Luftverschmutzung durch Diesel Welche Städte von Fahrverboten betroffen wären

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Frankfurt, Köln und München

Frankfurt

Die Main-Metropole macht ihren rund 140.000 Dieselfahrern (davon 90.000 mit Euro 5 oder schlechter) Hoffnung. Auf die Anfrage der WirtschaftsWoche, ob Maßnahmen vorgesehen seien, mit denen Fahrverbote für Diesel kurzfristig umgesetzt werden könnten, antwortete die Stadtverwaltung knapp: "Nein". Schnell wird in Frankfurt also erst einmal nichts passieren – wohl auch, weil die Stadt keine Möglichkeit sieht, Fahrverbote umzusetzen, solange es keine Kennzeichnung von vergleichsweise sauberen Dieseln (Euro 6) mittels "Blauer Plakette" gibt. Damit ist die Stadt auf einer Linie mit dem Land Hessen: Mit der "Blauen Plakette" könne "ein Instrument gegen die Stickstoffdioxidproblematik geschaffen werden", heißt es im hessischen Umweltministerium. Das Land setze sich deshalb auch bei der Bundregierung für die bundesweite Einführung der "Blauen Plakette" ein. Fahrverbote seien dagegen, so das Ministerium, "das letzte Mittel der Wahl". Die "Blaue Plakette" hätte strengere Voraussetzungen als die bislang übliche "Grüne Plakette". In der Umweltzone in Frankfurt sind seit fünf Jahren nur noch Dieselfahrzeuge und Benziner mit einer solchen Plakette zugelassen. Nicht alle Autofahrer halten sich an das Einfahrverbot für ältere Autos: Über 31.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen fehlender oder falscher Plakette leitete die Stadt 2016 gegen Autofahrer ein. 2017 waren es rund 17.000. Die Autofahrer wurden mit Bußgeldern von 55 bis 80 Euro bestraft, was Frankfurt Zusatzeinnahmen von 3,7 Millionen Euro in den zwei Jahren bescherte.

Köln

In Köln hat der Stadtrat im Februar "die Einführung der sogenannten Blauen Plakette" beschlossen. Dadurch würde "nur Dieselfahrzeugen mit niedrigem Schadstoffausstoß die Einfahrt in die Umweltzone gestattet", heißt es in einem Ratsbeschluss. Was nach einem Fakt klingt, ist in Wahrheit eher eine Willensbekundung. Denn die "Blaue Plakette" muss auf Bundesebene beschlossen werden. Passiert das nicht, ist dieser Teil des Ratsbeschlusses in Köln hinfällig. Immerhin – Köln hat der Plakette vorsorglich schon den Weg geebnet. Auch sonst gibt sich die Stadt entschlossen: "Unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2018", so heißt es in einer Antwort der Stadtverwaltung an die WirtschaftsWoche, "wird die Bezirksregierung in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln einsteigen." Zu Fahrverboten werde es "Ausnahmeregelungen geben, die landesweit gültig zur Anwendung kommen sollen." Zu dieser Frage liefen derzeit "Abstimmungsgespräche mit der Landesregierung".

Kurzfristig würde Köln, wo es 117.000 Halter älterer Diesel (Euro 1 bis 5) gibt, bei einem entsprechenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes wohl nicht an Fahrverboten vorbeikommen. Ein von der Stadt Köln beauftragtes Gutachten zeigt laut Stadtverwaltung "deutlich, dass wir ohne Fahrbeschränkungen die Grenzwerte an den Hauptbelastungspunkten unserer Stadt in absehbarer Zeit nicht einhalten werden." Aber: Ein "pauschales Dieselfahrverbot ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Schadstoffausstoß" werde es nicht geben, da es "die Funktionsfähigkeit unserer Stadt gefährden würde". Außerdem sieht Köln die Autohersteller in der Verantwortung: "Nach Auffassung der Stadt ist es ganz entscheidend, dass die Automobilindustrie zügige Hardware-Umrüstungen umsetzt. Auch hier ist die Bundesregierung gefragt und muss endlich handeln."

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München

In der Landeshauptstadt drohen 185.000 Dieselbesitzern mit älteren Fahrzeugen (Euro 1 bis 5) Fahrverbote. Denn nach einer vom Bayerischen Landesamt für Umwelt beauftragten Modellrechnung wird in München an 24 Prozent des 511 Kilometer langen Hauptverkehrsstraßennetz die Stickoxid-Grenzwerte überschritten. "Jede einzelne Streckensperrung hätte folglich eine Wechselwirkung mit anderen Bereichen, so dass eine reine räumliche Verlagerung des Verkehrs und damit eine Verschlechterung der Luftsituation an anderer Stelle nicht zielführend sind", warnt die Stadtverwaltung. Die Stadt warnt auch vor einem monströsen Verwaltungsaufwand: "Sollten alle von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßenabschnitte für Diesel-Fahrzeuge gesperrt werden, wäre dies mit einem Aufwand von rund 130.000 Straßenschildern im Stadtgebiet zu Kosten von über 18 Millionen  Euro verbunden". Für Bestellung, Produktion und Aufstellung der Straßenschilder rechnet die Stadt mit einem Zeitaufwand von zwei bis drei Jahren. "Zudem", so erklärte die Stadtverwaltung der WirtschaftsWoche, "müssten dauerhaft rund 100 Personalstellen für die Prüfung und Ausstellung von Ausnahmegenehmigungen für betroffene Anwohner und Anlieger in der Stadtverwaltung eingestellt werden." Wie Köln sieht auch die Heimatstadt von BMW auch die Autohersteller am Zug. Stephanie Jacobs, Münchner Referentin für Gesundheit und Umwelt: "Nur der Bund kann die Automobilindustrie für verpflichtende und wirksame Nachrüstungen der betroffenen Fahrzeuge in die Pflicht nehmen."

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