Mehr Vernunft, weniger Bürokratie Sieben Ideen für einen schlankeren, besseren Staat

Deutschland nimmt Jahr für Jahr mehr Steuern ein, doch an vielen Ecken fehlt Geld. Die Republik braucht kein Investitionsfeuerwerk – ein bisschen mehr Vernunft und weniger Bürokratie würde schon reichen.

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Steuereinnahmen Quelle: dpa

Es ist paradox. Einerseits schwimmt der Staat im Geld. Dank des Wirtschaftswachstums erreichen die Steuereinnahmen Jahr für Jahr neue Rekordstände. Nahmen Bund, Länder und Kommunen 2003 noch 442 Milliarden Euro an Steuern ein, waren es 2013 schon knapp 620 Milliarden.

Doch es wird noch besser: 2018 soll die öffentliche Hand noch einmal 96 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben als in diesem Jahr. Das sind noch einmal 16,4 Milliarden Euro mehr als bei der letzten Steuerschätzung im vergangenen November kalkuliert.Und dennoch: An vielen Stellen fehlt Geld.

Wie der deutsche Haushaltsüberschuss zustande kam

Büchereien werden geschlossen, Busfahrpläne ausgedünnt, in Hallenbädern wird die Wassertemperatur gesenkt. In Flächenstaaten klagen die Bürger über mangelnde Polizeipräsenz, in ganz Deutschland sind Autobahnen, Brücken und Schulen sanierungsbedürftig. Auch für den Ausbau der digitalen Infrastruktur fehlen Geld und Investitionsbereitschaft.

Doch das darf kein Grund sein, weitere Schulden anzuheben – und das muss es auch nicht. Denn in der bundesdeutschen Verwaltung schlummern noch viele Effizienzreserven. Wir haben sieben Ideen für einen schlankeren, effizienteren Staat recherchiert. Sie würden dem Land genau die Spielräume verschaffen, die jetzt nötig sind, um sich gegen eine drohende Rezession zu wappnen. Ganz ohne neue Schulden.

1) Reform des Steuersystems

Deutschland hat eines der kompliziertesten und undurchsichtigsten Steuersysteme der Welt. Für den normalen Bürger ist nicht zu erkennen, wie viele Steuern er zahlen muss, was er absetzen kann – und wie er es macht.

Von dem komplexen System profitieren diejenigen, die viel haben und sich – gegen Gebühr – viele Schlupflöcher suchen lassen. Selbstständige und Wohlhabende drücken ihre Steuerlast gravierend. Ein Heer von Finanzbeamten wühlt sich durch Kontoauszüge und Belege, um zu überprüfen, welche Angaben richtig sind und welche nicht. Der Staat hat nicht nur hohe Personalkosten, ihm entgehen auch hohe Einnahmen durch die professionellen Steuertrickser.

So lange arbeiten wir nur für den Staat

Deutschland braucht nicht, wie in der Öffentlichkeit oft diskutiert, eine auf Pump finanzierte Steuerreform, sondern eine umfassende Reform des gesamten Systems, kurzum: eine-Steuerrevolution.

Alle Staatsausgaben und Steuervergünstigungen sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Die 16 Landessteuerverwaltungen, die unterschiedlich gut besetzt und untereinander kaum vernetzt sind, könnten aufgelöst und in ein Bundesfinanzamt neu aufgehen.

Sicher, diese Idee ist nicht neu. Schon der Entwurf des Grundgesetzes sah eine zentrale Bundessteuerverwaltung vor, sie scheiterte aber am Widerstand der Alliierten. Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs sprachen sich für ein föderales Deutschland aus und gegen ein zentralistisches.

Heute blockieren die Länder eine Reform, die dringend geboten wäre. Bis zu 15 Milliarden Euro an Effizienzgewinne sind möglich. Zudem müssten Steuerhinterzieher Ungemach fürchten. Mehr Geld dürfte in die Kassen des Bundes fließen. So viel Geld, dass eine Vereinfachung des Systems möglich wäre. Eine „flat tax“ wäre gerechter, transparenter und unbürokratischer.

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