dennoch seien „40 Jahre Teilung und Sozialismus eine Erfahrung, die sich nicht abstreifen lässt“.

In dem Papier unter dem Titel „Was Deutsche Einheit heute heißt: Einheit und Zusammenhalt durch gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland“ heißt es, augenfällig seien Unterschiede in der politischen Kultur des Landes.

So wählten rund 40 Prozent der Bürger mit der Linken und der AfD Flügel- und Protestparteien, „deren politische Erfolge sich zu einem erheblichen Teil aus Skepsis gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und Sozialen Marktwirtschaft und dem Misstrauen gegenüber dem Sicherheitsversprechen des Staates speisen“.

Dazu trügen „erlebte oder empfundene Benachteiligung, Veränderungsmüdigkeit nach einer langen Phase rasanten Wandels“ genauso bei wie das Leben unter Bedingungen der SED-Diktatur. „Eine besondere Sensibilität gegenüber Bevormundung oder kultureller Veränderung sind greifbare Ergebnisse“, heißt es weiter. Prägende politische Milieus, wie sie sich auch in den westdeutschen Ländern zunehmend auflösten, seien in Ostdeutschland „erst gar nicht entstanden oder schon vor Jahrzehnten zerstört worden“.

Ein besonderes Augenmerk liege auf den Interessen von Familien mit Kindern und der Älteren, heißt es in den 21 Punkten des Papiers. So fordert die CDU Investitionen in wohnortnahe Kindergärten und Schulen, die Absicherung medizinischer und pflegerischer Dienste, einen bedarfsgerechten öffentlichen Nahverkehr und eine bessere Anbindung der Mittelzentren im Osten an den Bahn-Fernverkehr.

Flächendeckende Strukturschwäche

In einem „Zukunftstest“ sollen für jede Region des Landes wirtschaftliche Perspektiven aufgezeigt oder entwickelt werden, „die so überzeugend sind, dass die Bürger dort auch für sich selbst eine Zukunft sehen“. Voraussetzung seien verlässliche und ausreichend leistungsfähige Glasfaser- und Mobilfunknetze an jedem Ort. Die weitgehend flächendeckende Strukturschwäche im Osten solle bei der Ausstattung mit finanziellen Fördermitteln berücksichtigt werden.

In der Unterstützung von Forschung, Innovation und Wachstum sieht die CDU eine wesentliche Säule der Strukturförderung. Das Programm „Wandel durch Innovationen in der Region“ („WIR“) solle in Ost wie West zum zentralen Instrument für Regionen im Strukturwandel gemacht werden. Zudem plädiert die Partei dafür, im Rahmen der Initiative der Bundesregierung zur Förderung Künstlicher Intelligenz (KI) zwei sogenannte KI-Transferzentren in Ostdeutschland anzusiedeln.

Wichtiger Punkt ist auch die Rentenpolitik. So seien die Erwerbsbiografien zahlreicher Ostdeutscher durch den wirtschaftlichen Anpassungsprozess nach 1990 beeinträchtigt worden. „Dafür brauchen wir eine eigenständige Lösung.“ Erwähnt wird auch die von Mohring vorangetriebene Arbeit an einer Grundrente, die für alle zehn Prozent über der Grundsicherung liegen soll.

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