Mantelkäufe Verfassungsgericht kippt Regelung gegen Steuerschlupfloch

Die seit 2008 bestehende Regelung zur Verhinderung von Mantelkäufen ist grundgesetzwidrig erklärt. Durch diese Verkäufe konnten Unternehmen Steuern sparen. Der Bundestag muss das Körperschaftsteuergesetz rückwirkend ändern.

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Der gekippte Paragraf 8c des Körperschaftsteuergesetzes stammt aus der Unternehmenssteuerreform von 2008. Quelle: dpa

Karlsruhe Das Bundesverfassungsgericht hat eine zentrale Regelung zur Schließung von Steuerschlupflöchern bei der Besteuerung von Unternehmen für verfassungswidrig erklärt und eine rückwirkende Neuregelung verlangt. Dabei geht es um den Kauf und Verkauf von sogenannten Unternehmens-Mänteln: Hinter dem Begriff verbirgt sich die Praxis, ein anderes Unternehmen, das seinen Betrieb längst eingestellt hat, nur wegen dessen steuerlichen Verlustvorträgen zu kaufen, um die Steuerlast des eigenen Unternehmens zu drücken. Das Gericht befand in seiner am Freitag veröffentlichten Entscheidung, dass die Regelung zur Verhinderung solcher Mantelkäufe verfassungswidrig sei. (AZ: 2 BvL 6/11)

Der nun gekippte Paragraf 8c des Körperschaftsteuergesetzes stammt aus der Unternehmenssteuerreform von 2008. Er sieht vor, dass bei der Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile der Verlustvortrags des gekauften Unternehmen komplett verfällt. Bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 Prozent bis 50 Prozent entfällt der Verlustvortrag anteilig. Nur bei einer Anteilsübertragung von 25 Prozent oder weniger bleibt der Verlustvortrag erhalten. Im konkreten Fall sollte eine Gesellschaft trotz hoher Verluste nach einem Teilverkauf noch rund 43.000 Euro Körperschaftsteuer bezahlen.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Regelung für grundgesetzwidrig. „Es fehlt ein sachlich einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte“, hieß es zur Begründung. Der Zweite Senat verlangt eine Neuregelung bis 31. Dezember 2018 rückwirkend vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2015.

In der Regelung sah das Gericht eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Das Prinzip, Unternehmen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern, sei durchbrochen. „Zwar ist das Ziel der Bekämpfung von legalen, jedoch unerwünschten Steuergestaltungen, insbesondere des Handels mit vortragsfähigen Verlusten (sogenannter Mantelkauf), ein legitimer Zweck“, heißt es in der Entscheidung. Allerdings sei es nicht gerechtfertigt, wenn allein an die Übertragung eines Anteils von mehr als 25 Prozent angeknüpft werde. „Dieser Umstand indiziert für sich genommen nicht eine missbräuchliche Gestaltung, weil es für die Übertragung einer derartigen Beteiligung an einer Verlustgesellschaft vielfältige Gründe geben kann“, urteilte der Zweite Senat.

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