
Nur ein Kandidat erhielt bei der Wahl zum CDU-Präsidium fast genauso viele Stimmen wie die Chefin. Helmut Linssen kam auf dem Parteitag in Hannover auf 97,84 Prozent, ein Hauch von 0,1 Prozentpunkten weniger als die 97,94 Prozent für Angela Merkel. Doch Linssen lief quasi außer Konkurrenz, er kandidierte für das ungeliebte Amt des Bundesschatzmeisters. Ansonsten konnte die alte und neue Bundesvorsitzende der CDU auch die stimmenbesten ihrer Stellvertreter im Präsidium distanzieren. Julia Klöckner, die forsche Nachwuchshoffnung aus Rheinland-Pfalz, kam auf 92,92 Prozent, und das Urgestein Wolfgang Schäuble schaffte mit 91,93 Prozent zwar ebenfalls ein stattliches Ergebnis, aber eben doch sechs Prozentpunkte hinter Merkel.
Die Kanzlerin ist in ihrer Partei die unumstrittene Nummer eins. Sie hat die unumstrittene Autorität, sie ist in der modernen deutschen Parteienlandschaft die Absolutistin. In der SPD ist Parteichef Sigmar Gabriel weit von diesem Status entfernt, er musste sogar die Kanzlerkandidatur, das vornehmste Recht eines Parteichefs, an Peer Steinbrück abgeben. Bei den Grünen gibt es traditionell eine Doppelspitze. Und bei der FDP muss Philipp Rösler damit rechnen, jederzeit aus dem obersten Parteiamt gejagt zu werden.





Solche Sorgen brauchen Angela Merkel nicht zu plagen. Selbst die ehrgeizigste innerhalb der Parteispitze, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, ist weniger denn je eine Gefahr. Beim Parteitag wurde sie von den 1.001 Delegierten mit einem Wahlergebnis von 69,03 Prozent regelrecht abgestraft. Ihr eher linker Kurs für Zuschussrenten und Frauenquoten geht vielen CDUlern contre Coeur. Wer von der Leyen kennt, weiß aber, dass diese sich nicht in ihren Ambitionen nachgeben wird. Doch auf absehbare Zeit bleibt von der Leyen erst einmal auf Distanz.
Zweitklassig sind auch die weiteren Merkel-Stellvertreter im CDU-Präsidium: Armin Laschet (NRW) erhielt schlechte 67 Prozent, Thomas Strobl (Baden-Württemberg) 68 Prozent. Um sie nicht zu desavouieren, vermied die Parteispitze eine Kampfkandidatur um die Vize-Positionen. Sie dürften es schon schwer genug haben, in ihren jeweiligen Bundesländern zu reüssieren.
Wie schnell Prinzlinge in der CDU stürzen können, zeigt der Fall von Norbert Röttgen. Vor Jahresfrist noch als künftiger Star nach Merkel gefeiert (vor allem in der Selbstwahrnehmung), erhielt der nach der NRW-Wahl von Merkel aus dem Amt des Bundesumweltministers gejagte Politiker beim Parteitag nur noch verhaltene Mitleidsbekundungen.
Konkurrenz braucht Merkel nicht zu fürchten. Bemerkenswerterweise sind die Parteipolitiker, die bei der Vorstandswahl (nach der Präsidiumswahl) die besten Resultate bekamen, selbst so unprätentiös wie die Chefin: Thomas de Maizière (Verteidigungsminister) und Peter Altmaier (Nachfolger von Umweltminister Röttgen) kamen auf stattliche 96 Prozent. Ihnen werden keine Ambitionen auf die Kanzlerschaft nachgesagt wie etwa von der Leyen, und sie sind wie die Kanzlerin keine großen Redner und erst recht keine Visionäre (Stichwort Karl-Theodor zu Guttenberg), sondern Kärrner.
Faktisch gibt es in der CDU nicht einmal eine zweite Riege. Merkel füllt die erste und zweite Reihe gänzlich aus. So wird auch der Wahlkampf der CDU im nächsten Jahr ganz auf die Kanzlerin zugeschnitten werden.