
Bayerns Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) hat wegen der sogenannten Modellauto-Affäre ihren Rücktritt erklärt. Das gab die CSU-Politikerin am Montagabend bei einem kurzfristig anberaumten Pressetermin in München bekannt. Sie habe Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) diesen Entschluss bei einem Gespräch am selben Tag mitgeteilt.
Zur Begründung sagte Haderthauer, es gelte weiterhin, dass allein wegen der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kein Rücktritt notwendig sei. Es erfordere aber Kraft und Konzentration, um die vielen im Raum stehenden Fragen zu beantworten. Dies habe für sie absolute Priorität.
Haderthauer steht seit längerem wegen der Affäre in der Kritik. Gegen sie wird wegen Betrugsverdachts ermittelt. Hintergrund ist eine Anzeige, die der frühere Mitgesellschafter des Unternehmens Sapor Modelltechnik eingereicht hat. Darin wirft der französische Geschäftsmann Roger Ponton dem Ehepaar Hubert und Christine Haderthauer vor, ihn um mehrere 10.000 Euro geprellt zu haben.
Der Fall Haderthauer
Als junge Rechtsanwältin steigt Bayerns heutige Staatskanzleichefin Christine Haderthauer 1990 in das Modellauto-Geschäft ein. Ein knappes Vierteljahrhundert später steht sie unter Betrugsverdacht. Eine Chronologie.
Der dreifache Sexualmörder Roland S. wird vom Landgericht Nürnberg zu lebenslanger Haft und Unterbringung verurteilt. Im Maßregelvollzug lernt S. den Assistenzarzt Hubert Haderthauer kennen.
Der Dreifachmörder baut Modellautos. Haderthauers Frau Christine wird Teilhaberin der Firma Sapor Modelltechnik, die die Autos verkauft. Ein Mitgesellschafter ist der Franzose Roger Ponton. Das Geschäft läuft schlecht, Ponton soll Geld nachschießen. Laut Haderthauer antwortet er nicht auf entsprechende Kontaktversuche und ist seit 1996 nicht mehr erreichbar.
Haderthauer überträgt nach ihrem Einzug in den bayerischen Landtag ihren Firmenanteil an Ehemann Hubert.
Christine Haderthauer wird Ministerin, Hubert Haderthauer, inzwischen Landgerichtsarzt in Ingolstadt, verkauft die Firma.
Der nach Darstellung der Haderthauers jahrelang nicht erreichbare Ponton meldet sich und verlangt eine Abfindung für seinen Anteil. Die Parteien einigen sich auf 20 000 Euro.
Der „Spiegel“ berichtet über die Modellauto-Geschäfte. Die bayerische Landesanwaltschaft führt unter anderem wegen der früheren Modellauto-Geschäfte ein Disziplinarverfahren gegen Dr. Haderthauer.
Ponton erstattet Betrugsanzeige. Er vermutet, dass die Haderthauers ihn bei der Abfindung um rund 30 000 Euro prellten.
Die Staatsanwaltschaft München II leitet förmliche Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen die Staatskanzleichefin ein. Gegen ihren Mann wurde bereits vorher ermittelt.
Seehofer macht den Verbleib Haderthauers im Amt von zwei Faktoren abhängig: dem Ausgang des Ermittlungsverfahrens und eventuellen neuen Enthüllungen.
Seehofer fordert von Haderthauer schnelle Aufklärung der Vorwürfe.
Haderthauer erklärt ihren Rücktritt wegen der „Modellauto-Affäre“.
Sapor Modelltechnik verkaufte Mini-Modellautos, die von Straftätern in der Psychiatrie hergestellt wurden. Haderthauers Ehemann hatte als Arzt im Bezirksklinikum Ansbach in der geschlossenen Abteilung einen Dreifachmörder kennengelernt, unter dessen Anleitung die Autos später entstanden. Haderthauer schied Ende 2003 aus der Firma aus und übertrug ihrem Mann ihren Anteil.
Die Staatsanwälte prüfen, ob später Gewinne zu niedrig angegeben wurden. Es besteht zudem der Verdacht, dass die Ministerin nach 2003 weiter in die Firma involviert war.
Seehofer hatte wiederholt Haderthauers Krisenmanagement in Zusammenhang mit ihrem Engagement bei dem Modellautohersteller kritisiert, sich aber ansonsten hinter seine Ministerin gestellt.
Die Landtags-Opposition hatte Seehofer mit einem gemeinsamen Antrag aufgefordert, seine Staatskanzleichefin zu entlassen. Für den 16. September war auf Initiative von SPD, Freien Wählern und Grünen eine Sondersitzung des Parlaments zum Fall Haderthauer geplant.