Memet Kilic Erdogan-Beleidigung: Fahndungsbefehl gegen Grünen-Politiker in Türkei

Wegen Präsidentenbeleidigung in der Türkei läuft ein Prozess gegen Memet Kilic. Nun hat ein Richter einen Fahndungsbefehl gegen ihn erlassen.

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Kilic gehörte von 2009 bis 2013 dem Bundestag an und arbeitet heute als Anwalt in Heidelberg. Quelle: dpa

Beim Auftakt des Prozesses gegen den Grünen-Politiker Memet Kilic wegen Präsidentenbeleidigung in der Türkei hat der Richter einen Fahndungsbefehl erlassen. Kilics Anwalt Veysel Ok sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag, dass damit eine Aussage seines Mandanten in der Türkei erzwungen werden solle. Kilic war zu der ersten Anhörung in Ankara nicht angereist.

Der Anwalt von Präsident Recep Tayyip Erdogan habe zuvor argumentiert, dass der Kilic vorgeworfene Tatbestand in Deutschland nicht als Straftat angesehen werde und er habe die Vernehmung von Kilic in der Türkei gefordert, sagte der Anwalt. Ok hatte für Kilic beantragt, seine Verteidigung in Deutschland vorbringen zu dürfen.

Für Memet Kilic bedeutet das, dass er festgenommen und verhört werden kann, sobald er in die Türkei einreist. Er habe allerdings nicht vor, bald in die Türkei zu fliegen, sagte Kilic in einem Telefonat am Dienstag. Er und sein Anwalt würden nun vor Gericht beantragen, den Zwischenbeschluss zu korrigieren, um dennoch in Deutschland aussagen zu können.

Nach Ansicht seines Anwalts könne kein Urteil gegen ihn ergehen, solange er nicht vernommen werden konnte, sagte Kilic. „Allerdings gehe ich davon aus, dass es trotzdem dazu kommen könnte. Von der Unabhängigkeit der türkischen Justiz ist ja nicht zu reden.“ Die nächste Verhandlung soll am 26. Februar 2020 stattfinden.

Die Staatsanwaltschaft in Ankara stuft in ihrer Anklageschrift, die der dpa vorliegt, mehrere Aussagen von Kilic in einem Interview mit einer türkischen Internetzeitung aus dem Jahr 2017 als beleidigend ein. Unter anderem geht es um das Wort „Vaterlandsverräter“.

Kilic (52), der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat, gehörte von 2009 bis 2013 dem Bundestag an und arbeitet heute als Anwalt in Heidelberg. Er ist aber weiter politisch aktiv, unter anderem als Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht der Grünen in Baden-Württemberg.

Die Zahl der Klagen wegen Präsidentenbeleidigung hat Anwälten zufolge stark zugenommen, seit Erdogan Präsident sei.

Mehr: Warum das Wachstum der türkischen Wirtschaft kein Grund zur Freude ist.

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