
Als Katja Kipping bei der Eröffnungsrede des Europaparteitags in Hamburg zu den Delegierten sprach, blickte die Parteivorsitzende der Linken in die Vergangenheit, zurück in die Vierzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, als drei von den Nazis inhaftierte Gefangene in Italien von einem freien Europa träumten. Auf Zigarettenpapier schrieben sie ein Manifest der sozialistischen Idee, in der sie die „Emanzipation der Arbeiterklasse für ein besseres Europa“ forderten. Der Linken-Chefin gefällt die Idee so gut, dass sie die Forderung vor den Versammelten im Hamburger Congress Centrum wiederholte. Das sei ja auch heute noch aktuell.
Arbeiterklasse, Finanzkapitalismus, Umverteilung – es sind solche Klassenkampf-Begriffe, die den Europaparteitag der Linken prägen und zeigen, wo die Partei heute noch immer steht. Sie hängt an der Rhetorik vergangener Zeiten, an den Theorien des Marxismus. Im Gepäck hatten die Delegierten nur die alten, klassenkämpferischen Forderungen: „Wer Europa will, muss es von den Reichen nehmen“, sagt Kipping. Ihr männliches Pendant Bernd Riexinger forderte, man müsse „den wahnwitzigen Reichtum der Millionäre und Milliardäre abpumpen“.
Die Partei, die bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren 7,5 Prozent holte, präsentiert sich weiterhin realitätsfern und dogmatisch. Sie will die Banken verstaatlichen, Investmentbanking verbieten, Exporte und Standortverlagerungen innerhalb der EU bestrafen, den Nato-Austritt herbeiführen, Arbeitszeiten verkürzen und Vermögensteuern einführen. Zwar strich die Partei den umstrittenen Passus, die Europäische Union sei „undemokratisch“ und „militaristisch“ aus der Präambel des Europaprogramms, doch das ist allenfalls Kosmetik für die Medien. In Wahrheit geißelten die meisten Redner von Sahra Wagenknecht bis Riexinger wortwörtlich den „Militarismus der EU“. Es wäre ehrlicher gewesen, sie hätten den Satz in der Präambel stehen gelassen.