Die weiße Fassade der Papierfabrik, die durch große Fenster den Blick in großzügige Räume freigibt, ist so etwas wie das Aushängeschild des soliden Mittelständlers. An einer Bundesstraße der Stadt Arnsberg im Sauerland steht die Fabrik des Unternehmens Wepa, die 1948 als „Westfälische Papierfabrik“ gegründet wurde.
Doch hinter der gepflegten Fassade tobte jahrelang ein unerbittlicher Kampf um die Führung des Unternehmens. Denn ein britischer Investor mit russischen Wurzeln, der das Familienunternehmen in der Finanzkrise gerettet hatte, sollte fortan für massiven Streit im Management sorgen. Inmitten dieses Sturms stand ein Mann, der sein Wirken bei Wepa heute als Signum seiner Verbundenheit zum deutschen Mittelstand verkauft: der Anwärter zum CDU-Vorsitzenden und mögliche Kanzlerkandidat Friedrich Merz.
2009 wurde Merz Aufsichtsratschef des familiengeführten Unternehmens. An Prestige kann der Posten in Arnsberg mit Merz‘ Mandaten bei Blackrock oder Deutsche Börse nicht mithalten. Jedoch zeigt sich an seinem Wirken in seiner Heimatstadt wie durch ein Brennglas, was Merz in solchen Positionen leistet – und warum ausgerechnet er mit so vielen Aufsichtsratsposten betraut wird.
Es waren stürmische Zeiten, in denen Merz als Chefaufseher zu Wepa kam. Nach der Übernahme des italienischen Konkurrenten Kartogroup schlitterte das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von zuletzt rund 1,2 Milliarden Euro und rund 3800 Mitarbeitern in ernsthafte Probleme. Die Banken bekamen angesichts der Finanzkrise kalte Füße. Und der als Retter auserkorene Finanzinverstor Pamplona Capital Management, der rund ein Drittel der Anteile übernahm, sollte die Krise sogar noch verschärfen.
„Pamplona stellte sich als das klassische Beispiel einer Heuschrecke heraus“, erinnert sich ein damaliger Aufsichtsratskollege von Merz. Bei allen Gelegenheiten habe Pamplona gegen die Geschäftsleitung geschossen, um einen change of control zu erzwingen. Pamplona wollte die Vorwürfe nicht kommentieren.
Und Friedrich Merz? Dessen Engagement würdigen zwei seiner damaligen Aufsichtsratskollegen als äußert kompetent: „Herr Merz war in dieser schwierigen Zeit stets sachlich, konsequent und glänzte als Jurist“, attestiert ihm ein damaliger Kollege. Ein anderer damaliger Aufsichtsrat sieht das ähnlich, wenn auch mit Einschränkungen: „Man holt sich jemanden wie Herrn Merz nicht in den Aufsichtsrat, weil er der weltbeste Jurist ist, sondern weil er Kontakte herstellen kann.“
Das Prinzip Vernetzung habe Merz auch für Wepa erfolgreich ausspielen können – zumindest anfangs. Damalige Kollegen bescheinigen Merz, dass er die Türen zu Banken geöffnet habe. „Die Banker haben immer große Augen gemacht, wenn Herr Merz aufgetreten ist“, sagt einer seiner damaligen Aufsichtsratskollegen. Als Wepa 2012 saniert werden musste, halfen aber alle rhetorischen Künste nicht mehr. „Die Banken hatten es damals nur noch auf Enteignung abgesehen, da konnte selbst eine Einzelperson mit hohem Bekanntheitsgrad nichts mehr ausrichten.“
Dennoch hat Merz indirekt zur Rettung des Unternehmens beigetragen: Die Kanzlei Mayer Brown, für die er tätig war, platzierte erfolgreich eine Anleihe, mit der Wepa die Anteile der Investoren zurückkaufen konnte. Damalige Aufsichtsräte würdigen das als „wahren Befreiungsschlag“.