Dabei haben öffentliche Vermieter in Berlin ihren Spielraum noch gar nicht ausgereizt. Sie schlagen pro Jahr nur neun Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete drauf. Private Vermieter dürfen auch nach neuem Recht noch bis zu elf Prozent pro Jahr erhöhen. Die Regierung will den Satz erst in einem zweiten Reformpaket auf zehn Prozent senken.
Vermieter, denen Geld fürs teure Sanieren fehlt, werden dagegen ins andere Extrem wechseln und selbst bei der Instandhaltung sparen. „Moderat zu sanieren lohnt sich wegen der gedeckelten Mieten nicht“, sagt Immobilienmanager Moll. Folge: Zwar wachsen die Mieten langsamer – aber die Wohnqualität sinkt, weil die Mietshäuser schlechter in Schuss sind.
2. Zu viel gedämmt
Eine weitere Lücke im Gesetz sind energetische Sanierungen. „Bei zu teurer energetischer Sanierung hilft die Mietpreisbremse nicht“, sagt Maximilian Heisler vom Bündnis Bezahlbares Wohnen in München. Elf Prozent der Dämmkosten lassen sich pro Jahr auf die Mieter umlegen – unabhängig vom Mietspiegel. Laut Gesetz reicht es dafür aus, dass die Baumaßnahmen Heizkosten sparen. Für den Mieter muss sich Dämmen nach bisheriger Ansicht der Gerichte nicht rechnen.
Immerhin: Kürzlich entschied das Amtsgericht Pankow, dass Mieter unwirtschaftliches Dämmen nicht dulden müssen. In diesem Fall wäre die Heizkostenersparnis erst nach 20 Jahren größer gewesen als der Zuschlag auf die Miete. Der Eigentümer hätte sich von der Dämmpflicht befreien lassen können, weil die Maßnahme unwirtschaftlich war, hat dies aber nicht getan. Der Fall wird derzeit am Landgericht Berlin verhandelt. Ohne höchstrichterliches Urteil können Vermieter weiter unwirtschaftlich dämmen und die Kosten auf Mieter umlegen.
Was Mieter und Vermieter noch dürfen
- Aktuell gilt: Vermieter müssen eine Mieterhöhung drei Monate vorher ankündigen. Mieter können zustimmen oder ablehnen.
- Stimmt der Mieter innerhalb von zwei Monaten nicht zu, kann der Vermieter innerhalb von drei weiteren Monaten auf Zahlung der erhöhten Miete klagen.
- Mieter können innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Mieterhöhung außerordentlich kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt dann zwei Monate. Kündigt der Mieter in dieser Frist, bleibt die Miete bis Vertragsende unverändert.
- Vermieter können die Miete nur alle 15 Monate anheben.
- Binnen drei Jahren darf die Mieterhöhung bei bestehenden Verträgen insgesamt nicht mehr als 20 Prozent betragen.
Bei bestehenden Mietverträgen darf der Vermieter schon heute die Miete nur bis zum ortsüblichen Niveau anheben, das sich aus dem Mietspiegel der Kommune ergibt. Zudem begrenzen die Bundesländer in bestimmten Städten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ die Mieterhöhung bei bestehenden Verträgen auf 15 Prozent in drei Jahren. Bei neuen Mietverträgen gelten 20 Prozent über dem ortsüblichem Niveau als Obergrenze. Tatsächlich liegen die Mieten in begehrten Lagen teilweise 30 bis 40 Prozent über den im Mietspiegel vorgegebenen Mieten, weil sich solche Verträge in der Praxis nur schwer anfechten lassen und Mieter Rechtsstreitigkeiten scheuen.
Bei neuen Mietverträgen darf die Miete nur noch auf maximal zehn Prozent über das ortsübliche Niveau gehoben werden. Dies gilt für die angespannten Wohnungsmärkte, die die Bundesländer festlegen. Mieten, die gegen die neuen Vorschriften verstoßen, sind unwirksam. Verstöße muss der Mieter nach Eingang der Mieterhöhung gegenüber dem Vermieter rügen.
Vermieter können auch Staffeln vereinbaren, nach denen die Miete in Stufen um einen festen Betrag steigt. Alternativ können Eigentümer eine Indexmiete fordern, die mit dem Index für die allgemeine Lebenshaltung steigt.
Die Staffeln müssen sich am Mietspiegel orientieren. Sie dürfen maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen. Einmal erreichte Stufen genießen Bestandsschutz. Folge: Staffelmietverträge werden unattraktiv, wenn der Mietspiegel der aktuellen Entwicklung am Wohnungsmarkt hinterherhinkt. Bei Indexmietverträgen muss sich nur der Ausgangspunkt am ortsüblichen Niveau orientieren, danach steigt die Miete automatisch mit den Verbraucherpreisen, unabhängig vom Mietspiegel.
Vermieter, die Wohnungen modernisieren, können derzeit elf Prozent der Kosten pro Jahr auf die Mieter umlegen. Eine Deckelung durch den Mietpreisspiegel gibt es nicht. Mieterhöhungen nach Modernisierungen sind nicht an die Frist von 15 Monaten gebunden, können also auch zwischen regulären Mietanpassungen durchgeführt werden. Nicht zur Modernisierung zählen Instandhaltungsmaßnahmen. Bei einer Modernisierung muss der Mietwert der Wohnung nachhaltig erhöht werden, etwa durch Dämmen der Außenwände oder den Anbau eines Balkons.
Will ein Vermieter nach Mieterwechsel die Miete wegen Modernisierung über das ortsübliche Niveau heben, darf die Modernisierung nicht mehr als drei Jahre zurückliegen. Die elf Prozent darf der Vermieter nur auf die ortsübliche Miete aufschlagen, die sich ohne Modernisierung ergeben hätte. Liegt die Miete schon vorher über dem Wert aus dem Mietspiegel, geht dies zulasten des Vermieters.
Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind umfassende Modernisierungen, die laufen, wenn die Wohnung leer steht. Laut Gesetzentwurf sind Modernisierungen dann umfassend, wenn sie mindestens ein Drittel dessen kostet, was ein Neubau kosten würde (ohne Grundstückspreis).
3. Für viele Mieter zu spät
Wie schwer es ist, in München eine bezahlbare Wohnung zu finden, spürt derzeit Daniel Frischknecht, 32. Seit August sucht der Angestellte eines Internetportals eine Bleibe. Bisher mietet er ein WG-Zimmer für 500 Euro im Monat im Vorort Oberhaching, 20 Minuten von der nächsten S-Bahn-Station entfernt. Mit dem Auto benötigt er 40 Minuten bis zu seinem Arbeitsplatz im Zentrum. „Aus dem WG-Alter bin ich raus, und der Weg zur Arbeit ist mir zu lang“, sagt Frischknecht.
Der 32-Jährige hat einen sicheren Job, keine Haustiere, keine Kinder. Eigentlich ein begehrter Mieter. Dennoch durfte er sich bisher nur wenige Wohnungen anschauen. Auf die meisten Anfragen gab es keine Antwort. Kürzlich klappte es doch mit einem Termin: eine 22 Quadratmeter kleine Einzimmerwohnung im Nobelstadtteil Haidhausen. Weil er nicht binnen eines Monats einziehen konnte, sortierte ihn die Maklerin aus. Im gleichen Stadtteil wurde ihm dann eine 57 Quadratmeter große Wohnung angeboten – für 1100 Euro warm pro Monat.
In Ballungsräumen wie München sind die Mieten für neue Verträge dem ortsüblichen Niveau schon lange enteilt. Statistikprofessor Göran Kauermann von der LMU München hat die 2013 in München erhöhten Mieten untersucht. Ergebnis: 55 Prozent der Neuvertragsmieten wären nach neuem Recht illegal gewesen; bei Bestandsmieten waren es 35 Prozent.