In normalen Zeiten wäre dies eine kaum vorstellbare Zahl gewesen. In der neuen Normalität der Corona-Ära hingegen hat man sich schon fast an sie gewöhnt: fast 95 Milliarden Euro sind seit Ausbruch der Pandemie für Wirtschaftshilfen abgeflossen – und die Mittel für Kurzarbeit sind da noch gar nicht mitgezählt.
Allerdings werden die beispiellosen Hilfen von Anfang an von Kritik begleitet. Erst ging das Geld zu unbürokratisch an Firmen, es folgten zahlreiche Missbrauchsfälle. Dann wurden immer neue Instrumente in Stellung gebracht, Bezugskriterien gewechselt, das Kleingedruckte geändert. Nicht zuletzt dauerte die Programmierung der Plattform wochenlang.
Wegen der schleppenden Auszahlung dieser Coronahilfen an Unternehmen stand das Bundeswirtschaftsministerium entsprechend in der Kritik. Nun aber erhöht der Bund seinerseits den Druck auf die Länder und verlangt mehr Tempo: „Alle aktuellen Coronahilfen sind seit mehreren Wochen und Monaten im sogenannten Fachverfahren und damit in Zuständigkeit und Regie der Länder. Die Auszahlungen laufen in den meisten Ländern auch sehr gut, so dass täglich mehr Geld fließt“, sagte Ulrich Nußbaum, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, der WirtschaftsWoche.
Verzögerungen gäbe es jedoch teilweise weiterhin – und zwar vor allem bei den großvolumigen Anträgen von Unternehmen: „Einige warten noch immer auf die vollständige Auszahlung der November- und Dezemberhilfe durch die Länder“, sagt Nußbaum. „Daher appelliere ich an die Länder den Fokus auf diese Anträge zu richten, denn hinter diesen Anträgen stehen viele Arbeitsplätze, die nicht gefährdet werden dürfen.“
Bisher sind über diese beiden Instrumente rund 10,5 Milliarden Euro geflossen, Anträge können nicht mehr gestellt werden. Nach Informationen der WirtschaftsWoche sind damit zwar sowohl bei der November- wie der Dezemberhilfe mittlerweile länderübergreifend zwischen 93 und 97 Prozent aller Anträge ausgezahlt. Bezogen auf das finanzielle Volumen gibt es zwischen einzelnen Bundesländern allerdings tatsächlich große Spannen: Bei der Dezemberhilfe wurden vom Land Berlin erst 61 Prozent der beantragten Mittel ausgezahlt, im Saarland hingegen fast 94 Prozent. Bei der Novemberhilfe wiederum reicht die Auszahlungsquote nach Antragsvolumen von 76 Prozent in Hamburg bis zu 95 Prozent in Thüringen. Gerade die noch ausstehenden Anträge müssen also für verhältnismäßig große Summen und Unternehmen stehen.
Bei der derzeit geltenden Überbrückungshilfe III sind mittlerweile rund 3,6 Milliarden Euro ausgezahlt worden – das entspricht rund der Hälfte der Mittel, die notleidende Betriebe beantragt haben. Zuletzt wurde der Topf noch einmal für mehr Unternehmen geöffnet, etwa junge Start-ups. Darüber hinaus legen Bund und Länder auch noch einen Härtefallfonds auf, der jenen Hilfssuchenden offen stehen soll, die weiterhin durch das Raster der bestehenden Wirtschaftshilfen fallen.
Letzterer sei am 19. März mit den Ländern abschließend festgezurrt worden, bestätigt das Bundeswirtschaftsministerium. „Bundesseitig ist damit alles erledigt“, sagt Staatssekretär Nußbaum. „Der Bund stellt 750 Millionen Euro zur Verfügung und unterstützt auch bei der IT. Jetzt sind die Länder an der Reihe. Die Härtefallhilfen der Länder müssen zügig an den Start gehen, damit auch diese Hilfen in der aktuellen schwierigen Lage schnell bei Unternehmen und Beschäftigten ankommen.“
Auch hier also sieht sich nun der Bund zur Abwechslung in der Rolle des Tempomachers – und nicht mehr auf der Bremserposition.
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