„Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein“ Bundesregierung fordert Reform der Deutschen Bahn

Auch die Bundesregierung fordert jetzt vehement Reformen bei der Deutschen Bahn. Quelle: dpa

Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr fordert in einem Interview eine grundlegende Neustrukturierung der Deutschen Bahn. Die Konzernteile arbeiteten aneinander vorbei und teils gegeneinander.

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Angesichts der anhaltenden Probleme bei der Deutschen Bahn verliert die Bundesregierung allmählich die Geduld mit dem angeschlagenen Staatsunternehmen. „Wir sind besorgt darüber, wie der DB-Vorstand das System Bahn fährt. Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Enak Ferlemann (CDU), der „Welt am Sonntag“. Am Samstag hatten sich die Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) nach mehr als zweimonatigen Verhandlungen auf einen Tarifvertrag verständigt. Allerdings steht noch eine Einigung der Bahn mit der kleineren Lokführergewerkschaft GDL aus.

„Die Bahn braucht eine Neustrukturierung. Wir erwarten, dass der Vorstand der Bundesregierung bis März ein entsprechendes Konzept vorlegt“, sagte Ferlemann, der Staatssekretär im Bundesverkehrsministeriums ist. „Erste Ergebnisse wollen wir bei einem Termin im Januar hören.“ Es gebe unterhalb der Holding Aktiengesellschaften mit Vorständen und Aufsichtsräten, „die aneinander vorbei und zum Teil auch gegen die Interessen der anderen DB-Gesellschaften entscheiden“. Bei der Bahn war am Sonntag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Bundesregierung vermisst effiziente Führungsstrukturen

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von Christian Schlesiger

Ferlemann macht auch Führungsfehler für Probleme verantwortlich. Die Managementebene unterhalb des Vorstands blockiere effiziente Führungsstrukturen. Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte der Zeitung, in den einzelnen Unternehmensteilen müsse „das Denken in Kästchen und Vorgärten aufhören“. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte, die Transportsparten zu bündeln, um Synergieeffekte zu erzielen. Erst vor wenigen Tagen hatte der Bundesrechnungshof dem Bund und der Bahn vorgeworfen, die Infrastruktur wie Brücken, Schienen, Stellwerke und Oberleitungen zu vernachlässigen.

Nach der Vereinbarung zwischen der Bahn und der EVG sollen die Löhne ab Juli 2019 zunächst um 3,5 Prozent, ab Juli 2020 dann um weitere 2,6 Prozent steigen, teilten beide Seiten am Samstag mit. Für die Zeit von Oktober 2018 bis Juni 2019 erhalten die Beschäftigten eine Einmalzahlung in Höhe von 1000 Euro. Zudem sollen die Mitarbeiter erneut die Möglichkeit bekommen, statt der zweiten Stufe der Gehaltserhöhung mehr Urlaub oder eine Arbeitszeitverkürzung zu wählen. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 29 Monaten bis Ende Februar 2021. Mit der Einigung sind weitere Streiks der EVG wie am vergangenen Montag abgewendet, als Millionen von Berufspendlern und Fernreisende betroffen waren.

Gewerkschaft EVG mit Tarifvertrag zufrieden

„Der Abschluss ist ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung für unsere Belegschaft und ein großer Schritt in eine noch modernere Tarif- und Arbeitswelt“, erklärte DB-Personalvorstand Martin Seiler in Berlin. „Unser Warnstreik hat eindeutige Signale gesendet. Wir wollten mehr Geld und eine kürzere Laufzeit als die von der DB AG angebotenen 34 Monate“, sagte die EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. „Das konnten wir dank der großartigen Beteiligung unserer Mitglieder am Arbeitskampf jetzt durchsetzen.“

Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft EVG haben sich auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Das bedeutet: 6,1 Prozent mehr Lohn für die Angestellten und keine weiteren Warnstreiks für die Kunden. Doch was macht die GDL?

Die Lokführergewerkschaft GDL hatte am Freitag indes die Verhandlungen erneut für gescheitert erklärt. Gewerkschaftschef Claus Weselsky begründete dies damit, dass die Bahn einen ausverhandelten Vertrag nicht unterschreiben wolle. Die EVG hatte ebenso wie die GDL ursprünglich 7,5 Prozent mehr Lohn gefordert. Zudem wollten die Arbeitnehmervertreter für die Beschäftigten Verbesserungen unter anderem bei Urlaubs- und Arbeitszeiten sowie der betrieblichen Altersvorsorge durchsetzen. Die Bahn strebt für beide Gewerkschaften vergleichbare Abschlüsse an. Beide Gewerkschaften zusammen verhandeln für rund 160.000 Beschäftigte.

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