Angesichts der gestiegenen Energiekosten will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit einem verbilligten Strompreis für die Industrie deren Wettbewerbsfähigkeit steigern. Energieintensive Betriebe der Grundstoffindustrie wie Chemie oder Stahl sollten nicht mehr als sechs Cent pro Kilowattstunde zahlen, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Konzept des Ministeriums. Profitieren würden Firmen im internationalen Wettbewerb, der vergünstigte Tarif gelte für 80 Prozent des Basisverbrauchs.
Das Konzept solle spätestens 2030 auslaufen. Die Kosten für den Staat lägen nach heutigen Strompreisen bis dahin bei 25 bis 30 Milliarden Euro und sollten aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bezahlt werden. „Deutschlands Wohlstand basiert auch auf seiner starken industriellen Basis und wir brauchen diese starke Basis auch in Zukunft“, erklärte Habeck. „Daher müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen.“
Die Pläne schließen an die aktuelle Strompreisbremse an, die bis Frühjahr 2024 befristet ist. Sie sieht einen Preis von sieben Cent für einen Basisverbrauch vor. Allerdings ist diese an zahlreiche Bedingungen wie Gewinnrückgang oder Dividenden- und Boni-Verbot geknüpft, so dass kaum ein Großunternehmen sie in Anspruch genommen hat. Dies wird im neuen Konzept nicht mehr genannt, aber Tariftreue, Standortgarantie und Pläne zur grünen Transformation gelten auch hier als Voraussetzung. „Den Unternehmen wird nichts geschenkt, sie werden auf ihrem Weg unterstützt, wenn sie ihn konsequent gehen“, sagte Habeck.
Anreiz für günstigen Einkauf soll bleiben
Kosten über sechs Cent sollen den Betrieben dann ausgeglichen werden. Basis soll dafür der Strompreis an der Börse sein und nicht die jeweiligen Verträge der Firmen. Damit gibt es weiter einen Anreiz, möglichst günstig einzukaufen.
Abgelöst werden soll das Konzept laut Habeck dann von einem sogenannten Transformationspreis, der an den Ausbau der Erneuerbaren Energien anknüpft. Firmen sollen dann direkt von den gesunkenen Produktionskosten von Wind- oder Solarstrom profitieren und direkt Verträge mit den Betreibern abschließen. „Der massive Ausbau von Erneuerbaren Energien wird mit klugen Instrumenten für den direkten Zugang der Industrie zu billigem grünem Strom gekoppelt“, sagte Habeck. Dies werde aber noch dauern, daher brauche man jetzt den staatlich verbilligten Preis, den Habeck „Brückenstrompreis“ nennt.
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Besonders die Finanzierung des verbilligten Industriestrompreises dürfte für Diskussionen in der Ampel-Regierung sorgen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte bereits erklärt, er sehe dafür keinen Spielraum. Auf direkte staatliche Hilfen zu setzen, sei „ökonomisch unklug“ und widerspreche den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, schrieb er in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. Lindner hatte sich auch schon gegen eine Öffnung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausgesprochen.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte, ein Industriestrompreis sei ein wichtiges Thema für den Industriestandort Deutschland. „Daher kommt es auch sehr auf die genaue Ausgestaltung an. Wir schauen uns das Konzept konstruktiv an und prüfen den Vorschlag. Eine Frage haben wir aber: Was sagt eigentlich der Finanzminister dazu? Es ist schon bemerkenswert, dass dieses Konzept angesichts der Wichtigkeit des Themas nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wurde.“
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