Der am Freitag in Frankfurt verhaftete Schweizer soll für den eidgenössischen Geheimdienst deutsche Steuerfahnder ausspioniert haben. Ziel soll die Aufklärung von Steuer-CD-Käufen gewesen sein.
Einem wegen Spionageverdachts verhafteten Schweizer wird nach Angaben seines Anwalts die Bespitzelung deutscher Steuerfahnder vorgeworfen. Der deutsche Anwalt des am Freitag in Frankfurt festgenommenen Daniel M. sagte dem Schweizer „Sonntags Blick“: „Mein Mandant soll im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes in Deutschland spioniert haben.“
Das Ziel solle gewesen sein herauszufinden, welche Steuerfahnder Steuer-CDs kauften und wie diese Käufe genau abliefen. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans zeigte sich empört: „Falls sich die Geschichte als wahr erweist, wäre das ein handfester Skandal.“
Allein die Behörden in NRW haben seit 2010 elf Steuer-CDs mit Datensätzen mutmaßlicher Steuerhinterzieher gekauft. Die Informationen waren zuvor Schweizer Banken entwendet worden. Für die Datenträger haben die Steuerfahnder in NRW insgesamt 17,9 Millionen Euro an Informanten gezahlt. Im Gegenzug haben sie dem Fiskus aber Walter-Borjans zufolge bis zu sieben Milliarden Euro zusätzlich durch Nachforderungen und Selbstanzeigen gesichert.
Die Bundesanwaltschaft hatte am Freitag lediglich erklärt, sie habe einen 54-jährigen Schweizer in Frankfurt festnehmen lassen, aber keine Gründe genannt. Dort und im Wetteraukreis seien auch mehrere Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden. Der Beschuldigte sei „dringend verdächtig, seit Anfang 2012 für den Geheimdienst einer fremden Macht tätig gewesen zu sein“.
Auch „Die Welt“ berichtete, die Bundesanwaltschaft ermittele gegen einen mutmaßlichen Spion des Schweizer Geheimdienstes NDB wegen der Bespitzelung deutscher Steuerfahnder. Der Mann sei im deutschen Finanzsektor aktiv gewesen. Ein Sprecher des Schweizer Außenministeriums sagte zu Reuters: „Wir haben Kenntnis von der Verhaftung.“ Wegen des Persönlichkeitsschutzes könnten aber keine weiteren Angaben gemacht werden. Vom Innenministerium und vom Auswärtigen Amt in Berlin war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Die Schweiz hat die Entwendung von Daten und deren Ankauf durch deutsche Behörden stets als illegal bezeichnet.
Walter-Borjans sagte Reuters: „Wenn Nachrichtendienste Spione beauftragen, in Deutschland Steuerfahnder zu bespitzeln, muss man sich doch fragen, in wessen Interesse sie handeln – im Namen der Steuergerechtigkeit ja wohl kaum.“ Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung erwerbe Steuer-CDs, weil sie Steuerhinterziehung nicht anders aufklären könne. „Die Gerichte – zuletzt der Europäische Gerichtshof - haben unser Vorgehen ohne Ausnahme bestätigt“, sagte der Landesfinanzminister: „Wer jetzt Jagd auf die Fahnder macht, schützt die Täter.“
Der „Sonntags Blick“ berichtete, Daniel M. sei ein früherer Polizist, der in den Sicherheitsbereich einer Schweizer Großbank gewechselt sei. Gleichzeitig habe er als freier Mitarbeiter für den Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gearbeitet. In Deutschland drohen für geheimdienstliche Agententätigkeit bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.