Die sich abschwächende Konjunktur in Deutschland hinterlässt erste sichtbare Spuren auf dem Arbeitsmarkt: Im August stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Juli um 44.000 auf 2,319 Millionen Menschen, wie die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg bekanntgab. Zu dem saisonal üblichen Anstieg kamen in diesem Jahr auch konjunkturelle Effekte hinzu: Saisonbereinigt errechnete die Bundesagentur einen Anstieg um immerhin 4000.
„Der längste Aufschwung am deutschen Arbeitsmarkt seit 50 Jahren geht offenbar zu Ende“, sagte Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte im Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel. „Es ist davon auszugehen, dass der Tiefpunkt der Arbeitslosigkeit in Deutschland durchschritten ist und die Arbeitslosenquote nun zunehmen wird.“
So sei die Arbeitslosigkeit zum vierten Mal in Folge nicht mehr gesunken, argumentiert der Ökonom. Das habe es zuletzt 2013 gegeben. Zudem sinke die Zahl der offenen Stellen seit April.
Nachdem das Statistische Bundesamt für das zweite Quartal einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozentpunkte errechnet hatte, schließen Ökonomen sogar eine „technische Rezession“ nicht mehr aus - die würde dann eintreten, wenn im Folgequartal von Juli bis September die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal noch einmal nachließe.
Neben den Außeneinflüssen - wie die vom Handelskrieg mit den USA geschwächten Absatzmärkte in China oder die Brexit-Unwägbarkeiten in Großbritannien - machen vor allem die schwächelnde Autoindustrie und ihre Zulieferer Sorgen. Hier macht sich der technologische Wandel weg vom Verbrennungsmotor bemerkbar. Die Produktionszahlen gehen zurück.
Detlef Scheele, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, bemühte sich dennoch, ein positives Bild zu zeichnen: „Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt auch am Arbeitsmarkt leichte Spuren, insgesamt zeigt er sich aber robust.“ Die Arbeitslosenquote liege immer noch um 0,1 Punkte unter dem Vorjahresniveau.
Dennoch musste auch Scheele einräumen, dass der Ausblick für die nähere Zukunft nicht besonders rosig aussieht. Die Zahl der Anzeigen für Kurzarbeit steige, bekannte er. Im August registrierten die Nürnberger Statistiker einen leichten Anstieg: 45.000 Kurzarbeiter im Vergleich zu 42.000 im Juli.
Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gab sich angesichts des Konjunkturtales betont entspannt: Der Arbeitsmarkt sei robust, sagte er in Berlin. „Wir haben die Schutzschirme und Schutzwesten, um Deutschlands Beschäftigte beispielsweise mit dem Kurzarbeitergeld zu schützen und mit zukunftsorientierter Weiterbildung zu fördern“, betonte der Minister.
Ökonom groll forderte hingegen, den Blick auf den Mindestlohn zu richten. “Es ist zu befürchten, dass die unerwünschten Nebenwirkungen des Mindestlohns erst vollständig zu Tage treten, wenn die Wirtschaft sich in einem längeren Abschwung befindet.“ Deshalb solle die Politik sich überlegen, den Mindestlohn künftig weniger stark zu erhöhen als eigentlich geplant.
mit Material der dpa