Maas zu den Übergriffen in Köln Übergriffe waren „abgestimmt oder vorbereitet“

Die Zahl der Strafanzeigen zu den Kölner Übergriffen steigt drastisch an. Das BKA will ein Lagebild zu sexueller Belästigung durch Gruppen erstellen und Bundesjustizminister Maas geht von geplanten Taten aus.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Zahlreiche Menschen sind in der Silvesternacht 2015/2016 auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs zu sehen Quelle: dpa

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geht davon aus, dass die Silvester-Angriffe auf Frauen organisiert waren. "Wenn sich eine solche Horde trifft, um Straftaten zu begehen, scheint das in irgendeiner Form geplant worden zu sein. Niemand kann mir erzählen, dass das nicht abgestimmt oder vorbereitet wurde", sagte Maas "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht. "Wir müssen dringend aufklären, wie es zu diesen abscheulichen Taten kommen konnte."

Auch einen Zusammenhang zwischen den Attacken auf Frauen in mehreren deutschen Städten schließt Maas nicht aus: "Alle Verbindungen müssen sehr sorgfältig geprüft werden. Der Verdacht liegt nahe, dass hier ein bestimmtes Datum und zu erwartende Menschenmengen herausgesucht wurden. Das hätte dann noch einmal eine andere Dimension."

Wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf vertrauliche Polizeiberichte berichtete, riefen nordafrikanische Gruppen offenbar über soziale Netzwerke Landsleute dazu auf, in der Silvesternacht nach Köln zu kommen. Demnach wurden Nordafrikaner aus Köln und Umgebung, aber auch aus Nachbarländern aufgefordert, zum Kölner Hauptbahnhof zu fahren.

Maas warnte jedoch davor, aus den Vorfällen Rückschlüsse über die Gesetzestreue von Migranten zu ziehen. "Aus der Herkunft eines Menschen abzuleiten, dass er eher straffällig wird oder nicht, halte ich für abenteuerlich", sagte der Minister der "BamS". Statistische Erhebungen über die Straffälligkeit von Flüchtlingen zeigten, dass die Kriminalitätsrate genauso hoch sei wie bei Deutschen.

Auch sei es "schlicht falsch" zwischen den Exzessen in Köln und dem Flüchtlingszuzug einen Zusammenhang zu sehen: "Natürlich sind unter den mehr als eine Million Menschen auch solche, die Straftaten begehen", sagte Maas. Es gebe aber keinen Hinweis darauf, dass die Anzahl der Straftaten durch den Zuzug überproportional gestiegen sei.

Nach den Geschehnissen der Silvesternacht in Köln will das Bundeskriminalamt (BKA) systematisch gegen gemeinschaftlich begangene sexuelle Belästigung von Frauen vorgehen. „Dazu werden kurzfristig die Fakten zu gleich gelagerten Vorfällen aus allen Bundesländern zusammentragen, um ein genaues Bild der Lage zu ermöglichen“, teilte das BKA auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ mit. Die Entscheidung sei gemeinsam mit den Leitern der Kriminalpolizeien der Länder getroffen worden. Auf dieser Basis sollten dann bundesweit „Bekämpfungsansätze“ umgesetzt werden, hieß es.

Das Bundeskriminalamt teilte dem Bericht zufolge mit, es nehme „die Ereignisse der Silvesternacht wie auch die damit verbundene Verunsicherung in der Bevölkerung sehr ernst“. Das BKA kenne aus einigen arabischen Ländern das Phänomen der gemeinschaftlich begangenen sexuellen Belästigung von Frauen durch junge Männer in der Öffentlichkeit, besonders während großer Menschenansammlungen. Dies reiche bis hin zu Vergewaltigungen. Ein vergleichbares Phänomen sei in Deutschland bislang nicht bekannt.

Polizei löst Rechten-Demo am Samstag auf

Nach Flaschenwürfen auf Beamte hatte die Polizei am Samstag in Köln eine Demonstration von Rechtsextremisten, Hooligans und Pegida-Anhängern aufgelöst. Aus der Menge von etwa 1700 Demonstranten - zumeist Hooligans - seien immer wieder Flaschen, Böller und Steine geworfen worden, teilte die Polizei mit. Die Polizei setzte schließlich Wasserwerfer ein und beendete die Veranstaltung. Nach vorläufigen Angaben wurden mehrere Polizisten und ein Journalist verletzt. 15 Demonstranten wurden in Gewahrsam genommen, um weitere Straftaten zu verhindern, teilte die Polizei am Abend mit.

In unmittelbarer Nähe protestierten gleichzeitig mehr als 1300 Menschen überwiegend friedlich gegen Rassismus und Sexismus. Hintergrund beider Demonstrationen waren die massiven sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in der Domstadt.

Die Zahl der Strafanzeigen nach Vorfällen an Silvester hat sich unterdessen drastisch erhöht. Inzwischen gebe es 379 Anzeigen, teilte die Polizei am Samstag mit. In etwa 40 Prozent der Fälle ermitteln die Kriminalbeamten demnach unter anderem wegen Sexualstraftaten. Der Blick der Polizei richtet sich den Angaben zufolge größtenteils auf Personen aus nordafrikanischen Ländern. Es müsse aber noch ermittelt werden, ob sie mit konkreten Straftaten in Verbindung gebracht werden können. Aus einer Menge von rund 1000 Männern heraus sollen kleine Gruppen Frauen umzingelt, bedrängt und bestohlen haben.

Die Demonstration am Samstag war von Pegida NRW angemeldet worden und wurde unter anderem von der rechten Partei Pro Köln unterstützt. Die Einsatzkräfte waren mit einem Großaufgebot auf dem Breslauer Platz hinter dem Kölner Hauptbahnhof. Neben rund 1700 Beamten der Landespolizei waren nach Angaben einer Sprecherin mehrere Hundertschaften der Bundespolizei im Einsatz.

Schon beim Eintreffen der Demonstranten hatte die Polizei von einer aggressiven und aufgeheizten Stimmung berichtet. Kurz nachdem sich der Pegida-Demonstrationszug nach einer Kundgebung in Bewegung gesetzt hatte, flogen Gegenstände. Die Polizei drohte zunächst über Lautsprecher mit dem Einsatz von Wasserwerfern und Schlagstöcken. Schließlich stoppte der Einsatzleiter den Umzug und forderte die Demonstranten auf, zurück zum Breslauer Platz zu gehen. Von dort wurden sie unter Polizeibegleitung zu ihren Zügen gebracht. Im Nachhinein gab es noch einige kleinere Rangeleien an verschiedenen Orten.

In Köln hatten sich in der Silvesternacht nach Polizeiangaben kleinere Gruppen aus einer Menge von rund 1000 Männern gelöst, die vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Die Zahl der Strafanzeigen nach den Geschehnissen erhöhte sich nach und nach auf fast 400. Zahlreiche Opfer und Zeugen sprachen von Tätern nordafrikanischer oder arabischer Herkunft.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%