Merz enttäuschte als Aufsichtsrat Harte Landung für Flugzeugführer Friedrich

Friedrich Merz enttäuschte beim Flughafen Köln als Aufsichtsrat Quelle: dpa

Auf dem Pilotensitz eines Fliegers fühlt sich Friedrich Merz wohl. Doch ausgerechnet in seinem Job als Aufsichtsratschef beim Flughafen Köln ging vieles gründlich daneben.

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Wer Friedrich Merz ganz in seinem Element erleben wollte, musste bislang zur Aero in Friedrichshafen gehen. Auf der vielleicht wichtigsten Messe Europas für Sportflieger treffen sich jährlich im April Besitzer und Fans von kleinen Propellermaschinen. Merz, Eigentümer einer einmotorigen Cessna 210 (Pilotenspott: „Fliegendes Klavier“), war stets gerne dabei. Auch bei den anschließenden Abenden an der Hotelbar, bei denen die Hobbypiloten über ihre Leidenschaft fachsimpeln.

„Da ist er nicht Anwalt, Lobbyist, Politiker oder gar Blackrock-Manager, sondern einfach nur Friedrich, der Pilot“, erzählt ein Manager mit Pilotenschein. „Er berichtet wie alle anderen von seinen aufregendsten Momenten bei Unwettern und haarigen Landungen.“

Und am Morgen danach nahm Merz bislang – Multi-Millionär hin oder her – wie alle den vollen Shuttlebus vom Hotel zum Messegelände auf der anderen Seite des Flughafens. „Wer sich dafür zu fein ist, der sitzt abends an der Bar allein“, sagt der Manager.

Fast schon tragisch also, dass Merz bei seinem wichtigsten beruflichen Kontakt zur Fliegerei nicht besonders gut wegkommt. In seinem Amt als Aufsichtsrats-Chef beim Flughafen KölnBonn bleibt er hinter den Erwartungen zurück. „Wir sind etwas enttäuscht von seiner Arbeit“, heißt es in Aufsichtsratskreisen. „Er arbeitete nicht so sorgfältig, wie wir es von einem Piloten erwartet hätten.“

Die Erwartungen waren hoch, als die Flughafen-Gesellschafter Stadt Köln, die Bundesrepublik und das Land Nordrhein-Westfalen Merz auf Betreiben von NRW-Minister-Präsident Achim Laschet ins Amt hoben. Nach einem langen Aufschwung mehrten sich die Probleme auf dem Airport Köln. Mit dem Ende von Air Berlin verlor der Flughafen einen Hauptkunden und der zweite Platzhirsch, die Lufthansa-Billigtochter Eurowings, verlegte die prestigeträchtige Langstrecke ins benachbarte Düsseldorf. Darum drohte für 2018 erstmals seit mehr als zehn Jahren ein hoher Verlust. „Da galt Merz mit seinen guten internationalen Kontakten und der Managementerfahrung als ideal, um für mehr Effizienz und neue Flüge zu sorgen“, heißt es in Aufsichtsratskreisen.

Doch schon der Anfang der bislang einjährigen Amtszeit des Chefaufsehers war holprig, der Gegenwind heftig. „Friedrich Merz ist keiner, den wir an der Spitze des Aufsichtsrats wollen“, keilte Martin Börschel, damals Vorsitzender der Kölner SPD-Fraktion und Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Prompt platzte der erste Wahlgang und Merz übernahm den Posten erst kurz vor Weihnachten 2017.

Einmal im Amt misslangen Friedrich Merz dann mehrere Dinge gründlich.

Den ersten Patzer gab es quasi gleich bei der ersten größeren Amtshandlung, als er den Abschied des langjährigen Geschäftsführers des Flughafens KölnBonn, Michael Garvens, organisierte. Den Christdemokraten hatte Merz‘ Vorgänger Bodewig (SPD) nach einem längeren Machtkampf geschasst. Angeblich soll er Geschäftspartnern allzu großzügig Rechnungen bezahlt und fast 50 unliebsame, aber unkündbare Mitarbeiter bei vollen Bezügen freigestellt haben.

Merz schloss nun als Vorsitzender des Aufsichtsrats einen Aufhebungsvertrag mit Garvens. Dort verzichtete der Flughafen trotz noch nicht abgeschlossener Ermittlungen auf alle weiteren Ansprüche. Doch im Juni änderte Merz plötzlich seine Meinung und wollte nun doch Forderungen in Millionenhöhe gegen Garvens geltend machen. Selbst wenn Merz wider Erwarten Erfolg mit diesem Vorstoß haben sollte, bliebe ein Schaden für den Airport. Der Flughafen fordert dem Vernehmen nach eine Million Euro von Garvens. Allein die beiden Gutachten zur Schuld des Ex-Chefs kosteten angeblich vier Millionen Euro.

Merz' unglückliche Hand am Airport Köln/Bonn

Kritiker bemängeln zudem, dass sich Merz in der Sache zu schweigsam verhalten habe. So stachen Garvens Gegner mehrfach mal belastende, mal irreführende Interna aus dem Aufsichtsrat an die Presse durch. Dann ging auch der geschasste Manager mit Kritik an seinem ehemaligen Arbeitgeber an die Presse. „Nur von Merz und dem Flughafen war in der Schlammschlacht fast nichts zu hören“, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Auch im Nachhinein äußern sich Merz und sein Team bisher nicht zu der Kritik.

Zu guter Letzt hatte Merz keine glückliche Hand bei der Wahl von Garvens Nachfolger Johan Vanneste. Der in Belgien geborene Ingenieur für Flugzeugbau hatte zwar vor seinem Start in Köln bei mehreren Airlines gearbeitet und war zuletzt Chef des Flughafens Luxemburg. Doch in Aufsichtsratskreisen und in Köln kritisieren Manager und Politiker, dass der neue Mann wenig Kontakte in die lokale Politik und Wirtschaft habe. Zudem tue er sich mit seiner zurückhaltenden Art und seinen begrenzten Deutschkenntnissen im Rheinland schwer.

Auch an seiner fachlichen Qualifikation gibt es Zweifel. Vanneste fehle bei allem Wissen beim Flughafenbetrieb noch die rechte Routine im Umgang mit den vielen juristischen Vorschriften rund um den Airport, heißt es. Besonders im Umgang mit der anstehenden Änderung der Betriebsgenehmigung und den in einem öffentlichen Unternehmen extrem starken Betriebsräten fallen offenbar Defizite auf.

Zumindest dieses Manko ist offenbar auch Merz bewusst geworden. So sucht er laut Aufsichtsratskreisen nun als Nachfolger für den im Oktober abgewanderten zweiten Flughafen-Geschäftsführer Athanasios Titonis jemanden, der die Bereiche Personal und Bau ebenso abdecken soll wie das Thema Finanzen.

Das wird schwer, glauben Kenner der Branche. „Solche Allrounder sind extrem selten in der Branche“, sagt etwa der Chef eines deutschen Flughafens. Und selbst wenn Merz jemanden mit den entsprechenden Fähigkeiten findet, könnte das zu neuen Problemen führen. „Wenn der Neue dann fast alle wichtigen Bereiche verantwortet, was bleibt dann noch dem Chef?“

Am Ende wird Merz das Fluggeschäft jedoch vielleicht nicht mehr lange belasten. „Als Parteichef muss er den Job in Köln aufgeben“, heißt es in Aufsichtsratskreisen.

Das dürfte ihm am Ende deutlich leichter fallen als ein anderer Abschied. „Als prominenter Politiker und erst recht wenn er Bundeskanzler wird, kann er allein aus Sicherheitsgründen nicht mehr selbst fliegen“, so ein bekannter Manager mit Flugschein. „Da haben sich die Zeiten seit Franz-Josef-Strauß doch deutlich gewandelt.“

Die vielen Jobs des Friedrich Merz
Flughafen Köln/BonnAls Aufsichtsratsvorsitzender verzichtete Merz beim Abgang des alten Chefs auf Schadensersatzforderungen – und machte sie später doch geltend. Zum Nachfolger bestellte er einen Manager mit politischer Kontaktarmut und wenig Erfahrung im deutschen Arbeits- und Baurecht.Note 4- Quelle: imago images
BlackrockDer New Yorker Fondsriese ist Treuhänder, alles muss präzise gerechnet und untadelig ausgeführt sein. Durchsuchungen zu alten Cum-Ex-Fällen werfen Schatten auf das Unternehmen. Den Wegzug deutscher Fonds nach Irlandverhinderten erboste Kunden, nicht Merz.Note: 4 Quelle: dpa
WestLBMitte 2010 übernimmt Anwalt Merz sein größtes, lukratives Mandat: Er soll einen Käufer für die ramponierte WestLB finden. Das Vorhaben scheitert, und Merz macht dabei keine gute Figur. Er sei „kein richtiger Anwalt, sondern Politiker“, sagt ein damals Beteiligter.Note: 5 Quelle: dapd
Deutsche BörseAls Merz 2005 in den Aufsichtsrat einzieht, geht es dort hoch her. Investor TCI hat gerade den Vorsitzenden Rolf Breuer gestürzt. Merz’ politische Kontakte sind fortan hilfreich – und bleiben in den folgenden zehn Jahren sein wichtigster Beitrag.Note: 3 Quelle: obs
Wepa2009 wird Merz Aufsichtsratschef der Westfälischen Papierfabrik, die damals stürmische Zeiten erlebt. Merz öffnete die Türen zu Banken und machte gute Figur im Abwehrkampfgegen einen russischen Investor. Die Gunst der Banken war aber bald dahin.Note: 2 Quelle: imago images
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