Micheal Fuchs "Union will weiterhin enge Beziehungen zu Großbritannien"

Nach dem Brexit können die Briten nicht mehr dieselben Privilegien gegenüber der EU genießen, doch für die deutsche Wirtschaft ist möglichst freier Handel mit der Insel wichtig, sagt CDU/CSU-Fraktionsvize Micheal Fuchs.

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Flaggen in Brüssel Quelle: dpa

Wie soll Großbritannien als Nicht-EU-Land künftig in den Binnenmarkt einbezogen werden?
Michael Fuchs: Großbritannien muss zunächst selbst einen Vorschlag machen, welchen Zugang zum Binnenmarkt es künftig anstrebt. Es muss aber zugleich klar sagen, was es selbst bereit ist, der EU im Gegenzug für einen solchen Zugang anzubieten. Auch wir erwarten entsprechende Vorteile. Die EU und die EU-Mitgliedstaaten werden zur gegebenen Zeit in Ruhe überlegen, inwieweit den britischen Vorstellungen entsprochen werden kann oder sollte und welche Gegenleistungen und Konzessionen im Gegenzug von unserer Seite von den Briten erwartet werden. Dann wird verhandelt. Klar ist, wer nicht mehr im Club ist, kann nicht mehr alle Privilegien der Clubmitglieder für sich erhalten.

CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs

Wie kann vermieden werden, dass die deutsche Wirtschaft, die doppelt so viel nach Großbritannien exportiert wie von dort importiert, durch den Brexit besonders getroffen wird?
Die deutsche Wirtschaft ist nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des EU-Binnenmarktes international wettbewerbsfähig. Der Zugang zum britischen Markt wird auch künftig mindestens nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO möglich sein. Ich erwarte, dass die engen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich insgesamt fortgesetzt werden können.
Was halten Sie davon, an Großbrtiannien ein Exempel zu statuieren, um die EU-27 zusammenzuhalten?
Die Verhandlungen über die künftigen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen werden mit klaren Vorgaben geführt. Beide Seiten haben das Interesse, aus der Situation, die wir uns nicht gewünscht haben, das Bestmögliche zu machen. Die EU wird dem Vereinigten Königreich nicht mehr dieselben Privilegien einräumen wie bisher. „In“ is „in“ and „out“ is „out“. Die EU bildet einen der größten Wirtschaftsräume der Welt und sie ist eine einzigartige Solidar- und Wertegemeinschaft mit einer hohen Anziehungskraft. Und dies wird auch so bleiben!
Wäre es eine Option, die Arbeitsfreizügigkeit in der EU einzugrenzen?
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört zu den vier Grundfreiheiten der EU. Sie ist grundsätzlich nicht verhandelbar. Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit waren und sind allenfalls für begrenzte Übergangszeiten zur Sicherung anderer hoher Rechtsgüter möglich.

Wo die großen Brexit-Baustellen sind

Können Sie sich vorstellen, dass die USA und UK ein Freihandelsabkommen vereinbaren, während TTIP scheitert?
Nach Lage der Dinge erwarte ich, dass die USA sowohl ein TTIP-Abkommen mit der EU als auch ein bilaterales Freihandels- und Investitionsschutzabkommen mit dem Vereinigten Königreich abschließen. TTIP wird, so hoffe ich sehr, zuerst kommen, da sind wir in den Verhandlungen schon weit vorangekommen. Aber ich sehe diesbezüglich noch große Herausforderungen für alle Beteiligten auch in Deutschland und Europa. Alle marktwirtschaftlich orientierte Demokraten, die den hohen Stellenwert dieses Abkommens für die deutsche Wirtschaft erkannt haben, sollten sich massiv dafür einzusetzen, das Abkommen, das von Populisten wider besseren Wissens angegriffen wird, zu retten.

TTIP nützt der Wirtschaft, Arbeitnehmern und Verbrauchern. Es muss auch eine der vornehmsten Aufgaben von Bundeswirtschaftsminister Gabriel sein, dies der Bevölkerung und allen relevanten Akteuren noch viel klarer zu vermitteln. Denn ohne marktwirtschaftliches Engagement wird Deutschland seine starke wirtschaftliche Rolle in der Welt verlieren. Ein erfolgreicher Abschluss von TTIP noch in der Amtszeit von US-Präsident Obama wäre gerade auch für Deutschland immens wichtig.

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