
Mitten in zwei Landtagswahlkämpfen steht die Linkspartei ohne Vorsitzende da. Wenige Wochen vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist Parteichefin Gesine Lötzsch überraschend zurückgetreten. In einer Mail schrieb Lötzsch: „Meine familiäre Situation lässt eine häufige Abwesenheit von meinem Wohnort Berlin nicht mehr zu.“ Die Entscheidung habe sie „reiflicher Überlegung“ gefällt, so die auch parteiintern umstrittene Politikerin. Lötzsch kündigte an, sie wolle sich in Zukunft auf ihr Mandat als Bundestagsabgeordnete konzentrieren.
Linken-Vorsitzende Lötzsch tritt zurück
Die 50-Jährige ist seit Mai 2010 zusammen mit Klaus Ernst Vorsitzende der Linkspartei. Noch im Oktober hatte sie erklärt, dass sie bei der Wahl der neuen Parteiführung in diesem Jahr erneut für den Parteivorsitz kandidieren wolle. Lötzsch und Ernst standen seit Monaten wegen schwacher Umfragewerte unter Druck. Parteiintern wurde bereits damit gerechnet, dass bei einer Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai die Debatte um die Vorsitzenden neu angefacht wird. Die Linkspartei könnte Umfragen zufolge in Nordrhein-Westfalen den Wiedereinzug in den Landtag verpassen.
Opfer der Piraten
Damit würde die aus PDS und WASG hervorgegangene Partei fünf Jahre nach ihrer Gründung ein verheerendes Signal aussenden. Die Wahl zwischen Rhein und Ruhr gilt als wichtiger Test für die Bundestagswahl 2013.
Beobachtern zufolge könnte die Linkspartei ein Opfer des Erfolgs der Piratenpartei werden, die zuletzt auch bundesweit deutlich an Zustimmung gewann. Beide Parteien schöpfen aus dem großen Reservoir der Politikverdrossenen, die sich von Union, SPD, FDP und Grünen abwenden. Nach Umfragen gelingt es den Piraten aber besser als der Linkspartei, Protestwähler anzuziehen.
Ihr plötzlicher Rücktritt zwingt der Partei jetzt vor den Landtagswahlen Anfang Mai eine Führungsdebatte auf. Für die Nachfolge Lötzschs muss die Linke eine Frau wählen. Wer das sein könnte, ist noch nicht abzusehen. Auch wer die männliche Hälfte der Doppelspitze stellt, ist noch unklar. Ernst hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob er noch einmal kandidiert. Einen Gegenkandidaten hat er aber schon. Bundestagsfraktionvize Dietmar Bartsch hatte seinen Hut schon Ende November in den Ring geworfen.