Die coronabedingten Ladenschließungen treffen viele Unternehmer hart. Viele Einzelhändler klagen bereits gegen die Beschränkungen. Auch die Fitnessstudiokette McFit reichte am Dienstag bundesweit Klage ein. Die Forderung: Wiedereröffnung der „Outdoor-Gyms“. Der WirtschaftsWoche liegt die Klageschrift für einen Fall in Berlin exklusiv vor.
An zehn Standorten in Deutschland hatte McFit vor etwa zwei Wochen Trainingsräume unter freiem Himmel, sogenannte „Outdoor-Gyms“, eröffnet. Auf Parkplätzen vor den Studios sollten Mitglieder an Fitnessgeräten trainieren können. Kurz nach Start der ersten Studios ließen Behörden die „Outdoor-Gyms“ allerdings schließen. Jetzt klagt die mit europaweit 1,7 Millionen Mitgliedern größte Fitnessstudiokette in Deutschland auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung und fordert die Wiedereröffnung des Studios.
Für Anwalt Philipp Schröder-Ringe, der McFit vor Gericht vertritt, ist der Fall klar: „Outdoor-Gyms“ müssten öffnen dürfen, das entspreche nicht nur dem Sinn der Infektionsschutzverordnung, sondern sei schon aus Gleichheitsgründen erforderlich. Denn das Land Berlin lasse „Sport auf öffentlichen und privaten Sportanlagen“ zu. Hierzu zählten „sowohl große Fußballanlagen als auch die in Berlin immer beliebter werdenden Open-Air-Fitnessparks“, erklärt er. „Wieso dort Sport getrieben werden darf ohne Aufsicht und Hygienekonzept, aber nicht auf den Freilufttrainingsplätzen von McFit, können wir nicht nachvollziehen.“
In den meisten Städten waren nach Eröffnung der Freiluftstudios alle Slots innerhalb weniger Minuten ausgebucht, sagt ein Sprecher von McFit: „Es gab sogar eine digitale Warteschlange. Die Menschen wollen endlich wieder Sport machen.“ In Italien und den USA sei das Konzept zulässig und werde „sehr gut angenommen“.
Ob die Studios öffnen dürfen, hängt unter anderem davon ab, wie hoch das Ansteckungsrisiko auf den Sportplätzen ist. Dazu hatte die RSG Group als Muttergesellschaft von McFit nach eigenen Angaben eine Reihe von Hygienemaßnahmen erlassen: Maskenpflicht auf dem gesamten Gelände, regelmäßige Desinfektion der Sportgeräte sowie einen Mindestabstand von zwei Metern zum nächsten Sportler. Getränke dürfen nicht verkauft werden, Toiletten und Duschräume im Inneren des Gebäudes müssen geschlossen bleiben. Ebenso entfallen Kurse und Gruppentrainings. Die Kunden sind zudem verpflichtet, sich vor dem Besuch online anzumelden. Die elektronisch erfassten Anmeldedaten können bei möglichem Kontakt mit einer infizierten Person zur Nachverfolgung verwendet werden.
McFit hatte das Hygiene-Institut Berlin beauftragt, die Sicherheitsvorkehrungen der „Outdoor-Gyms“ zu prüfen. Nach Angaben des Institutsdirektors verhinderten die Maßnahmen „die Übertragung der Corona-Viren“. Gegen den Betrieb des „Outdoor-Gyms“ in Berlin Heinersdorf gebe es „unter den genannten Bedingungen aus Sicht der Hygiene und Infektionsprävention keine Bedenken“.
Schröder-Ringe verweist außerdem auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichts Göttingen. Dort hatten ebenfalls Fitnessstudiobetreiber gegen die Schließung ihrer Anlagen geklagt. Es sei, so die Göttinger Richter, nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren, dass Fitnessstudios nach der Corona-Verordnung „ausnahmslos für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen zu halten sind, während die sonstigen Angebote des Freizeit- und Amateursportbetriebs auf und in öffentlichen und privaten Sportanlagen erlaubt sind“.
Ein Verhandlungstermin über die Klage in Berlin steht noch nicht fest. Selbst wenn das Gericht der Klage stattgibt, sei die Krise der Fitnessindustrie nicht vorbei, erklärt Rainer Schaller, Gründer und Inhaber von McFit: „Durch die Öffnung der „Outdoor-Gyms“ werden wir keinen Umsatz generieren.“ Die Beiträge der Mitglieder, die trotz geschlossener Studios weiterzahlten, seien eine reine Vorauszahlung, da ihnen die Zeit der Schließungen an die Laufzeit ihrer bestehenden Vertrag angehängt werde. „Die Zahlungen helfen uns sehr, um unsere Liquidität zu sichern, verlagern das Problem allerdings nur nach hinten.“
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