Es ist paradox. Einerseits schwimmt der Staat im Geld. Dank des Wirtschaftswachstums erreichen die Steuereinnahmen Jahr für Jahr neue Rekordstände. Nahmen Bund, Länder und Kommunen 2003 noch 442 Milliarden Euro an Steuern ein, waren es 2013 schon knapp 620 Milliarden.
Doch es wird noch besser: 2018 soll die öffentliche Hand noch einmal 96 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben als in diesem Jahr. Das sind noch einmal 16,4 Milliarden Euro mehr als bei der letzten Steuerschätzung im vergangenen November kalkuliert.Und dennoch: An vielen Stellen fehlt Geld.
Wie der deutsche Haushaltsüberschuss zustande kam
Sie sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Mit 329,5 Milliarden Euro machten sie gut die Hälfte der gesamten Erlöse aus. Das entspricht einem Plus von 3 Prozent. Die Einnahmen aus der Lohnsteuer wuchsen dabei um 5 Prozent, was vor allem der wachsenden Beschäftigung und steigenden Löhnen zu verdanken ist. Noch stärker kletterten die Einkünfte aus der Einkommenssteuer mit 8,3 Prozent, in die auch Steuern auf Mieteinnahmen oder Zinserträge einfließen. Bei der Gewerbesteuer (- 1,1 Prozent), der Kapitalertragssteuer (-1,0) und der Körperschaftssteuer (-6,8) stand dagegen ein Minus zu Buche. Wegen des robusten Konsums stieg das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer um 3,7 Prozent.
Die Sozialbeiträge an den Staat - von der Arbeitslosen- bis zur Krankenversicherung - zogen um 3,4 Prozent auf 233,7 Milliarden Euro an. Auch dazu trugen höhere Löhne und eine steigende Beschäftigung bei. Die Löhne der gut 19 Millionen Tarifbeschäftigten erhöhten sich zum Beispiel im zweiten Quartal mit durchschnittlich 2,6 Prozent so kräftig wie seit über einem Jahr nicht mehr. Gleichzeitig wurden 42,5 Millionen Erwerbstätige gezählt - 340.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Am deutlichsten erhöhten sich die Einnahmen des Staates - der an vielen Unternehmen beteiligt ist - bei den Ausschüttungen. Diese verdoppelten sich nahezu. Hauptursache hierfür ist eine deutlich gestiegene Überweisung der Bundesbank an den Bund: Sie schickte 4,6 Milliarden Euro ihres Gewinns nach Berlin - nach rund 600 Millionen ein Jahr zuvor.
Die Ausgaben des Staates erhöhten sich unterdessen im ersten Halbjahr um 2,5 Prozent auf 620,8 Milliarden Euro. Das meiste Geld gibt der Staat für monetäre Sozialleistungen aus - von Pensionen bis zu Arbeitslosen- und Kindergeld. Diese kletterten um 1,7 Prozent. Für seine Mitarbeiter gab der Staat 2,9 Prozent mehr aus. Die Bruttoinvestitionen - etwa für den Straßen- und Wohnungsbau - legten um 16,5 Prozent. Deutlich weniger musste für Zinsen aufgewendet werden: Diese Kosten fielen um 9,3 Prozent, da deutsche Staatsanleihen als sehr sicher gelten und Investoren dafür bereit sind, auf Rendite verzichten.
Büchereien werden geschlossen, Busfahrpläne ausgedünnt, in Hallenbädern wird die Wassertemperatur gesenkt. In Flächenstaaten klagen die Bürger über mangelnde Polizeipräsenz, in ganz Deutschland sind Autobahnen, Brücken und Schulen sanierungsbedürftig. Auch für den Ausbau der digitalen Infrastruktur fehlen Geld und Investitionsbereitschaft.
Doch das darf kein Grund sein, weitere Schulden anzuheben – und das muss es auch nicht. Denn in der bundesdeutschen Verwaltung schlummern noch viele Effizienzreserven. Wir haben sieben Ideen für einen schlankeren, effizienteren Staat recherchiert. Sie würden dem Land genau die Spielräume verschaffen, die jetzt nötig sind, um sich gegen eine drohende Rezession zu wappnen. Ganz ohne neue Schulden.
1) Reform des Steuersystems
Deutschland hat eines der kompliziertesten und undurchsichtigsten Steuersysteme der Welt. Für den normalen Bürger ist nicht zu erkennen, wie viele Steuern er zahlen muss, was er absetzen kann – und wie er es macht.
Von dem komplexen System profitieren diejenigen, die viel haben und sich – gegen Gebühr – viele Schlupflöcher suchen lassen. Selbstständige und Wohlhabende drücken ihre Steuerlast gravierend. Ein Heer von Finanzbeamten wühlt sich durch Kontoauszüge und Belege, um zu überprüfen, welche Angaben richtig sind und welche nicht. Der Staat hat nicht nur hohe Personalkosten, ihm entgehen auch hohe Einnahmen durch die professionellen Steuertrickser.
So lange arbeiten wir nur für den Staat
Zählt man alle Abgaben, direkten und indirekten Steuern zusammen, lässt sich ausrechnen, bis zu welchem Tag im Jahr wir statistisch gesehen nur für Staat und Sozialkassen arbeiten. Im Schnitt aller Einkommensgruppen ist dieser „Steuerzahlergedenktag“, wie ihn der Steuerzahlerbund getauft hat, 2013 am 8. Juli.
1960: 27. Mai
1970: 9. Juni
1980: 3. Juli
1990: 24. Juni
2000: 19. Juli
2010: 29. Juni
2011: 5. Juli
2012: 8. Juli
2013: 8. Juli
Quelle: Bund der Steuerzahler
... zahlt ein Hartz-IVEmpfänger mit einem Regelsatz von 382 Euro, an den Staat
... arbeiten ein Ehepaar oder ein Alleinverdiener mit zwei Kindern mit einem Haushaltseinkommen von 4190 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Ehepaar als Doppelverdiener im Eigenheim mit zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen von 13.630 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Single mit einem Haushaltseinkommen von 5760 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Unternehmer mit 100 Millionen Euro Umsatz und 5,4 Millionen Euro Gewinn vor Steuern, für den Staat
Deutschland braucht nicht, wie in der Öffentlichkeit oft diskutiert, eine auf Pump finanzierte Steuerreform, sondern eine umfassende Reform des gesamten Systems, kurzum: eine-Steuerrevolution.
Alle Staatsausgaben und Steuervergünstigungen sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Die 16 Landessteuerverwaltungen, die unterschiedlich gut besetzt und untereinander kaum vernetzt sind, könnten aufgelöst und in ein Bundesfinanzamt neu aufgehen.
Sicher, diese Idee ist nicht neu. Schon der Entwurf des Grundgesetzes sah eine zentrale Bundessteuerverwaltung vor, sie scheiterte aber am Widerstand der Alliierten. Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs sprachen sich für ein föderales Deutschland aus und gegen ein zentralistisches.
Heute blockieren die Länder eine Reform, die dringend geboten wäre. Bis zu 15 Milliarden Euro an Effizienzgewinne sind möglich. Zudem müssten Steuerhinterzieher Ungemach fürchten. Mehr Geld dürfte in die Kassen des Bundes fließen. So viel Geld, dass eine Vereinfachung des Systems möglich wäre. Eine „flat tax“ wäre gerechter, transparenter und unbürokratischer.
2) Bundesländer zusammenlegen
Erinnert sich noch jemand an das Jahr 1996? Europameister, logisch. Aber im gleichen Jahr fand auch eine Abstimmung statt, deren Gegenstand heutzutage schon fast unerhört klingt: Berliner und Brandenburger, wollt ihr ein Bundesland werden?
17 Jahre später klingt das nach einem Vorschlag aus einer anderen Zeit. Schon die Zusammenlegung von Landkreisen sorgt heutzutage für jahrelange Streitereien. Wer sich ausmalen will, was bei ähnlichen Ideen in Bezug auf die Bundesländer passieren würde, dem sei ein warnender Blick nach Frankreich empfohlen.
Mit seiner Idee, die beiden Elsässer Departements zusammenzulegen, ist der Präsident François Hollande bis heute keinen Schritt vorangekommen. Dabei sind die Departements von ihrer Eigenständigkeit bei weitem nicht mit deutschen Bundesländern zu vergleichen.
Diese Steuern und Gebühren wollen Kommunen erhöhen
Laut Ernst & Young planen 27 Prozent der 300 von ihnen befragten Kommunen im kommenden Jahr die Friedhofsgebühren zu erhöhen. Im vergangenen Jahr haben bereits 20 Prozent der Kommunen diese Maßnahme durchgeführt.
Auch Eltern sollen stärker belastet werden. Jede vierte Kommune will im kommenden Jahr die Gebühren für Kitas und Ganztagsschulen erhöhen. Im Vorjahr haben schon fast jede dritte Kommune diesen Schritt gewagt.
Das dürfte Hausbesitzer nicht erfreuen: Jede fünfte Kommune gedenkt im kommenden Jahr die Grundsteuer zu erhöhen. 2013 hat bereits jede dritte Kommune diese Steuer erhöht.
Auch Parken wird künftig teurer werden. 16 Prozent aller Kommunen planen im kommenden Jahr die Parkgebühren heraufzusetzen. Im vergangenen Jahr haben bereits 20 Prozent zu dieser Maßnahme gegriffen.
Am besten Freund des Menschen wollen die Kommunen künftig mehr verdienen. Jede zehnte Kommune gedenkt deswegen, die Hundesteuer zu erhöhen. Im vergangen Jahr haben dies bereits 20 Prozent getan.
Doch die heikle Umsetzbarkeit darf kein Grund für Denkverbote sein. Die Sorgen vor Identitätsverlusten sind schon deshalb unbegründet, weil die meisten Bundesländer ohnehin künstliche Gebilde sind. Franken gehört zu Bayern, so wie ganz früher mal die Pfalz. Aber fühlen sich die Nürnberger deshalb annektiert?
Zum anderen bedeuten Fusionsideen ja nicht das Ende des Föderalismus. Der ist im Kern eine gute Sache, aber wie wichtig ist dafür die eigenständige Existenz Bremens oder Brandenburgs? Beispiel Brandenburg: Wie soll ein Bundesland strategische Wirtschaftspolitik betreiben, wenn das dominierende Zentrum verwaltungstechnisch ein schwarzes Loch ist?
Vor allem die Sinnhaftigkeit der Stadtstaaten ist infrage zu stellen. Das zeigt sich schon im Länderfinanzausgleich: Über die ziemlich willkürliche „Einwohnerveredelung“ wird hier versucht auszugleichen, was die Stadtstaaten an Zentrumsfunktionen für die benachbarten Länder wahrnehmen.
Die wiederum beschweren sich, dass das Zentrum mindestens so viel von ihnen profitiere wie umgekehrt. Ernsthaft messen kann das keiner. Fest steht nur: Gerade die Kleinstaaten kosten viel Geld.
Da zeigt sich wiederum ein Begriff aus dem Länderfinanzausgleich. In dem wird auch für die „Kosten politischer Führung“ gesondert Geld verteilt. Ein besonderer Profiteur ist in dem Falle das Saarland. Die reine Existenz dieses Kostenpunkts bedeutet doch, dass die kleinen Bundesländer nicht nur zusätzliche Verwaltungskosten verursachen – sondern dass diese auch relativ höher sind als in den großen Flächenländern.
3) Aufbau einer europäischen Armee
Technische Probleme bei Transall-Maschine. Hubschrauber, die nicht einsatzbereit sind. Kostenexplosionen bei Neuanschaffungen: Die Pannen-Serie der Bundeswehr hat die Idee einer europäischen Armee neu aufleben lassen. Zumal auch die Bündnispartner – mit Ausnahme der USA – über Finanz- und Ausrüstungsprobleme leiden.
„Um die deutsche Armee steht es nicht wesentlich schlechter als um andere vergleichbare Armeen – etwa die britische oder französische. Die Franzosen und Briten geben etwas mehr Geld für Rüstung aus, intervenieren aber auch öfter. Aber auch sie müssen sparen“, sagt Hans-Georg Ehrhart vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik.
Braucht die Bundeswehr mehr Geld?
Die Bundesregierung hat bisher nicht vor, die Finanzmittel für die Bundeswehr wesentlich aufzustocken. Im Haushaltsplan für 2015 gehört der Verteidigungsetat zu den wenigen Posten, bei denen gekürzt wurde - wenn auch nur um 0,5 Prozent. Bis 2018 ist eine leichte Steigerung von 32,3 auf 36,86 Milliarden Euro vorgesehen. Angesichts der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr wird jetzt der Ruf nach einer deutlich stärkeren Erhöhung lauter. Was spricht dafür und was dagegen?
Quelle: dpa
Deutschland will mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Bei den Verteidigungsausgaben liegt es aber weit hinter den wichtigsten Nato-Partnern zurück. Während der Bundesregierung Armee und Ausrüstung nur 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wert sind, investieren die USA 4,4 Prozent in ihr Militär, Großbritannien 2,4 Prozent und Frankreich 1,9 Prozent. Erklärtes Nato-Ziel ist es, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Das bekräftigte das Bündnis auch bei seinem Gipfeltreffen in Wales Anfang September - mit dem Einverständnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zumindest bei der Beschaffung von Ersatzteilen gibt es eine Finanzlücke. Die Mittel dafür wurden 2010 gekürzt. Militärs beklagen, dass die Bundeswehr heute noch darunter zu leiden hat.
Auf die Bundeswehr kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu. Die Nato will ihre Reaktionsfähigkeit im Krisenfall verbessern. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus wird möglicherweise noch Jahre dauern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Vereinten Nationen auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei Blauhelmeinsätzen in Aussicht gestellt. Das alles geht nicht ohne modernes, robustes und gut gepflegtes Material.
Die Bundeswehrreform wurde nach dem Prinzip „Breite vor Tiefe“ entworfen. Das heißt: Die Truppe soll alles können und braucht dafür in jedem Bereich die entsprechende Ausrüstung. Das kostet. Bleibt man bei diesem Prinzip, muss auch Geld dafür zur Verfügung gestellt werden.
Das Rüstungsproblem der Bundeswehr ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern ein Managementproblem. Das macht sich schon daran bemerkbar, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Euro des Verteidigungsetats gar nicht ausgeschöpft wurden.
Das Prinzip „Breite vor Tiefe“ widerspricht den Bestrebungen von Nato und EU, innerhalb der Bündnisse Aufgaben zu teilen. Diese Bemühungen kommen bisher allerdings nur schleppend voran. Man könnte sich stärker dafür einsetzen, um zu einem effizienteren Rüstungssektor zu kommen.
Je mehr verschiedene Militärgeräte es gibt und je geringer die Stückzahlen, desto größer ist auch der Wartungs-, Instandhaltungs- und Ausbildungsaufwand. Deswegen könnte eine stärkere Spezialisierung der Bundeswehr Kosten sparen.
Bei der Beschaffung neuer Rüstungsgüter kommt es regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen, denen man durch ein besseres Vertragsmanagement entgegenwirken kann. Nur einige Beispiele: Der Kampfhubschrauber „Tiger“ sollte im Dezember 2002 ausgeliefert werden. Daraus wurde Juli 2010. Auf den Transporthubschrauber NH90 musste die Bundeswehr sogar neun Jahre länger warten als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten für die Fregatte 125 haben sich im Laufe der Entwicklung von 656 Millionen auf 758 Millionen Euro erhöht. Der Preis für ein Transportflugzeug A400M stieg wegen einer nachträglichen Reduzierung der Stückzahl von 124,79 auf 175,31 Millionen Euro.
Sparen ließe sich am einfachsten, indem die nationalen Streitkräfte zu einer europäischen Armee zusammengelegt würden. Die Bertelsmann-Stiftung hat vor gut einem Jahr durchgerechnet, wie groß das Sparpotenzial wäre.
Die Forscher untersuchen drei Szenarien für eine gemeinsame Armee mit einer Truppenstärke von 480.000, 600.000 und 750.000 Soldaten. Der Spareffekt für Europa läge zwischen 3,1 und 9,2 Milliarden Euro im Jahr.
Sollten sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Vertretung im Ausland einigen, läge der jährliche Einspareffekt bereits zwischen 400 Millionen Euro und 1,3 Milliarden Euro. Geld, das an anderen Stellen gut verwendet werden könnte.
4) Mehr Privatisierungen
Der Verkauf von staatlichem Eigentum ist kein Allheimmittel. Bund, Länder und Kommunen sollten gewisse Aufgaben erfüllen. Die Trinkwasserversorgung gehört in öffentliche Hand, private Sicherheitsdienste sollten nicht in der Fläche die Polizei ersetzen und auch Krankenhäuser, Gerichte und die Feuerwehr müssen mit Steuergeld finanziert werden.
Doch was ist mit der Müllentsorgung? Und wiese betreiben die Länder Lotterien? Muss die Deutsche Bahn wirklich ein Staatskonzern sein?
Bleiben wir beim Beispiel Bahn: Gegner einer Bahnprivatisierung fürchten um höhere Preise, einen Verfall der Infrastruktur und eine Einschränkung der Mobilität. Das ist nicht stichhaltig. Die Schaffung und Erhaltung der Infrastruktur ist Aufgabe des Staates, das Schienennetz muss folglich in öffentlicher Hand bleiben. Nur so lässt sich ein fairer Netzzugang der Wettbewerber sicherstellen.
Der Transport aber sollte privatisiert werden. Wettbewerb senkt die Kosten für die Nutzer – zu sehen ist dies im Postwesen, aber auch im Verkehr. Durch die Öffnung des Marktes für private Fernbuslinien können Menschen inzwischen ab 20 Euro durch ganz Deutschland fahren.
Gäbe es mehr Konkurrenz auf der Schiene, müsste auch die Bahn günstiger und besser werden. Der Kunde könnte sich aussuchen, ob er einen Anbieter mit Gratis-Internet (bei der Deutschen Bahn nicht möglich, im Ausland schon), ständigen Verspätungen und hohen Preisen wählt – oder ob es bessere Konkurrenzangebote gibt. Gleichzeitig würde der Bund entlastet.
5) Kritische Infrastruktur ausschreiben
1,6 Milliarden Euro hat Deutschland für die Suche eines Endlagers bereits in den Sand – oder besser: ins Salz – gesetzt. Das ist der Preis, den die Bundesrepublik bisher dafür bezahlt hat, um den Salzstock Gorleben erkunden zu lasten. Eine ziemlich stolze Summe, wenn man bedenkt, dass sie zugleich einer Lösung nicht einen Schritt näher gekommen ist.
Bei der Suche nach einem Endlager steht Deutschland heute immer noch da, wo Finnland vor gut 15 Jahren begann: ganz am Anfang. Von Finnland kann man dabei lernen, wie es besser ginge. Denn dort gibt es nicht nur einen Standort für ein Endlager, die Bauarbeiten haben sogar schon begonnen.
Die Probleme mit dem Bergwerk Asse
Zehn Kilometer südöstlich von Wolfenbüttel wird 1906 der erste Schacht des Bergwerks Asse in die Tiefe getrieben. 1964 endet die Förderung von Steinsalz aus wirtschaftlichen Gründen. Im selben Jahr wird die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) in München gegründet. Sie kauft im Auftrag des Bundes die Schachtanlage für umgerechnet etwa 45.0000 Euro. 1965 wird die Asse vom Salz- zum Forschungsbergwerk erklärt.
Von 1967 an erforscht die GSF die Eignung der Asse als Atommülllager. Zugleich werden in der Schachtanlage in Niedersachsen schon leicht- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert. Bis zum Ende der Einlagerung 1978 sind es 126.000 Fässer mit leicht radioaktivem Material in mehr als 700 Metern Tiefe und 1300 Fässer mit mittelradioaktivem Material in 511 Metern Tiefe.
1988 entdeckt man erstmals, dass ins sogenannte Versuchsendlager Asse Salzlauge einsickert. Die Öffentlichkeit wird darüber nicht informiert. 1995 läuft die Forschung in der Asse aus. Im selben Jahr wird die Helmholtz-Gemeinschaft gegründet, deren Mitglied die GSF ist. Im August 1998 wird ein täglicher Zufluss von elf Kubikmetern Lauge gemessen.
Seit 2005 eskaliert der Streit um die Asse. 2008 wird unter Tage radioaktiv strahlendes Cäsium-137 gemessen. Dem Helmholtz-Zentrum entzieht man die Aufsicht. Seit dem 1. Januar 2009 ist das Bundesamt für Strahlenschutz verantwortlich für die Asse. Am 15. Januar 2010 empfiehlt das Bundesamt, den radioaktiven Müll aus dem Bergwerk zu holen.
In knapp zehn Jahren kann der erste Müll im Granitboden unter dem westfinnischen Küstenort Eurajoki versenkt werden. Die Finnen haben dabei einen Weg gewählt, der so erschreckend einfach klingt, dass man ihn angesichts all der runden Tische und Endlagergesetze kaum glauben mag: Sie haben gefragt, wer das Zeug haben will.
Da sie die Endlagerung zugleich mit dem Versprechen verbanden, vor Ort eine kleine Behörde anzusiedeln und die Gemeinde für die Lagerung zu entlohnen, gingen in Helsinki haufenweise Angebote ein. Unter denen wählte die Regierung dann das am besten geeignete aus. Das Ergebnis: Dort, wo der Müll heute nicht lagert, ist die Enttäuschung groß.
Dieses Vorgehen kann als Beispiel dienen, nicht nur für den Atommüll. Warum ist beispielsweise der Ärger über die Stromtrassen quer durch Deutschland so groß? Weil Sie denjenigen, denen sie den Vorgarten verschandeln, rein gar nichts bringen.
Das aber ließe sich ändern, wenn den betroffenen Gemeinden Gegenleistungen geboten würden. Das dürfte deutlich weniger kosten als jedes Erdkabel. Die meisten Menschen sind nun mal käuflich. Das kann man anprangern – oder für seine Zwecke nutzen.
6) Politische Beamte richtig einsetzen
Den meisten Bürgern ist der Unterschied kaum bewusst: Ob einer sich jetzt „beamteter“ Staatssekretär oder nur „parlamentarischer“ Staatssekretär nennt – ein führender Ministerialbürokrat halt, das muss reichen. Doch es gibt große Unterschiede zwischen diesen Titeln.
Während echte, beamtete Staatssekretäre vom ersten Tag an unkündbar und mit allen Privilegien des Beamten ausgestattet sind, liegt die Sache bei den parlamentarischen Staatssekretären anders. Ihr Amt ist mit dem des Ministers verknüpft: Wenn der aus dem Amt scheidet, ist ihre Laufbahn automatisch ebenfalls vorbei.
Auch ansonsten können sie jederzeit entlassen werden. Für diesen Sonderstatus gibt es einen guten Grund: Er soll dem politisch ausgewählten Behördenleiter (dem Minister) helfen, seine Position gegenüber dem Beamtenapparat besser durchzusetzen. Damit wird anerkannt, dass ein politisches Amt auch politische Unterstützung braucht. Zugleich soll verhindert werden, dass bei jedem Regierungswechsel die gesamte Führungsriege ausgetauscht wird, nur um das Ministerium politisch auf Linie zu bringen.
Von diesem besonderen Amt wird jedoch viel zu selten Gebrauch gemacht. Sowohl im Bund als auch in den Ländern werden regelmäßig echte Staatssekretärsposten allein nach politischer Ausrichtung, anstatt nach inhaltlicher Kompetenz vergeben. In den Ländern gibt es die Institution des parlamentarischen Staatssekretärs bis heute nicht.
Für die beteiligten Politiker sind die Manöver gerade deshalb attraktiv, weil sie mit dem echten Staatssekretärsposten die lukrativen Versorgungsansprüche der Ministerialbeamten erhalten. Um sie loszuwerden, muss man sie entweder auf einen anderen Posten verschieben, oder in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Das ist entweder teuer oder es schwächt die Organisation.
Würde man die vorhandenen Instrumente im Sinne des Erfinders einsetzen, wäre zweierlei gewonnen: Die Kosten würden sinken, zugleich würde Kompetenz und Motivation der unpolitischen Beamten gewonnen.
7) Legislaturperiode verlängern, Wahltermine zusammenlegen
Wahlen sind das Herzstück einer Demokratie. Hier kann der Bürger seinen Willen ausdrücken. Wahlen sind wichtig, egal ob auf kommunaler Ebene oder auf Länder- oder Bundesebene. Da Wahlen aber auch teuer sind – für den Start wie für die Parteien (Wahlwerbung) – wäre es gut, Wahltermine zusammenzulegen.
Dass in Bayern die Landtagswahlen 2013 eine Woche vor den Bundestagswahlen stattfanden, ist unvernünftig und unverantwortlich. Weitere Beispiele gibt es zuhauf.
Um die Kosten nachhaltig zu senken, sollte auch überlegt werden, die Legislaturperiode zu verlängern. Statt alle vier Jahre, sollte der Bundestag nur alle fünf Jahre neu gewählt werden. Das spart Geld und verhindert, dass die Politiker schon nach drei Jahren mit der Arbeit praktisch aufhören und sich auf den Wahlkampf fokussieren.