




Für mehr Sicherheit an Schulen, Kitas und Seniorenheimen soll auch auf großen Hauptstraßen häufiger Tempo 30 gelten. Darauf zielt eine Verordnung, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) an diesem Mittwoch ins Kabinett bringt. Geschwindigkeitsbeschränkungen an solchen sensiblen Stellen sollen künftig ohne größere bürokratische Hürden festgelegt werden können, wie Bund und Länder im Grundsatz bereits angekündigt hatten. Die Langsamfahrstrecken auf Durchgangsstraßen sollen aber nicht zu lang sein und auch nicht immer rund um die Uhr gelten.
In der Regel seien die Abschnitte „auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung auf insgesamt 300 Meter Länge zu begrenzen“, heißt es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa in der Vorlage. Zudem sollen Tempo-30-Anordnungen soweit möglich auf Öffnungszeiten zum Beispiel einer Kita oder Schule beschränkt werden. Dies erhöhe die Einsichtigkeit und die Akzeptanz.
Dobrindt sagte der dpa: „Schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder oder Senioren brauchen einen besonderen Schutz.“ Vor allem vor Grundschulen, Kindergärten und Altenheimen sei größere Vorsicht geboten. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: „Wir wollen die Zahl der Verkehrsopfer weiter reduzieren.“ Die Straßenverkehrsbehörden könnten daher verstärkt Tempo-30-Zonen auf Hauptverkehrsstraßen einrichten. Zuständig dafür sind die Länder. Bei großen Straßen muss bisher aber erst aufwendig nachgewiesen werden, dass sich um eine gefährliche Stelle handelt. Generell gilt innerorts Tempo 50.
Was Raser wissen müssen
Deutschlandweit gibt es 4231 Blitzer. Weltweit liegt Deutschland damit auf Platz fünf der Blitzer-Staaten: Platz vier belegen die USA mit 5647 Starenkästen, Großbritannien folgt mit 5754 Blitzern auf Platz drei. Der zweite Platz geht an Italien mit 6884 Blitzern und der erste Platz an Brasilien mit stolzen 14.395 Starenkästen.
Die meisten Radarfallen gibt es in Berlin: In der Hauptstadt stehen 22 festinstallierte Blitzer. Hinzu kommen 100 mobile Geschwindigkeitskontrollen. Zweitplatzierter ist Düsseldorf mit 37 stationären und mobilen Radarfallen. Danach kommt Hamburg mit 34 Blitzern, Stuttgart mit 32, Freiburg mit 24 sowie Bremen und Aalen mit je 20 Blitzern.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat 150 Städte befragt, wie hoch ihre Einnahmen aus Geschwindigkeitskontrollen im Jahr 2012 gewesen sind. Nicht im Ranking enthalten sind Großstädte wie Berlin, Hamburg und München, da die Städte trotz gesetzlicher Auskunftspflicht nicht auf die Anfrage des DAV reagiert haben. "Von den angeschriebenen Städten haben wir bisher nur 34 Fragebögen, zum Teil mit unvollständigen Angaben, zurückbekommen. Sechs dieser Städte haben außerdem die übermittelten Daten nicht zur Veröffentlichung freigegeben", sagte Jens Dötsch vom DAV.
Der dritte Platz ging an die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf: 5,3 Millionen Euro nahm die Stadt im Jahr 2012 durch Radarkontrollen ein. Die Stadt Dortmund kassierte - heruntergerechnet auf alle zugelassenen Pkw - 27,75 Euro pro Auto. Insgesamt flossen sieben Millionen Euro in die Haushaltskasse. Und ausgerechnet die Autostadt Stuttgart verdient 2012 am meisten an ihren Rasern: 7,9 Millionen Euro nahm die Hauptstadt Baden-Württembergs allein durch Radarkontrollen ein. Pro zugelassenem Pkw sind das 28,07 Euro.
Spezielle Smartphone-Apps und die meisten Navigationssysteme warnen den Fahrer vor Radarkontrollen. Das möge lehrreich sein, ist beides aber auch „ganz klar illegal“, so der Hamburger Anwalt Uwe Toben, Experte für Verkehrsstrafrecht. Denn die Straßenverkehrsordnung verbietet den Einsatz von technischen Geräten, die „dafür bestimmt sind, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören“. Warum das so ist und ob ein Handy überhaupt in diese Kategorie fällt weiß keiner so genau. Der Paragraf stammt aus einer Zeit, in der es weder Smartphones noch Navigationsgeräte gab. Anwalt Toben kann sich auch an keinen Fall erinnern, in dem jemand wegen seiner Handy-App Probleme bekommen hat. „Wo kein Kläger, da auch kein Richter“, sagt Toben.
Entsprechend wirbt auch der Navigationshersteller Tomtom auf seiner Website für seinen knapp 30 Euro teuren Service, der „mit ausreichend Vorlaufzeit“ vor Radarkameras warnt. Der Dienst mache den Straßenverkehr sicherer, behauptet das Unternehmen.
Und auch der Gesetzgeber hat nicht gegen jede Form von Blitzer-Warnung etwas: Die Radiosender etwa dürfen vor Radarfallen warnen. Wo genau hier die rechtliche Grenze zwischen technischen Geräten wie Handys oder Navigationssystemen gezogen wird, weiß niemand so genau.
Wer bis zu 20 Sachen zu schnell unterwegs ist, muss nur mit einem Bußgeld von bis zu 30 Euro rechnen. Ab 21 Stundenkilometern zu viel steigt die Höhe des Verwarngeldes schon auf 70 Euro und es gibt einen Punkt in Flensburg. Den kompletten Bußgeldkatalog finden Sie übrigens hier.
Wer außerorts 41 oder mehr Stundenkilometer über dem Limit fährt, muss ein Auto für mindestens einen Monat stehen lassen. Innerhalb einer Gemeinde gibt es schon ab einer Geschwindigkeitsübertretung von 31 km/h ein einmonatiges Fahrverbot.
In vielen deutschen Bundesländern gibt es bereits Blitzer ohne Blitz. Im Juni 2014 führte - nach Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Bremen und Thüringen - auch Bayern das System TraffiStar 330 ein. Die Anlage liefert bei Tag und Nacht scharfe Bilder, ohne den Fahrer durch einen Blitz zu blenden. Bei der sogenannten Robot Black Flash Technologie kommt ein Infrarot-Blitz zum Einsatz, der für das menschliche Auge fast unsichtbar ist. Außerdem berechnet der TraffiStar 330 die Geschwindigkeit der Fahrzeuge anhand des Wegs, den das Auto in einer bestimmten Zeit zurückgelegt hat. Kritiker sagen jedoch, dass bei dieser Technologie der "Erziehungseffekt" wegfällt, weil der Raser erst beim Öffnen des Bußgeldbescheids von seiner Geschwindigkeitsübertretung erfährt.
Das Streckenradar funktioniert ähnlich wie der Blitzer ohne Blitz: Die Geschwindigkeit eines Autofahrers wird über einen längeren Abschnitt kontrolliert. Dafür fotografiert eine Kamera jedes Fahrzeug am Beginn des Abschnitts von hinten. Am Streckenende wird das Auto erneut erfasst. Wenn ein Fahrzeug die Strecke in einer Zeit zurücklegt, die nur durch die Übertretung des Tempolimits erreicht werden kann, wird das Fahrzeug von vorne geblitzt. In Niedersachsen startet im Frühjahr 2015 ein etwa 18 Monate langer Feldversuch mit der Technologie. Dort werden die Fahrer deutlich auf diese Form der Kontrolle hingewiesen. Erfahrungen mit der Technologie gibt es bereits im europäischen Ausland.
So haben notorische Raser in Italien das Streckenradar schon überlistet: Sie durchrasen den ersten Teil der Strecke mit hoher Geschwindigkeit. Danach trinkt der Fahrer an einer Raststätte einen Espresso und fährt nach der kurzen Pause weiter. So bleibt er insgesamt unter der Geschwindigkeitsbegrenzung.
Mittlerweile gelten Fotos, die Blitzgeräte aufgenommen haben, nicht mehr als Beweismittel, weil sie gegen das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ verstoßen. Wer also einen bösen Brief samt Foto bekommt, kann - trotz gestochen scharfem Foto - behaupten, nicht zu wissen, wer das Auto zum fraglichen Zeitpunkt gefahren hat.
Die Änderung der Straßenverkehrsordnung sieht keinen Automatismus für Tempo-30-Zonen vor. Nötig bleiben Einzelfallprüfungen. Berücksichtigt werden soll dabei, dass Autofahrer nicht von den Durchgangsstraßen auf Wohngebiete ausweichen oder Taktfahrpläne von Bussen ausgebremst werden. Bei Tempobeschränkungen müssen auch nicht unbedingt beide Fahrspuren einer breiten Straße gleich behandelt werden.
Änderungen sind auch für Radler geplant. So sollen Kinder bis acht Jahre künftig von einer mindestens 16 Jahre alten Aufsichtsperson auf dem Rad begleitet werden dürfen, wenn sie auf Gehwegen fahren. Für erwachsene Radler sind Gehwege bisher tabu, Kinder bis acht Jahre müssen dort fahren. Dies soll die Aufsichtspflicht erleichtern, heißt es in der Vorlage. „Es ist ausdrücklich nicht das Ziel, dass auch ältere unsichere Radfahrer den Gehweg nutzen dürfen.“
Elektroräder, die maximal 25 Kilometer pro Stunde schnell sind, sollen künftig Radwege nutzen können - außerorts generell und innerorts mit einem neuen Hinweisschild „E-Bikes frei“. Nicht gelten soll dies für schnellere Elektrofahrräder (S-Pedelecs).
Leichter zu merken sein sollen die Regeln für Rettungsgassen auf Autobahnen und großen Bundesstraßen, damit Polizei und Rettungswagen schnell zu Unfallstellen kommen. Künftig soll gelten, dass bei Straßen mit mindestens zwei Streifen die Gasse „zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen“ frei zu halten ist - also bei drei Fahrspuren zwischen der ganz linken und den beiden rechten daneben.