Managergehälter DIW-Präsident für schärfere Boni-Regeln

Die Debatte um Millionen-Boni für Top-Manager gewinnt an Fahrt. Während DIW-Chef Marcel Fratzscher wie die SPD für schärfere Regeln plädiert, hält die Union das bestehende Recht für ausreichend.

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Die Debatte um Managergehälter hält Politik und Wirtschaft in Atem. Quelle: dpa

Berlin Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat die Politik aufgefordert, Exzessen bei Manager-Boni mit schärferen Gesetzen zu begegnen. „Die Politik sollte die Gesetze so anpassen, dass Manager mehr Verantwortung auch in Schadensfällen übernehmen müssen und sehr langfristige Anreize haben“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt.

Der Ökonom begründete seine Forderung damit, „dass die Vergütung von Führungskräften zu perversen Anreizen und im Extremfall zu einem hohen Schaden für Unternehmen und für den Steuerzahler führen kann“. „Manager übernehmen gerne die persönliche Verantwortung für unternehmerische Erfolge, aber sie verweigern meist eine persönliche Verantwortung für ein Scheitern“, betonte der DIW-Chef. Fratzscher sprach in diesem Zusammenhang von einer „asymmetrischen Verantwortung von Managern“, die in vielen Fällen ein Fehlverhalten verursache.

Fratzscher warnte zugleich davor, mit Verboten die „Exzesse“ bei Manager-Boni unter Kontrolle zu bekommen. Aufsichtsräte und Vorstände würden Wege finden, Verbote zu umgehen, sagte der DIW-Chef.

Der Ökonom reagierte damit auf Überlegungen der SPD. Die Sozialdemokraten wollen im Bundestagswahlkampf für eine Verschärfung der Boni-Regelungen eintreten. Das geht nach Informationen des Handelsblatts aus dem Zwischenbericht der sogenannten „Perspektiv-Arbeitsgruppe 1“ für die Erarbeitung des Wahlprogramms hervor. In dem Bericht heißt es: „Wir werden die steuerliche Absetzbarkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern, einschließlich Boni und von Abfindungen auf maximal 50 Prozent der Beträge begrenzen, die 500.000 Euro übersteigen. Dazu brauchen wir eine wirksame Langfristorientierung der Vergütungs- und Bonisysteme und ein festgeschriebenes Maximalverhältnis zwischen Grundgehalt und Boni.“

In der SPD wird die Positionierung auch als Antwort auf die Boni-Debatte bei den angeschlagenen Dax-Konzernen Volkwagen und Deutsche Bank gesehen. „Das wichtigste ist, Boni an hochbezahlte Manager nicht auch noch durch den Steuerzahler zu subventionieren“, sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, dem Handelsblatt. Schneider ist Mitglied der von Parteivize Torsten Schäfer-Gümbel und Fraktionsvize Hubertus Heil geleiteten Arbeitsgruppe für die Themen Wirtschaft, Bildung, Investitionen und Finanzen.

Der frühere SPD-Fraktionsvize Joachim Poß geht noch weiter und fordert eine gesetzliche Regelung, wonach Manager bei nachträglich aufgedecktem Fehlverhalten bereits ausgezahlte Boni an das Unternehmen zurückzahlen müssen.  Dass es mit gutem Willen nicht gehe, zeige die Auseinandersetzung zwischen dem Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Wir sollten deshalb eine Verschärfung des Aktiengesetzes prüfen, um eine Möglichkeit zu schaffen, Boni von Managern wieder zurückzufordern, wenn sie, wie bei der Deutschen Bank oder VW, an Handlungen zum Nachteil ihrer Unternehmen beteiligt waren“, sagte Poß dem Handelsblatt.


Union lehnt SPD-Vorstoß ab

Da das „Boni-Unwesen“ schon längst nicht mehr nur den Finanzsektor betreffe, sollten auch andere Wirtschaftsbereiche in eine Regelung einbezogen werden, sagte Poß weiter. „Ich fände es gut, wenn Herr Schäuble mit seiner Hartnäckigkeit und Sturheit das Thema weiter vorantreiben und sich auch das Justizministerium für eine Gesetzverschärfung offen zeigen würde.“  Schäuble hatte Ackermann für dessen Absage an einen Verzicht auf Bonuszahlungen seines früheren Arbeitgebers kritisiert, was dieser scharf zurückwies.

Die Union wies den SPD-Vorstoß zurück. „Der Gedanke der Eigenverantwortung von Unternehmen und ihren Stakeholdern kommt mir bei der SPD inzwischen wieder viel zu kurz. Sie ist hier ganz offenbar schon voll im Wahlkampfmodus“, sagte der Vize-Chef der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU), dem Handelsblatt. Fuchs betonte zudem, dass die Frage, ob rechtmäßig erlangte Boni zurückgezahlt würden, „eine Frage des Anstands“ sei, „die sich nur schwer in Gesetzestext gießen lässt“. Bei Pflichtverletzungen könne man überdies jetzt schon Schadensersatz verlangen, fügte der CDU-Politiker hinzu.

Auch der Vorstandsvorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK), Daniel Bauer, hält wenig von den SPD-Überlegungen. Die steuerliche Absetzbarkeit zu begrenzen halte er für „deutlich übertrieben“, sagte Bauer dem Handelsblatt. „Erstens verkompliziert man das Steuerrecht noch einmal, zweitens ist der Betrag von 500.000 Euro pro Jahr je Kopf deutlich zu gering und drittens hilft das wenig gegen exorbitante Entlohnungen, da es nur das Unternehmen belastet, welches mehr als 500.000 Euro im Jahr zahlen muss, um die besten Köpfe zu bekommen.“ 

Das Thema Managervergütung hatte die SPD auch schon im vergangenen Bundestagswahlkampf aufgegriffen. Im damaligen Wahlprogramm mit dem Titel „Das Wir entscheidet“ findet sich ein entsprechender Passus, der nun in das neue Wahlprogramm fast wortgleich übernommen werden soll. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union im Jahr 2013 konnten sich die Sozialdemokraten mit ihren Vorstellungen jedoch nicht durchsetzen.  Um mehr Transparenz bei Managergehältern herzustellen, wurde im Koalitionsvertrag allerdings fest vereinbart, dass künftig die Aktionäre auf der Hauptversammlung über die Vorstandsvergütung entscheiden sollen.

Doch die Pläne liegen seit mehr als zwei Jahren auf Eis. Justizminister Heiko Maas (SPD) will abwarten, wie die EU das Problem reguliert. In Brüssel arbeitet die EU-Kommission schon länger an einer Neufassung der europäischen Aktionärsrechte-Richtlinie. Dem Vernehmen nach gibt es inzwischen eine politische Einigung. Eine Beschluss der Novelle ist demnach für Januar anvisiert.

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