Machtpoker an der Küste FDP will nicht mit Albig koalieren

Nach dem Wahlbeben im Norden hat der Koalitionspoker an der Küste begonnen. Die Nebelschwaden lichten sich nur langsam. Ein Jamaika-Bündnis scheint zum Favoriten zu werden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD,l) und der CDU-Spitzenkandidat und Wahlgewinner Daniel Günther. Quelle: dpa

Einen Tag nach der Landtagswahl sucht Schleswig-Holstein den besten Kurs zur Regierungsbildung. Der Wahlsieger CDU schließt eine große Koalition mit dem Wahlverlierer SPD praktisch aus. Die Chance für eine SPD-geführte Ampelkoalition mit Grünen und FDP sehen die Freidemokraten fast - wenn auch nicht ganz - bei Null. Die Grünen geben die Hoffnung darauf aber noch nicht auf. Im Mittelpunkt der Diskussionen steht deshalb ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von CDU, Grünen und FDP. Vor der nächsten Landtagswahl am Sonntag in Nordrhein-Westfalen dürfte es allerdings keine Entscheidung geben.

Bei der SPD war Wundenlecken angesagt. „Es gibt manchmal Momente im Leben, wo der Beifall wie warmer Regen ist“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in der Berliner Parteizentrale. Angesichts des dramatischen Signals von der Waterkant für seinen Wahlkampf spielten führende Sozialdemokraten die bundesweite Bedeutung herunter - und machten Ministerpräsident Torsten Albig als allein Schuldigen aus.

Es sei „nicht mehr so sehr um politische, um Gerechtigkeitsthemen“ gegangen, „sondern eher um Dinge wie das Privatleben des Ministerpräsidenten“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley im NDR. Sie spielte damit auf ein viel kritisiertes Interview Albigs an, in dem er sich zur Trennung von seiner Frau geäußert hatte, die sich um Haus und Kinder gekümmert habe und nicht mehr auf Augenhöhe mit ihm gewesen sei. Und Bundesparteivize Ralf Stegner betonte im ZDF, dass die SPD im Norden durchaus vom Kanzlerkandidaten profitiert habe: „Martin Schulz hat uns schon deutlich geholfen.“ Barley erklärte, auch in Schleswig-Holstein sei die Zustimmung zur Bundespolitik der SPD ungebrochen bei um die 30 Prozent.

CDU-Wahlsieger Daniel Günther schloss eine große Koalition im Norden so gut wie aus. „Wir liegen so eindeutig vor der SPD, die Menschen in Schleswig-Holstein wollen einen richtigen Wechsel. Das geht nur, wenn die CDU die Landesregierung anführt“, sagte er in Berlin. Eine große Koalition wäre „das falscheste Signal“ nach so einer Wahl. Seine Priorität sei klar: eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP.

Das ist allerdings nicht die der dafür benötigten Grünen. Aus der inhaltlichen Analyse spreche für die Grünen mehr dafür, eine Ampelkoalition zumindest zu sondieren, sagte der grüne Landesumweltminister Robert Habeck, das Zugpferd der Partei bei der Wahl.

Aus FDP-Sicht ist eine Ampel aber sehr unwahrscheinlich, und „unter Führung von Torsten Albig ist sie wirklich ausgeschlossen“, sagte Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki. Dann doch eher Jamaika. FDP-Chef Christian Lindner wertete den Wahlausgang als „Motivationsschub für die gesamte FDP mit Blick auf die Bundestagswahl“.



Die Blicke richteten sich auch auf die NRW-Wahl am Sonntag. Der dortige CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet sagte in Berlin: „Herr Albig hat einen Fehler gemacht, den ich finde, Frau Kraft auch macht: Dass sie nämlich nicht klar ein Bündnis mit der Linken ausschließt. (...) Ich fordere sie jetzt auch noch einmal auf, Rot-Rot-Grün ein für alle mal auszuschließen.“

NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft wollte partout keine Auswirkungen der SPD-Niederlagen im Saarland und in Schleswig-Holstein auf ihr Land sehen: „Beide Länder sind nicht mit Nordrhein-Westfalen vergleichbar und haben völlig andere Strukturen“, sagte sie der dpa. „Es gab in Schleswig-Holstein auch individuelle Fehler vor Ort, die die Kollegen jetzt selbst analysieren müssen.“

FDP und Grüne erzielten an Sonntag jeweils zweistellige Ergebnisse und hätten sowohl mit der CDU als auch mit der SPD eine Mehrheit im neuen Landtag. Für die in den vergangenen fünf Jahren regierende Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW - die Partei der dänischen Minderheit - reichte es nicht mehr.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU auf 32,0 die SPD auf 27,2 Prozent, die Grünen erreichten 12,9, die FDP zieht mit 11,5 und die AfD mit 5,9 Prozent in den Landtag.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%