Weil die Neubauten selbst für die Mittelschicht zu teuer sind, wird günstiger Wohnraum in Altbauten für einkommensschwache Mieter nicht frei. Denn wer gut und günstig wohnt, hat keinen Anreiz, in einen Neubau zu ziehen. Laut der Wohnungsbaugesellschaft WBM, die Objekte in Berlins Zentrum hält, hat sich im eigenen Bestand der Anteil der Mieter, die umziehen, seit 2005 von zehn auf fünf Prozent verringert.
Zwar wird in Berlin, wie in anderen Bundesländern, bezahlbares Wohnen gefördert. Es beteiligen sich jedoch fast nur öffentliche Vermieter: 2014 lag deren Anteil an öffentlich geförderten Neubauwohnungen in Berlin bei 86 Prozent. Laut Prognose der Landesbank Berlin wird die Zahl der Wohnungen, bei denen der Mietpreis und die Vergabe an soziale Kriterien gebunden sind, bis 2024 um 60 Prozent sinken.
Risiken der Mietpreisbremse
Weil die Mietpreisbremse vor allem zulasten der Eigentümer geht, werden sie dem Gesetz ausweichen. Neben der Luxussanierung gibt es noch weitere Varianten:
Weil Vermieter die Kosten für Instandhaltung nicht auf die Mieter umlegen können, müssen sie Rücklagen bilden. Werden Mieterhöhungen gedeckelt, bleibt dafür weniger Geld. Mieter wohnen dann zwar billiger, aber eben auch in weniger gepflegten Häusern.
Angesichts der stark gestiegenen Kaufpreise lohnt sich Verkaufen für die Eigentümer oft mehr als Vermieten. Eingesessene Vermieter werden sich infolge der Staatseingriffe zurückziehen und an aggressive Investoren verkaufen. Diese teilen das Haus in viele kleine Wohnungen auf, die sie dann teurer an Anleger vermitteln. Die müssen dann auf Teufel komm raus die Mieter schröpfen, um ihr Investment zu refinanzieren.
Vollständig eingerichtete Wohnungen lassen sich teurer vermieten. Dabei geht es in der Regel nur um befristete Mietverträge.
Vor allem in touristisch interessanten Metropolen werden Wohnquartiere zu Touristenwohnungen, soweit die Städte dies zulassen. Die Mietpreisbremse wird diesen Trend verstärken. Städte steuern mit neuen Regeln dagegen, es droht eine Spirale von Regulierung und Ausweichreaktionen.
6. Anfechtbare Mietspiegel
Die Mietpreisbremse ist unfertig. Denn die Mietspiegel, nach denen Neuvertragsmieten reguliert werden, sind selbst reformbedürftig. Das gilt vor allem für den qualifizierten Mietspiegel. Er erfasst über Stichproben die in einer Gemeinde in den vergangenen vier Jahren erhöhten und neu vereinbarten Mieten.
Vor Gericht berufen sich sowohl Vermieter als auch Mieter auf diesen Mietspiegel, weil dessen Werte juristisch verbindlich sind. Das galt zumindest bis vor Kurzem. Inzwischen hat jedoch das Charlottenburger Amtsgericht den Berliner Mietspiegel aus 2013 angezweifelt (235 C 133/13). Gutachter des Berliner Gerichts war der Dortmunder Statistikprofessor Walter Krämer.
Oliver Lerbs, Wissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, fordert, alle relevanten Mieten zu erfassen. Den Gemeinden wird dies zu teuer sein. „Schon ein Mietspiegel mit Stichproben kostet je nach Erhebungsmethode zwischen 30.000 und 800.000 Euro“, sagt Michael Neitzel, Geschäftsführer der Inwis Forschung & Beratung, die etwa den Dortmunder Mietspiegel erstellt.
Erst in einigen Wochen will das Justizministerium einen Entwurf für ein zweites Reformpaket mit Vorschriften für Mietspiegel vorlegen. Weitere Monate werden vergehen, bis ein Gesetz kommt. Bis dahin sind Mieterhöhungen nur unzureichend abgesichert.
Auch bei umfassenden Sanierungen ist das Mietrecht nur halb fertig. Eine genaue Verordnung, die regelt, was zulässige Modernisierung und was überflüssiger Luxus ist, steht aus. Es bleibt noch viel Raum für Streit zwischen Mietern und Vermietern.