Milliarden-Löcher in den Haushaltskassen SPD lenkt bei Mehrwertsteuer-Erhöhung ein

Angesichts der Milliarden-Löcher in den Haushaltskassen schließt auch die SPD eine Mehrwertsteuer-Erhöhung nicht mehr aus. Die Frage bleibt unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD insgesamt aber weiter offen.

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Olaf Scholz ist neuer erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD- Bundestagsfraktion. Foto: dp

HB BERLIN. Der neue Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz, wies zwar am Montag darauf hin, dass seine Partei eine Anhebung der Steuer ablehne, er schloss dies jedoch auch nicht aus. CDU-Generalsekretär Volker Kauder bekräftigte die Forderung nach einer höheren Mehrwertsteuer, um so die Lohnnebenkosten senken zu können. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers plädierte dafür, den Länderfinanzausgleich im Rahmen einer Föderalismusreform zur Diskussion zu stellen. Die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel ist durch den unionsinternen Streit um den CSU-Ministerkandidaten Horst Seehofer seiner Ansicht nach nicht beschädigt worden. Merkel will die Unionsmitglieder für das Kabinett am Nachmittag vorstellen. CDU/CSU und SPD wollen am späten Nachmittag die Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition aufnehmen. Im Zentrum der Beratungen soll gleich zu Anfang die Sanierung des Bundeshaushalts stehen. Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte am Wochenende angekündigt, es müsse ein zweistelliger Milliardenbetrag eingespart werden. Scholz erklärte in der ARD auf die Frage nach einer Erhöhung der Mehrwertsteuer: „Jeder von uns ist klug beraten, zu keinem einzigen der Punkte etwas zu sagen in Richtung, das wird auf alle Fälle kommen und das wird nicht stattfinden.“ Kauder beharrte auf einer Anhebung der Steuer, um im Gegenzug die Lohnnebenkosten senken zu können. Darüber müsse man mit der SPD ebenso reden wie über die Verwendung der Gelder, die durch den ab 2007 geplanten Wegfall der Eigenheimzulage frei würden. Während Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit im Bayerischen Rundfunk für die SPD Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten ausschloss, forderte der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, im Deutschlandradio Kultur Bewegung beim Kündigungsschutz, Arbeitslosengeld II und Kombilöhnen. Gegenüber dem Handelsblatt trat Rüttgers für eine tabufreie Diskussion über den 2001 neu geregelten Länderfinanzausgleich ein, weil neben dem Bund viele Länder massive Haushaltsprobleme hätten. Im Deutschlandfunk sagte er zudem mit Blick auf Koalitionsverhandlungen, die Ergebnisse des Jobgipfels seien Grundlage für die Arbeit der großen Koalition. Nötig sei ein einfacheres und gerechteres Steuersystem sowohl im Bereich der Einkommensteuer als auch der Unternehmenssteuern. Beim Jobgipfel war eine Senkung der Körperschaftsteuer verabredet worden, die jedoch bislang nicht umgesetzt wurde.

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Rüttgers unterstützte Forderungen nach einem "Kassensturz". Alle Zahlen zum Haushalt müssten auf den Tisch gelegt werden. Überlegungen des designierten Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SDD) zur Privatisierung des Autobahnnetzes, womit eine Pkw-Maut verbunden wäre, wies Rüttgers zurück. "Das würde als neue Form des Abkassierens verstanden", sagte der CDU-Politiker. Die Union wird einem Zeitungsbericht zufolge mit der Forderung in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD gehen, jährlich 25 Mrd. € einzusparen. Damit würde sie deutlich höhere Einsparungen anstreben als die SPD, deren Vorstellungen bei 14,5 bis 22,5 Mrd. € lägen. „Pro Jahr muss die Lücke um mindestens 25 Mrd. € verringert werden“, sagte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) der „Berliner Zeitung“ vom Montag. Als Ziel der Union habe es Milbradt bezeichnet, am Ende der nächsten Wahlperiode einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. „Dazu muss am Ende dieser Legislaturperiode im Jahr 2009 die Nettokreditaufnahme einen Wert unter 16 Mrd. € aufweisen“, sagte er. Die Haushaltspolitik sei eines der zentralen Themen der Koalitionsverhandlungen. Unionsparteien und SPD wollen Montagnachmittag in Berlin ihre Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition aufnehmen. Zuvor will die designierte Kanzlerin Angela Merkel die Ministerkandidaten der Unionsparteien vorstellen, um die es bis zuletzt Streit gab. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Michael Meister bekräftigte unterdessen der „Berliner Zeitung“ zufolge das Ziel einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Auch an den im Wahlkampf anvisierten Steuersenkungen wolle die Union festhalten. „Es gibt keinen Grund, von diesen Vorstellungen vor Beginn der Verhandlungen abzuweichen“, sagte Meister. Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte am Wochenende dagegen gesagt, für Steuersenkungen, wie sie die Union im Wahlkampf für die Unternehmen verfochten hatte, bestehe kein Raum. Die Koalitionsverhandlungen sollen bis zum 12. November beendet sein. Danach müssen die SPD, CDU und CSU auf Parteitagen noch dem verabredeten Koalitionsvertrag zustimmen.

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